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Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)

Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)

Titel: Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Bilyeau
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Einhalt gebieten, Schwester?«, fragte ich. »Den Kardinälen?«
    Sie schüttelte den Kopf und trat zwei Schritte näher zu mir. »Ihr wisst es, Joanna.«
    »Nein, Schwester Elizabeth, ich weiß es nicht.«
    »Eure Frau Mutter möchte wissen, wie es um Eure Zukunft bestellt ist; ob sie Euch mit einem Landadeligen verheiraten soll, der Euch mit Eurer mageren Mitgift nimmt, oder ob sie versuchen soll, Euch an den königlichen Hof zurückzuführen. Eure wahre Berufung müsste ihr offenkundig sein, aber sie ist blind. Die Arme, sie hat keine Ahnung, was sie damit in Gang gesetzt hat, dass sie Euch zu mir gebracht hat.«
    Wie konnte die heilige Maid von Kent so viel über meine Familie wissen? Nervös entgegnete ich: »Schwester, ich weiß nicht, wovon Ihr redet.«
    Ihre Unterlippe bebte. »Reitet die Kuh einst auf dem Stier, dann, Priester, geht’s ans Leder dir«, sagte sie.
    Mir zog sich der Magen zusammen. Nun hatte ich doch eine Prophezeiung gehört.
    »Das sind nicht meine Worte«, fuhr Schwester Elizabeth fort. »Sie stammen aus dem Mund von Mother Shipton. Habt Ihr von ihr gehört?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Sie wurde in einer Höhle in Yorkshire geboren.« Sie sprach jetzt sehr schnell. »Ein Mädchen ohne Vater – ein Bastard aus dem Norden. Von allen gehasst und verachtet. Nicht nur wegen ihres hässlichen Gesichts, sondern mehr noch wegen der Macht ihrer Worte. Höllenbrut, schimpften sie sie. Hexe. Wer die Wahrheit kennt, ist elend dran, Joanna. Wer sieht, was andere nicht sehen können. Wer versuchen muss, das Böse abzuwenden, ehe es zu spät ist.«
    »Das Böse? Welches Böse?« Augenblicklich bedauerte ich, die Frage gestellt zu haben.
    »Die Boleyns.«
    Ich wich taumelnd zurück und schlug hart gegen die Steinmauer. Mit einer Hand tastete ich nach der Tür hinter mir. Ich musste hinaus.
    »Oh, ich habe Euch erschreckt, verzeiht mir«, klagte Schwester Elizabeth, und Tränen strömten ihr aus den Augen. »Ich wünsche Euch dieses Schicksal nicht. Ich weiß, dass das Böse Euch schon zu nahe gekommen ist. Ich werde alles versuchen, Joanna. Ich will nicht, dass Ihr die Ausersehene seid.«
    »Die Ausersehene?« Meine Hand suchte immer noch nach der Tür.
    Schwester Elizabeth breitete die Arme aus. »Ihr seid die Ausersehene, die nachkommen wird«, sagte sie.
    Mir wurde eiskalt bei ihrer feierlichen Gebärde und den bedeutungsschweren Worten. Sie schien noch etwas sagen zu wollen, als ihr Gesicht plötzlich erglühte wie im Fieber und dann schlagartig leichenblass wurde. Ich schaute zu den Kerzen hinunter. Was hatte diesen jähen Farbwechsel herbeigeführt? Doch die Kerzen brannten ruhig.
    »Ist Euch nicht wohl, Schwester?«, fragte ich. »Soll ich Hilfe holen?«
    Sie konnte mir nicht antworten; ihr Körper und ihre Glieder wurden von heftigen Konvulsionen geschüttelt, selbst ihre Zunge zuckte im geöffneten Mund. Dann gaben ihre Knie nach, und sie sank zu Boden.
    »Es tut so weh«, wimmerte sie, sich auf dem Rücken wälzend. »Es tut so weh.«
    »Ich hole Hilfe«, sagte ich.
    »Nein, nein«, stieß sie heiser hervor. »Joanna Stafford – hört mich an. Ich – bitte – Euch.«
    Ich kämpfte meine Angst nieder und kniete mich neben sie. Eine dünne Spur weißen Schaums rann aus ihrem klaffenden Mund. Sie schlug um sich und hustete; ich fürchtete, sie würde das Bewusstsein verlieren.
    »Ich sehe Klöster zu Staub zerfallen«, stöhnte sie. Das Husten und die Zuckungen hörten auf, und ihre Stimme klang auf einmal kräftig und klar. »Ich sehe, wie das Blut frommer Mönche im ganzen Land vergossen wird. Bücher werden vernichtet, Standbilder vom Sockel gestoßen, Reliquien geschändet. Ich sehe die größten Männer des Königreichs enthauptet. Das Volk wird hängen, selbst die Kinder. Ordensbrüder werden verhungern. Königinnen werden sterben.«
    »Nein, nein«, protestierte ich entsetzt. »Das kann nicht sein.«
    »Ihr seid die Ausersehene, die, die nachkommen wird«, rief sie. »Ich bin die Erste von drei Sehern. Wenn ich scheitere, müsst Ihr vor den zweiten und den dritten treten, um die ganze Prophezeiung zu empfangen und zu erfahren, was Ihr zu tun habt. Aber Ihr müsst die Prophezeiungen aus freiem Willen und ohne Zwang empfangen. Wenn Ihr die dritte vernommen habt, kann nichts den Lauf der Dinge mehr aufhalten, Joanna Stafford. Nichts .«
    »Aber das kann ich nicht«, rief ich. »Ich kann nichts tun. Ich bin ein Nichts – und meine Furcht ist zu groß.«
    So laut, dass ihre Stimme die

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