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Die narzisstische Gesellschaft

Die narzisstische Gesellschaft

Titel: Die narzisstische Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Joachim Maaz
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hatte.
    Meine gestörte Partnerinnenwahl war jedoch nur die eine Seite der Medaille. Die eigentliche Tragik war, dass mich meine Abwehr zwang, Beziehungsangebote mit einem wirklich liebenden Interesse abzuweisen bzw. vor ihnen zu fliehen. Denn echtes liebendes Interesse aktivierte gleichermaßen den frühen Schmerz über den erlittenen Verlust und die dabei erfahrene Bedrohung und musste deshalb unter Kontrolle gehalten und möglichst vermieden werden. So war über die Jahre eine sehr herzliche und innige Beziehung zu einer Freundin gewachsen, die sich ihrerseits um Selbsterfahrung bemühte, eine Verbindung, die sich parallel zu unseren jeweiligen Partnerschaften entwickelte und die mich rückblickend sehr bereichert hat. Wir lernten und wagten zunehmend, uns einander ehrlich und fühlend mitzuteilen. Es entstand ein Klima der Beziehungslust, das uns im Kontakt und Austausch miteinander gelang und das die Qualität unserer Verbindung ausmachte. Dass ich diese Beziehung auf eine Freundschaft begrenzt halten musste, weil die wachsende seelische Intimität und Herzlichkeit zwischen uns zu einer zunehmenden Bedrohung meiner inneren Abwehr wurde, blieb im Verborgenen. Meine Freundin hat schließlich die Kraft gefunden, unsere Verbindung, die ich nur in der Spaltung meiner Bedürfnisse zwischen ihr und meiner Partnerin leben konnte, aufzulösen. Ich war sehr traurig über den Verlust.
    Dass ich diese Trennung hinnehmen konnte, ohne von einem extremen Leidenszustand erfasst zu werden, hatte eine progressive und eine regressive Seite. Meine Freundin kommunizierte ihre Entscheidung mit der vertrauensvollen Offenheit und Ehrlichkeit, die tragende Grundlage unserer Beziehung gewesen war. So, wie wir miteinander umgegangen waren, konnte ich gar nicht anders, als ihre Gefühle und damit auch ihre Entscheidung zu respektieren. Zum anderen aber, tief in mir verborgen, lag die Trennung im Interesse meiner Abwehr. Die Aktivierung der abgewehrten Bedrohung konnte unterbleiben.
    Ich lebte inzwischen in der vierten langjährigen Beziehung. Auch meine Partnerin hatte sich für eine Psychotherapie entschieden, um sich über ihre Wünsche, die sie mit unserer Partnerschaft verband, klar zu werden. Als nach einigen Jahren unserer Beziehung deutlich wurde, dass wir in einem sehr wesentlichen Lebensziel nicht übereinstimmten, geriet das System narzisstischer Übertragungen, in dem wir uns gefunden und eingerichtet hatten, in die Krise. Unser beider Abwehr blieb jedoch festgefügt. Trotz Paarberatung und unzähliger Zwiegespräche gelang es uns lange nicht, unseren Selbstbetrug fühlend anzuerkennen und an den Punkt zurückzukehren, an dem er begonnen hatte, nämlich unseren berechtigten inneren Zweifeln bei der Entscheidung, uns auf diese Partnerschaft verbindlich einzulassen. Sehr viel später erst schafften wir es, über unsere jeweiligen Anteile wenigstens ehrlich zu sprechen.
    Die parallelen Beziehungen zu meiner Freundin und meiner Partnerin bildeten das innere Spannungsfeld ab zwischen meinem wachsenden Bedürfnis, die in der Therapie gewonnene Klarheit zu leben, und der Angst, die vermeintliche Sicherheit der gewohnten Einstellungen aufzugeben. Doch bei aller Verlustangst war aus den Partnerinnenwechseln, die ich bis dahin erlebt hatte, so viel klar: Mit einer erneuten Trennung würde sich meine innere Problematik nicht lösen lassen, sondern nur wieder aufgeschoben und in die nächste Beziehung verlagert werden. Meine Partnerin war in unserem neurotischen Interagieren nur die Mitspielerin, die meine schmerzlichen Defizite zwar immer wieder spürbar provozierte und herausforderte, sie aber nicht zu verantworten hatte.
    Ein besonderer Umstand im Therapieprozess sorgte für die weitere Dynamik zwischen den beiden widerstrebenden Potentialen in meinem Innern. Ich arbeitete in einer Therapiegruppe, in der ich nach einigen Treffen als einziger Mann unter fünfzehn Frauen übrig blieb. Meine Entscheidung, in der Gruppe zu bleiben und mich einer weiblichen Übermacht anzuvertrauen, habe ich nie bereut, im Gegenteil. Die wohlwollende und vertrauensvolle Art, in der mir die Frauen bei der therapeutischen Arbeit begegneten und mir ihre Hilfestellung wie auch ihren Respekt entgegenbrachten, beschämte mich nicht nur in meinem latenten Misstrauen und Kontrollbedürfnis, sondern machte mir sehr schmerzlich meine Defizite an Vertrauen und Hingabe bewusst. In diesem Erleben verstärkte sich zunehmend das Bedürfnis, auch in meiner Partnerschaft zu

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