Die Riesin Arachna
jeden Preis schnappen und zu sich in ihre alte Höhle bringen. Dort hausten ihre einstigen Diener, die Zwerge, die ihre Herrin ordentlich aufpäppeln würden. Sobald sie sich dann von allen Strapazen erholt hatte, würde sie ans Werk gehen.
Die beiden da vorn konnte Arachna übrigens gut für ihre Pläne gebrauchen. Sie hatte in Ah ihre Stammesgenossin erkannt und hoffte, sie ohne Mühe zur Mithilfe zu gewinnen. Auch Achr war gewiß kein Problem, sie glaubte seinen hinterhältigen Charakter genügend zu kennen. Das Tierchen würde sich bestimmt nicht lange bitten lassen, würde ihr seine Gefolgschaft nicht verweigern! Schade, daß sie nicht schon früher auf die Idee gekommen war, das Rudel der Säbelzahntiger für ihre Ziele einzuspannen.
Achr wendete inzwischen den Kopf gehetzt nach allen Seiten, in der Hoffnung, einen Menschen oder ein Tier zu entdecken. Doch vergeblich, die Gegend war wie ausgestorben. Was sollte er bloß machen? Fast hatte die Riesin sie schon eingeholt, ihr Hohnlachen klang ihm dröhnend in den Ohren:
»Gleich hab ich euch, meine Täubchen, wartet nur!«
»Na los«, rief Achr in letzter Not dem Mädchen zu, »beeil dich, lauf zu dem großen schwarzen Stein dort drüben und klettre hinauf!«
Ah wußte nichts von Hurrikap und dem Tunnel zur Rameria, dennoch folgte sie der Aufforderung. Die Worte der Hexe klangen wirklich nicht freundlich. Sie erreichte den Stein und sprang hinauf.
Achr aber half ihr, indem er sich der Riesin jäh in den Weg stellte. Er ließ sein lautestes Brüllen hören und sprang sie mit aller Kraft an. Dabei schnappte er nach ihrem Finger, so daß sie erschrocken zurückprallte und sich aufs Hinterteil setzte.
»Bleib schön hier sitzen, du alte Hexe«, fauchte der Tiger und jagte dem Mädchen hinterher.
»Das wirst du mir büßen!« schrie Arachna wütend und rappelte sich wieder auf.
Mit zwei, drei Schritten hatte sie Hurrikaps Stein erreicht, doch die beiden waren wie vom Erdboden verschluckt.
ARACHNAS TRAUM
Die Riesin schüttelte ungläubig den Kopf. Sie traute ihren Augen nicht und beschloß deshalb, sich mit den Händen davon zu überzeugen, daß tatsächlich niemand mehr da war. Der mächtige Stein des Zauberers Hurrikap reichte ihr gerade mal bis zur Hüfte, und sie begann ihn abzutasten. Doch mit einemmal wurde sie von einem Sog erfaßt. Die Oberfläche des Felsbrockens gab nach, und obwohl Arachna verzweifelt Widerstand leistete, stürzte sie kopfüber in einen steinernen Tunnel.
Es war ja, wie wir aus früheren Geschichten über das Zauberland wissen, die Eigenart dieses verhexten Steins, jeden anzuziehen, der sich ihm näherte. Die Öffnung oben, die den Eingang zum Tunnel bildete, war für das Auge unsichtbar, der Schacht selber aber verband die Erde mit einem fernen Planeten, der Rameria. Ein Abzweig führte durch das sogenannte Elmenland sogar noch zur Irena, einem zweiten Himmelskörper.
Das Mädchen Ah und der Tiger Achr waren ebenfalls in den Tunnel gerutscht, hatten jedoch einen gehörigen Vorsprung. An eine Verfolgung durch die boshafte Arachna war deshalb nicht mehr zu denken.
Doch wie sich herausstellte, besaß der geheimnisvolle Stein noch eine andere Eigenschaft. Es war, als würde er mitsamt dem Schacht plötzlich verschwinden, sich in Luft auflösen. Im Moment, da die drei in ihn eingetaucht waren, setzte er sich in Bewegung und entführte die Riesin – nicht etwa zu einem fremden Planeten, sondern in die Vergangenheit! Der Tunnel reichte auf einmal um Tausende von Jahren bis in eine längst entschwundene Zeit zurück.
Dort wurde Arachna, die als letzte geschluckt worden war, jäh wieder ausgespuckt. Das alles aber geschah so unvermutet und schnell, daß sie nicht das geringste von dem ganzen Vorgang begriff.
Der Tiger und das Mädchen Ah eilten – so viel sei schon jetzt verraten – gleichfalls in die Vergangenheit, unverhofften Abenteuern entgegen. Sie trafen erneut auf die Schlange Glua und, wer würde es für möglich halten, sogar auf den Großen Zauberer Hurrikap! Arachna aber wurde mit ziemlicher Wucht in die Höhe geschleudert und plumpste wie ein Mehlsack zu Boden. Ihren Fliegenden Teppich, auf dem sie im Zauberland durch die Lüfte gesegelt war, ohne abzustürzen, hatte sie hier ja nicht zur Verfügung. Beim Aufschlag prallte sie mit dem Kopf gegen einen Felsen und verlor die Besinnung.
Sie lag eine ganze Weile in einem schlimmen Dämmerzustand zwischen Wachen und Träumen, konnte sich nicht vorstellen, wo sie war. Sie
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