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Die Psychotherapie der Hildegard von Bingen

Die Psychotherapie der Hildegard von Bingen

Titel: Die Psychotherapie der Hildegard von Bingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wighard Strehlow
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lässt. Denn Gerechtigkeit ist noch viel mehr: Sie ist eine Symphonie, ein Wohlklang, ein Zusammenspiel mit allen Menschen. Zu einer gerechten Welt gehört die ganze Schöpfung mit besonderer Rücksicht auf alle, die sich nicht wehren können, weil sie noch keine Stimme haben oder sich nicht zu verteidigen vermögen, insbesondere die Ungeborenen. Unser heutiger Rechtsstaat ist weitgehend vom Darwinismus geprägt: »Die Stärksten werden sich durchsetzen und überleben.« Aber man stelle sich doch nur mal eine Welt vor, wo das Recht allein von Wölfen, Piranhas und Krokodilen ausgeübt wird.
    Gerechtigkeit gibt es nur bei Gott und im Universum. Diese Gerechtigkeit ist total anders als das, was wir unter Gerechtigkeit verstehen. Sie folgt dem Prinzip des Bumerangs: Was du tust oder nicht tust, kommt zu dir irgendwann wieder zurück. Diese universelle Gerechtigkeit befreit uns von dem »süßen« Verlangen nach Rache und Vergeltung. Sie erzeugt die nötige Gelassenheit, aus dem Zwang »Auge um Auge, Zahn um Zahn« auszusteigen. Die jüngste deutsche Geschichte hat gezeigt, dass das Leiden und Grauen immer größer wird, wenn das Unrecht mit Unrecht vergolten wird. Den barbarischen Verbrechen der Nazis folgten ebenso verabscheuungswürdige Verbrechen an der deutschen Zivilbevölkerung: Terrorangriffe auf Städte mit wehrlosen Bürgern, vierzehn Millionen vertriebene Flüchtlinge aus dem deutschen Osten, jahrelange Kinderverschleppungen mit Folter und Vergewaltigung in Sibirien und grauenhaftes Leid an unbekannten Menschen, die dieses Elend nicht mehr überlebt haben. Nur die Vergebung und das Suchen nach Gerechtigkeit sind in der Lage, die Spirale der Gewalt zu beenden. Die Gerechtigkeit Gottes besteht darin, die Menschenwürde zu respektieren und jeden Menschen aus seiner Sicht gleichwertig zu schätzen.
    Persönliche und soziale Gerechtigkeit müssen im Gleichgewicht sein wie die Waagschalen einer Waage.
    Durch die heutige maßlose Übertreibung der sozialen Gerechtigkeit ist die persönliche Gerechtigkeit auf der Strecke geblieben. Der Sozialstaat treibt ungerechte Steuern ein, um sie dann wieder zu verteilen. So tötet der Sozialstaat die Privatinitiative der Menschen, für sich selbst Verantwortung zu übernehmen, weil es sich nicht mehr lohnt, zu arbeiten, wenn der Staat Arbeit mit hohen Steuern bestraft. Soziale Gerechtigkeit auf Kosten persönlicher Gerechtigkeit ist nicht nur eine der häufigsten Ursachen für soziale Unruhe, sondern auch eine Zerstörungskraft, die zu großen psychosozialen Ungerechtigkeiten führen kann. Kaum eine Generation hat vom Staat so viel soziale Gerechtigkeit verlangt und selbst so wenig geleistet wie die heutige. Durch die Vergrößerung der sozialen Gerechtigkeit ist aber nicht automatisch auch das persönliche Glücksgefühl gewachsen, ganz im Gegenteil: Das Zusammenleben ist durch den Sozialneid schwieriger geworden. Wir verlieren das Mitgefühl füreinander, wenn wir dem Staat die Fürsorge überlassen. Das führt zu mehr Egoismus und seelischer Gleichgültigkeit. Der Sozialstaat kann es aber trotz aller Umverteilung nicht schaffen, die sozialen Unterschiede zu beseitigen. Ganz im Gegenteil, im Sozialstaat werden die Großen immer größer und die Kleinen immer ärmer. Der Gewinn der Wirtschaft ist aber nicht nur für eine kleine Schicht von Managern da, sondern dafür, dass alle Menschen einen gerechten Anteil am Wirtschaftsvermögen erhalten, um die große Kluft zwischen Arm und Reich zu beseitigen und Gerechtigkeit zu üben. Gerechtigkeit wird es erst geben, wenn den Reichen bewusst wird, dass der Sinn des Lebens darin besteht, den Bedürftigen zu helfen.
    Destruktive Worte und Bild der Ungerechtigkeit
    Die Ungerechtigkeit hat einen Kopf wie ein Hirschkalb und einen Bärenschwanz; der übrige Körper sieht aus wie ein Schwein. Sie spricht: »Worauf beruht meine Gerechtigkeit? Auf meinem Vorteil! Würde ich auf alle anderen Rücksicht nehmen, so wäre ich so machtlos wie ein dummer Esel, der nur noch so dahertrottet und mit der Peitsche angetrieben werden muss. Ich bin doch klüger und gescheiter als alle anderen. Ich kenne doch die Kräfte des Universums, Sonne, Mond und Sterne und die übrige Schöpfung ganz genau und studiere alles. Warum sollte ich mich denn selbst einschränken und auf andere achten? Wenn ich die anderen kleinhalte, so ist doch mein Platz umso größer. Warum soll ich mir schaden, ich weiß doch, wo mein Vorteil ist? Sind nicht alle meine Ideen besser als

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