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Die Reise nach Uruk

Die Reise nach Uruk

Titel: Die Reise nach Uruk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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aus den Gliedern, als das Befeuern des Dampfkessels es je vermocht hatte.
    Die widernatürliche Stille war allgegenwärtig und auch nicht von Kharigs Schrittgeräusch zu mildern. Der Zug erschien ihm mehr denn je wie eine hermetisch abgeschlossene, stählerne Truhe, aus der kein Geräusch nach draußen weichen würde.
    Sie können nicht alle ohnmächtig sein, dachte er. Vielleicht hat sich der ein oder andere den Hals gebrochen, aber - alle ...?
    Vor ihm wuchs der erste Passagierwagen auf. Er war stockdunkel. Die Fenster sahen aus, als wären sie aus demselben Stahl gegossen wie das übrige Gehäuse.
    Kharig steuerte die Tür an, als er den Schimmer bemerkte, der weiter hinten aus einem der Waggons drang. Eben war dort noch nichts zu sehen gewesen, oder täuschte er sich?
    Sekundenlang blieb er unschlüssig stehen.
    Der Glanz, der etwa fünfzig Meter entfernt durch die Wagenscheiben ins Dunkel der Nacht fiel, schien sich zu verstärken.
    War ein Feuer ausgebrochen?
    Nein, dachte Kharig, dafür ist es zu ruhig, zu gleichmäßig ...
    Er marschierte auf den ein gutes Stück entfernten Wagen zu. Die anderen Waggons, die er passierte, schürten das Gefühl dumpfer Furcht in ihm. Im Grunde wollte er gar nicht beim Zug bleiben, sondern so schnell und so weit wie möglich davon weg in die Nacht fliehen. Er wußte selbst nicht, was ihn hielt. Vielleicht war es nur die noch größere Furcht vor der Einsamkeit des Gebirges und den dort lauernden Gefahren, die ihn aushalten ließ.
    Immer mehr wurde zur Gewißheit, was zunächst nur ein vages Gefühl gewesen war: Sie sind alle tot. Alle!
    Er wußte nicht, wie sie gestorben sein sollten, aber das änderte nichts an dem Glauben, der sich immer tiefer in ihm verwurzelte.
    Endlich erreichte er den Wagen mit dem erhellten Fenster. Tatsächlich handelte es sich nur um ein einziges Abteil, in dem eine Lichtquelle entfacht worden war. Der Schein drang nicht weit in die Nacht.
    Kharig verzichtete darauf, in den Wagen zu steigen. Er ging bis zu dem Fenster und wußte, wo seine Hände und Schuhe den nötigen Halt fanden, um sich an der Außenwand hochzuziehen.
    Ohne sagen zu können, was er fürchtete, kletterte er mit äußerster Vorsicht hinauf. Seine Augen erreichten die Scheibe.
    In den ersten Momenten verlor sich Kharig so sehr in dem Bild, das sich bot, daß er es einfach nur in sich aufnahm, ohne in der Lage zu sein, sich damit auseinanderzusetzen.
    Das Grauen schnürte ihm die Kehle zu. Er sah die Toten und dazwischen .
    Er suchte nach Worten. Was war das? Was ging da drinnen vor? Wer hatte die Leute umgebracht, und warum kniete dieser Junge vor dem Mann, der Kharig den Rücken zukehrte?
    Im Hintergrund, in der offenen, zum Gang führenden Tür stand eine Frau, die sich mit beiden Händen irgendwo abstützte. Ihre Lip-pen bewegten sich, ohne daß Kharig einen Ton hörte. Das Gesicht der Frau war tränenüberströmt. Ihre Augen bettelten. Das Geschehen im Zug wurde dadurch nicht begreifbarer .
    Noch während Kharig die Leidensmiene der Frau studierte, drehte die männliche Gestalt den Kopf. Augen, die gewohnt waren, keinen Widerstand zu dulden und jedes Aufbegehren zu ersticken, blickten ihm kalt entgegen. Nur für einen Moment, aber dieser Moment genügte, das Gewicht in Sheikh Kharigs Seele zu verankern. Das Gewicht, das den Lokführer wieder nach unten auf den steinigen Boden zerrte.
    Ohne innezuhalten lief er den ganzen Weg wieder zurück, den er gekommen war. Er stieg in das Führerhaus seiner Lokomotive, wo er sich auf die Knie niederließ.
    Und dann steckte Kharig sein Haupt durch die immer noch offenstehende Feuerungsluke des Dampfkessels. Er war nicht einmal in der Lage zu schreien .
    *
    »Hör auf! Bitte - was tust du? Er ... Er ist doch noch ein Kind ...!«
    »Die Täuflinge waren immer Kinder. So schreibt es das Ritual vor.«
    »Das - Ritual?«
    Über Neli Salahs Haut schien ein Ameisenheer zu wandern. Überall brannte und juckte es, daß sie sich am liebsten blutig gekratzt hätte. Aber damit hätte sie die Qual nur vergrößert, nicht gelindert Zwei Schritte von ihr entfernt kniete Firan im Blut der Toten, und sie war außerstande, sich schützend über ihn zu werfen. Es gab keinen Schutz. Sie wußte jetzt, daß sie in keinem Traum gefangen war -und das war zugleich das einzige, was sie wußte.
    Das Gefäß, das sie aus dem Koffer geholt und dem Fremden überreicht hatte, glomm in einem nicht sonderlich grellen Licht und den-noch machte es die Haut von Mutter und Sohn

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