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Die Nebel von Avalon

Titel: Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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sie lebt, oder wie es ihr geht. Ich nehme an, ich werde sie vor dem Jüngsten Gericht auch nicht mehr wiedersehen. Aber ihr Sohn ist jetzt die Stütze meines Throns. Sollte ich ihm wegen der Mutter mißtrauen, die ihn geboren hat?«
    Gwenhwyfar wollte erwidern:
Ich traue ihm nicht, weil er in Avalon erzogen wurde.
    Aber ihr lag nichts an einem Streit, und deshalb schwieg sie. An der Tür ihres Gemachs ließ Artus ihre Hand nicht los und fragte zärtlich: »Wünscht Ihr, daß ich heute nacht zu Euch komme, Herrin?«
    Sie wich seinem Blick aus und antwortete: »Nein, nein… ich bin müde.« Sie versuchte den Ausdruck der Erleichterung in seinen Augen nicht zu sehen. Sie überlegte, ob Niniane oder eine andere Frau in letzter Zeit sein Bett teilte. Aber sie würde sich nicht soweit erniedrigen, seinen Kammerherrn zu fragen.
Warum sollte ich mich darum kümmern, wer es ist, wenn ich nicht sein Bett teile?
    Die Dunkelheit des Winters brach herein, und dann näherte sich wieder der Frühling. Gwenhwyfar erklärte eines Tages heftig: »Ich wollte, diese Suche sei vorüber, und die Ritter kämen wieder zurück… mit oder ohne Gral!«
    »Nein, meine Liebe, sie haben einen Schwur abgelegt«, erwiderte Artus. Aber einige Stunden später näherte sich tatsächlich ein Reiter der Burg. Und sie sahen, daß es Gawain war.
    »Seid Ihr es, Vetter?« Artus umarmte ihn und küßte ihn auf beide Wangen. »Ich hatte nicht gehofft, Euch zu sehen, ehe das Jahr vorüber ist… habt Ihr nicht geschworen, den Gral ein Jahr und einen Tag lang zu suchen?«
    »Das habe ich getan«, erwiderte Gawain. »Aber ich habe den Eid nicht gebrochen, mein Gebieter. Und der Priester dort soll mich nicht ansehen, als sei ich eidbrüchig. Ich habe den Gral hier in der Burg gesehen, Artus. Es ist ebenso wahrscheinlich, daß ich ihn hier wiedersehe als in irgendeinem entfernten Winkel der Welt. Ich ritt landauf landab, hierhin und dahin. Aber ich hörte nie mehr ein Wort über den Gral. Eines Tages dämmerte mir, daß ich ihn ebensogut dort suchen konnte, wo ich ihn schon einmal gesehen habe… in Camelot und bei meinem König. Selbst wenn es bedeutet, daß ich ihn jeden Tag bei der Messe auf dem Altar suchen muß und nirgend sonst.«
    Artus lächelte und umarmte ihn wieder. Gwenhwyfar sah, wie seine Augen feucht wurden. »Tretet ein, Vetter«, sagte er einfach. »Willkommen auf Camelot.«
    Einige Tage später kam auch Gareth zurück. »Ich hatte eine Vision, und ich glaube, sie kam von Gott«, sagte er beim Abendessen in der Halle. »Im Traum sah ich den Gral unverhüllt in aller Schönheit vor mir. Aus dem Licht, das den Gral umgab, sagte eine Stimme zu mir: ›Gareth, Artus' Gefährte, mehr wirst du in diesem Leben nicht vom Gral sehen. Warum willst du Visionen und Ruhm suchen, wenn dein König dich in Camelot braucht? Du kannst Gott dienen, wenn du im Himmel bist. Aber solange du auf der Erde lebst, diene deinem König in Camelot! ‹ Nach dem Aufwachen erinnerte ich mich, daß selbst Christus gesagt hat: ›Gib dem Cäsar, was des Cäsars ist!‹ Deshalb kehrte ich um. Unterwegs traf ich Lancelot und bat ihn, das gleiche zu tun.«
    »Glaubst du, du hast den Gral wirklich gefunden?« fragte Gwydion. Gareth lachte. »Vielleicht ist der Gral selbst nur ein Traum. Als ich vom Gral träumte, befahl er mir, meinem König und Gebieter gegenüber meine Pflicht zu erfüllen.«
    »Dann können wir vermutlich Lancelot bald zurückerwarten.«
    »Ich hoffe, er bringt es über sich zu kommen, denn wir brauchen ihn hier wirklich«, sagte Gawain. »Aber bald ist Ostern. Dann kommen sie ohnedies alle zurück.«
    Später bat Gareth seinen Ziehbruder Gwydion, die Harfe zu holen und für sie zu singen. »Denn ich habe noch nicht einmal so derbe Musik wie am Hof der Sachsen gehört«, sagte er. »Ich denke, du hattest sicherlich Zeit, dein Spiel zu vervollkommnen, Gwydion.«
    Es hätte Gwenhwyfar nicht überrascht, wenn Gwydion zugunsten von Niniane verzichtet hätte. Aber er brachte eine Harfe, die sie wiedererkannte.
    »Ist das nicht Morgaines Harfe?«
    »So ist es. Sie hat sie in Camelot zurückgelassen. Wenn sie die Harfe wiederhaben möchte, kann sie sie abholen lassen oder selbst kommen und sie mir nehmen. Bis zu diesem Tag gehört sie mir. Ich glaube, sie hätte nichts dagegen, denn sie hat mir nie etwas anderes geschenkt.«
    »Außer Euer Leben«, sagte Artus mit leichtem Tadel. Gwydion warf ihm einen so bitteren Blick zu, daß es Gwenhwyfar ins Herz schnitt. Seine

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