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Die Nebel von Avalon

Titel: Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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kalte Antwort hörten nur der König und die Königin.
    »Soll ich dafür dankbar sein, mein Gebieter und König?« Noch ehe Artus antworten konnte, begann er zu spielen. Gwenhwyfar entsetzte sich über das Lied. Gwydion sang die Ballade vom Fischerkönig, der in einer Burg mitten in einem öden Land lebte. Und während der König alt wurde und seine Kräfte versiegten, verdorrte das Land und wurde unfruchtbar. Erst wenn ein junger Mann kam und dem alten König den Gnadenstoß versetzte, konnte sich das Land mit dem Blut des alten Königs durch den neuen König verjüngen und wieder erblühen.
    »Glaubt Ihr das?« erkundigte sich Artus unbehaglich. »Verdorrt ein Land, in dem ein alter König regiert?«
    »O nein, mein Gebieter. Was sollten wir ohne die Weisheit Eurer Jahre tun? Aber in alter Zeit war es bei den Stämmen so. Die Göttin des Landes war unsterblich. Der König herrschte, solange es ihr gefiel.
    Wenn der Hirschkönig alt wurde, erhob sich ein junger Hirsch aus der Herde und brachte ihn zu Fall… aber wir leben an einem christlichen Hof. Ihr habt keine solchen heidnischen Bräuche, mein König. Ich glaube, die Ballade vom Fischerkönig ist nur ein Symbol für das Gras. Denn wie es sogar in Eurer Heiligen Schrift heißt, gleicht es dem Körper des Menschen und grünt nur ein Jahr. Der König des öden Landes ist nur ein Symbol der Welt, die in jedem Jahr mit dem Gras stirbt und sich im Frühling erneuert. Das sagen alle Religionen… selbst Christus war vergänglich wie der Fischerkönig, als er am Kreuz starb. Aber jedes Jahr an Ostern kehrt er aufs neue zurück…« Er griff in die Saiten und sang leise:
    »Denn ach, die Tage der Menschen sind wie ein Blatt, das vom Baum fällt, und wie Gras, das verdorrt. Auch du wirst vergessen sein, wie die Blüte, die ins Gras fällt, wie der Wein, der vergossen wird, und den die Erde trinkt. Aber wie der Frühling wiederkehrt, so erblüht das Land und das Leben, das sich Jahr für Jahr erneuert…«
    Gwenhwyfar erkundigte sich: »Ist das aus der Heiligen Schrift, Gwydion? Vielleicht ein Psalm?«
    Gwydion schüttelte den Kopf. »Es ist eine alte Hymne der Druiden. Manche sagen, sie sei sogar noch älter und stamme vielleicht aus den versunkenen Ländern. Aber jede Religion hat solche Lieder. Vielleicht gibt es wirklich nur eine Religion…«
    Artus fragte ihn bedächtig: »Bist du ein Christ, mein Junge?« Gwydion überlegte einen Augenblick, dann antwortete er: »Ich wurde als Druide erzogen und breche meine Gelübde nicht. Ich heiße nicht Kevin, mein König. Aber Ihr kennt nicht alle Gelübde, die ich abgelegt habe.« Damit stand er ruhig auf und verließ die Halle. Artus starrte ihm nach, tadelte ihn aber nicht einmal wegen seines unhöflichen Benehmens.
    Gawain schimpfte: »Erlaubt Ihr, daß er sich auf so ungebührliche Weise entfernt, mein König?«
    »Schon gut, schon gut«, erwiderte Artus. »Wir sind alle Verwandte hier. Ich verlange nicht, daß er mich immer behandelt, als säße ich auf dem Thron. Er weiß so gut wie jeder andere in diesem Raum, daß er mein Sohn ist. Soll er immer nur den Höfling spielen?«
    Aber Gareth blickte ihm besorgt nach. Leise sagte er: »Ich wünsche aus ganzem Herzen, Galahad würde an den Hof zurückkehren. Gott schenke ihm eine Vision, wie ich sie hatte, denn Ihr braucht ihn hier mehr, als Ihr mich hier braucht, mein König. Wenn er nicht bald kommt, werde ich mich selbst auf die Suche nach ihm machen.«
    Wenige Tage vor Pfingsten kehrte Lancelot endlich zurück. Man hatte die Ankömmlinge von weitem gesehen – Reiter, Damen, Pferde und Packtiere. Gareth rief alle Männer zur Begrüßung an die unteren Tore der Burg. Gwenhwyfar stand an Artus' Seite, aber sie beachtete die Königin Morgause kaum. Sie überlegte nur flüchtig, warum die Königin von Lothian wohl gekommen war. Lancelot kniete vor Artus und berichtete ihm die traurige Neuigkeit. Und Gwenhwyfar litt unter dem Schmerz in seinen Augen… so war es schon immer, immer gewesen. Was ihn betrübte, schnitt auch ihr ins Herz. Artus hob Lancelot auf und umarmte ihn mit feuchten Augen.
    »Ich habe nicht weniger als du einen Sohn verloren, mein Freund. Wir werden ihn sehr vermissen.«
    Gwenhwyfar konnte sich nicht mehr zurückhalten. Sie trat zu ihm und gab Lancelot vor den Augen aller die Hand und sagte mit bebender Stimme: »Ich habe mich so danach gesehnt, daß Ihr zu uns zurückkehrt, Lancelot. Aber es schmerzt mich, daß Ihr so traurige Kunde bringt.«
    Artus

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