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Die Prinzen von Amber

Titel: Die Prinzen von Amber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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wirst dich noch umbringen!«
    »Wir sehen uns in Amber!« rief sie und galoppierte über das graue Gestein auf den Weg, der dahinter begann.
    Ich war zornig. Aber ich konnte im Augenblick nichts unternehmen. Wutschnaubend rappelte ich mich wieder auf und setzte meinen Weg fort.
    Als ich die Gruppe erreichte, hörte ich mehrmals meinen Namen. Köpfe wandten sich in meine Richtung. Männer traten zur Seite, um mich durchzulassen. Ich erkannte viele Gesichter, doch ich kümmerte mich nicht um die Umstehenden.
    Ich glaube, ich entdeckte Gérard in demselben Augenblick wie er mich. Er hatte mitten in der Gruppe gekniet und stand jetzt auf und wartete. Sein Gesicht war ausdruckslos.
    Als ich näher kam, sah ich, daß meine Vermutungen richtig gewesen waren. Gérard hatte am Boden gekniet, um einen Verwundeten zu versorgen. Es war Eric.
    Ich erreichte die Gruppe, nickte Gérard zu und blickte dann auf Eric hinab. Widerstreitende Gefühle tobten in mir. Das Blut mehrerer Brustwunden schimmerte sehr hell – und er verlor sehr viel. Das Juwel des Geschicks, das noch an einer Kette um seinen Hals hing, war damit besudelt. Wie ein herausgerissenes Herz pulsierte es weiter unter der roten Schicht. Erics Augen waren geschlossen, sein Kopf lag auf einem zusammengerollten Mantel. Er atmete schwer.
    Ich kniete nieder, unfähig, den Blick von dem aschgrauen Gesicht zu wenden. Ich versuchte meinen Haß beiseite zu schieben, da er so offenkundig im Sterben lag, damit ich eine Chance hatte, diesen Mann, der mein Bruder war, in den Minuten, die ihm noch blieben, ein wenig besser zu verstehen. Ich stellte fest, daß ich so etwas wie Mitleid aufbringen konnte, indem ich an all die Dinge dachte, die er zusammen mit dem Leben verlieren würde, und indem ich mich fragte, ob ich wohl jetzt an seiner Stelle läge, wenn ich vor fünf Jahren gesiegt hätte. Ich versuchte etwas zu finden, das zu seinen Gunsten sprach, fand aber nur die Worte:
Er starb im Kampf um Amber.
Das war immerhin etwas. Der Satz ging mir immer wieder durch den Kopf.
    Er kniff die Augen zusammen, öffnete sie zuckend. Sein Gesicht blieb ausdruckslos, als er den Blick auf mich richtete. Ich war nicht sicher, ob er mich überhaupt erkannte.
    Doch er sagte meinen Namen und fuhr fort: »Ich wußte, daß du es sein würdest.« Er schwieg einige Atemzüge lang und fuhr fort: »Sie haben dir Arbeit abgenommen, nicht wahr?«
    Ich antwortete nicht. Er wußte, was ich gesagt hätte.
    »Eines Tages bist auch du an der Reihe«, fuhr er fort. »Dann sind wir wieder gleich.« Er lachte leise und erkannte zu spät, daß er das lieber nicht hätte tun sollen. Ein gurgelnder Hustenreiz packte ihn. Als es vorbei war, starrte er mich düster an.
    »Ich habe deinen Fluch gespürt«, sagte er. »Überall. Die ganze Zeit. Du brauchtest nicht einmal zu sterben, um ihn wirksam werden zu lassen.«
    Als könnte er meine Gedanken lesen, lächelte er gespenstisch. »Nein«, sagte er. »Ich werde dich nicht mit meinem Todesfluch belegen. Den habe ich mir für die Feinde Ambers aufgehoben – dort draußen.« Er machte eine Bewegung mit den Augen. Dann sprach er flüsternd den Fluch, und ich erschauderte, als ich die Worte hörte.
    Schließlich kehrte sein Blick zu meinem Gesicht zurück; einen Augenblick lang starrte er mich an. Er zupfte an der Kette, die um seinen Hals lag.
    »Das Juwel ...« sagte er. »Nimm es mit in die Mitte des Musters. Halte den Stein empor. Ganz dicht – vor ein Auge. Blicke hinein – und stell dir vor, es wäre eine Schatten-Welt. Versuche dich selbst – hineinzuprojizieren. Du dringst nicht ein. Doch es gibt – ein Erleben ... Dann weißt du, wie du den Stein nutzen kannst ...«
    »Wie ...?« sagte ich und stockte. Er hatte mir bereits gesagt, wie man sich auf den Edelstein einstellte. Warum sollte er seinen Atem mit der Erklärung verschwenden, wie er darauf gekommen war? Doch er erkannte, was ich wissen wollte. »Dworkins Notizen ... unter dem Kamin ... mein ...«
    Dann überkam ihn ein neuer Hustenreiz, und Blut quoll ihm aus Nase und Mund. Er holte tief Atem und stemmte sich mit rollenden Augen in eine sitzende Position hoch.
    »Führe dich so gut, wie ich es getan habe – Bastard!« sagte er, sank in meine Arme und machte seinen letzten blutigen Atemzug.
    Ich verharrte mehrere Sekunden lang und brachte ihn dann in die frühere Stellung. Seine Augen waren noch offen, und ich hob die Hand und schloß sie. Fast automatisch legte ich seine Hände auf dem erloschenen

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