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Die Muse des Mörders (German Edition)

Die Muse des Mörders (German Edition)

Titel: Die Muse des Mörders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Wedler , Nadine d'Arachart
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nicht, einen klaren Gedanken zu fassen. Nur eines wusste er. Niemand, auch nicht Madeleine Scuderi mit ihrem guten Herzen, konnte ihm helfen. Sie konnte ihn nicht heilen, ihn nicht von seiner Besessenheit erlösen. Das Fieber nicht zum Sinken bringen. Was hatte er getan, indem er ihr sein wertvollstes Stück geschenkt hatte? Er hatte seinen Dämonen ihre Tür geöffnet und sie würden sie zerstören, so wie sie ihn zerstört hatten. Eilig verließ er den Raum. Das durfte er nicht zulassen.
     

53.
    Der überschwängliche Applaus überraschte sie und ebbte nur langsam ab. Madeleine schlug das Buch zu, sah auf und ließ den Blick über die Menge wandern. Einige Zuhörer waren sogar aufgestanden und klatschten wohlwollend in die Hände. Anscheinend hatten die Menschen verstanden, dass sie nicht die Muse, Verbündete oder Seelenverwandte des irren Dolchstoßmörders war. 
    Sie lächelte und bedankte sich, als auch schon die ersten Zuhörer mit Blöcken und Exemplaren ihrer Bücher nach vorn kamen, um sich ein Autogramm zu sichern. Ein Mann, der ein paar Jahre jünger als sie sein mochte, streckte ihr eine Ausgabe ihres vierten Romans und einen schwarzen Filzstift entgegen. 
    »Gleich vorn auf den Umschlag«, bat er. »Schön groß, damit es auffällt im Regal.« 
    Madeleine erwiderte sein Lächeln und unterschrieb auf der Abbildung einer weiten verschneiten Landschaft, die der Verlag ihrem Werk als Cover aufgedrückt hatte. In jungen Jahren hatte sie ihre Unterschrift immer zu leserlich gefunden. Mittlerweile waren ihr die Leser dankbar für ihre klare Schrift, die ein Autogramm von ihr immer gleich als solches erkennen ließ. Sie signierte weitere Exemplare, leere Blätter in Oktavheften und sogar ein paar Fotos von sich, als sie einen verärgerten Aufschrei vernahm und sich umsah.
    Erst erkannte sie nichts im Chaos der Menschen, die sie umringten, doch dann entdeckte sie einen jungen Mann, der sich panisch zu ihr durchkämpfte. Er trug eine schwarze Kapuze, die wirren Haare hingen ihm in die Stirn. Er stieß die Wartenden zur Seite, schien sie aber ansonsten gar nicht wahrzunehmen. Sein Blick ruhte die ganze Zeit über auf Madeleine, was ihn wie unter Hypnose wirken ließ. Ein flehender Ausdruck lag in seinen Augen, der sie zugleich berührte und verängstigte. Irgendetwas an seinen hübschen Zügen ließ für einen Augenblick ein Bild in ihrem Kopf aufblitzen. Eine Erinnerung, die zu schnell fort war, um sie greifen zu können. 
    Da ertönte Lucys schrille Stimme. 
    »Pass auf Madeleine, das ist der Kerl.« 
    Der junge Mann sah sich nach ihrem Hausmädchen um, dann fluchte er lautlos, knüllte etwas in seinen Händen zusammen und warf es nach Madeleine. Sie war zu perplex, um auszuweichen oder sonst irgendwie zu reagieren. Auch die anderen Umstehenden standen vor Schreck für einen Augenblick wie erstarrt. 
    »Polizei«, rief Lucy. Damit brach sie den Bann, denn alle Anwesenden gerieten jetzt in Aufruhr. Einer der Zuhörer, die auf ein Autogramm warteten, packte den Jungen und versuchte, ihn festzuhalten, einige andere liefen zur Tür. 
    »Polizei, kommen Sie schnell«, schrie eine Frau. 
    Madeleine sah, wie der junge Mann sich mit einem Faustschlag befreite, sich ungeschickt, aber schnell durch die Wartenden boxte und über die mittlerweile deutlich gelichteten Stuhlreihen davonsprang. 
    Lucy wich vor ihm zurück und fiel dabei fast hin. 
    »Hol doch jemand die Polizei!«, schrie sie erneut.
    Der junge Mann verschwand durch die Tür. Die Leute starrten ihm nach und stürmten dann alle auf Madeleine zu.
    »Ist alles in Ordnung?«
    »Hat er Sie verletzt?«
    Madeleine schüttelte den Kopf und wusste noch gar nicht richtig, was geschehen war, doch dann wurde ihr klar, was Lucy ihr zugerufen hatte. »Das ist der Kerl.« Der Kerl von neulich Nacht? Sie sah, wie sich auch ihr Hausmädchen einen Weg zu ihr bahnte, und blickte dann hinab auf ihren Schoß, wo der zusammengeknüllte Zettel gelandet war. Schnell ließ sie ihn in der Tasche ihres Kostüms verschwinden.
    »Madeleine, das war der Mörder«, rief Lucy. 
    Madeleine gewahrte schwere Schritte aus Richtung der Tür, dann teilte sich die Menge und zwei bewaffnete Polizisten traten auf den Tisch zu.
    »Frau Scuderi, geht es Ihnen gut?« Eine junge Polizistin mit kurz geschnittenen braunen Haaren eilte zu Madeleine, packte ihre Schulter und musterte sie besorgt. »Was ist hier passiert?«
    »Der Dolchstoßmörder«, sagte Lucy. »Er war hier.«
    Der zweite

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