Die Rettung von Zei
Trocknen am Maststag aufgehängt hatten, gefährlich nahe daran gewesen, ihrem beiderseitigen Verlangen nachzugeben.
Zwei Naturen hatten in Barnevelt erbittert um die Vorherrschaft gerungen. Die eine war das gesunde junge Tier, das sich mit jeder Faser seines Körpers nach der Vereinigung sehnte; die andere war der vorsichtige, kühl abwägende Geschäftsmann. Und letzterer hatte ihn eindrücklich gewarnt, dass Intimitäten mit der Prinzessin ihn den Kopf kosten könnten.
Denn Qirib war ein Matriarchat, in dem die Königin sich alljährlich einen neuen Prinzgemahl aussuchte. Sobald das Jahr um war, wurde der alte König hingerichtet und im Zuge eines feierlichen religiösen Zeremoniells gebraten und verspeist. Dieses Fest, das Kashyo, war durch den schon erwähnten Piratenüberfall unterbrochen worden. Dabei hatte der alte König Kaj, sein schmähliches Ende am Bratspieß vor Augen, dem Henker das Beil entrissen und in einer letzten Aufwallung aufflackernder Männlichkeit gegen die Eindringlinge geschwungen. Worauf er sein Leben gelassen hatte.
Barnevelt, der wusste, dass Königin Alvandi zugunsten ihrer Tochter abdanken wollte, hatte im Geist ein Jahr der Glückseligkeit für sich vorausgesehen – gefolgt indes von Henkerblock und Bratspieß. Während seine Impulse noch miteinander im Kampf gelegen hatten, war die Shambor am Horizont aufgetaucht. Ihr Anblick hatte die Waagschale zugunsten vorsichtiger Selbstbeherrschung ausschlagen lassen.
Zei küsste ihn flüchtig, hörte jedoch nicht mit ihren Fragen auf. Sie war zwar von sanftem freundlichen Wesen, aber schließlich war sie eine Prinzessin und von daher gewohnt, mit allen Leuten außer ihrer Mutter nach Belieben umzuspringen.
»Dann war also«, bohrte sie weiter, »Eure Geschichte von den Gvam-Steinen bloß erfunden, um uns zu täuschen?«
»Nicht ganz. Ich hoffte tatsächlich, ein paar von den Steinen zu entdecken, für den Fall, dass es mit Shtain nicht klappen sollte.« (Immer genügend Wahrheit mit deinen Lügen vermengen und umgekehrt, sagte er sich, dann wird es um so schwieriger, Wahres von Falschem zu trennen.)
»Dann ist also keiner von uns beiden das, was er zu sein scheint.« Sie wandte den Blick erneut zur Shambor, die indes kaum näher gekommen zu sein schien. »Werden die denn niemals nahe genug herankommen, um unsere Zweifel endlich zu zerstreuen?«
»Sie müssen im Zickzack fahren, um nicht im Tang steckenzubleiben; dadurch dauert es natürlich länger, bis sie hier sind.«
Ihr Blick schweifte zur Piratensiedlung, die jetzt im Sonnenlicht deutlich sichtbar war. »Gibt es keine Möglichkeit, vom Schicksal des jungen Zakkomir zu erfahren?«
»Leider nicht. Er ist ganz auf sich gestellt.«
Zakkomir war ein junger Qiribu, ein Mündel der Krone, der sich aus Bewunderung für die Heldentaten des vermeintlichen Generals Snyol von Pleshch Barnevelts Expedition angeschlossen hatte. Während der Kämpfe auf den Schiffen waren sie getrennt worden. Zakkomir war in die eine Richtung, Zei und Barnevelt in die andere geflohen.
Barnevelt spähte wieder zur Shambor hinüber. »Bei Bakh, der da am Ruder, das ist doch Chask, mein Maat!« Er sprang auf, winkte und schrie: »Chask! Schiff ahoi! Wir sind hier!
Es wird noch einige Zeit dauern«, sagte er zu Zei. »Hoffentlich sehen uns die Sunqaruma nicht.«
»Es ist ein Wunder, dass sie überhaupt noch gekommen sind, uns zu retten, nachdem sie selbst doch schon in Sicherheit waren. Snyol von Pleshch muss ja wirklich ein Mann sein, für den seine Leute durchs Feuer gehen!«
»So toll ist es nun auch wieder nicht, mein Schatz. Ehrlich gesagt ist Chask der einzige, auf den ich mich wirklich verlassen kann, und ich bin mir sicher, dass ich es in der Hauptsache ihm zu verdanken habe, dass das Schiff hier ist.«
Barnevelt gestand ihr, dass er gleich zu Anfang der Expedition den Fehler gemacht hatte, die Mannschaft durch zuviel Nachsicht und Demokratie zu verwöhnen. Als dann einer von ihnen von einem Seeungeheuer vom Deck gerissen und verschlungen worden war, hatten die übrigen – durch seine vorher an den Tag gelegte Nachgiebigkeit ermutigt – gefordert, er solle kehrtmachen. Dabei wäre es um ein Haar zu einer Meuterei gekommen, und nur mit viel Mühe war es ihm gelungen, sie zur Weiterfahrt zu bewegen.
»Dieser neunmalkluge junge Wichtigtuer Zanzir ist die eigentliche Ursache des ganzen Ärgers«, knurrte er säuerlich. »Statt ihn in seiner Dreistigkeit noch zu bestärken, hätte ich ihn gleich bei
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