Die Rückkehr der Jungfrau Maria - Roman
Sorgen«, flüsterte ich ihr ins Ohr, »ich gehe jetzt einkaufen, dann machen wir was Gutes zu essen, ziehen uns was Schönes an und feiern ein Fest. Wie gefällt dir das?«
Maria freute sich, ließ mich aber nicht los. Ich merkte, dass ich nirgendwo anders als in ihren Armen sein wollte. Es wäre schrecklich, wenn wir voneinander getrennt würden. Plötzlich wurde ich von großer Angst gepackt und wollte sofort unseren Aufenthaltsort wechseln. Um Marias Unruhe nicht noch zu verstärken, löste ich mich aus ihrer Umarmung und sagte, ich würde kurz zum Laden gehen. Wir sollten nach dem Essen aufbrechen. Bevor ich ging, schrieb Maria eine Nummer auf einen Zettel und gab ihn mir zusammen mit fünfundzwanzigtausend Kronen.
»Was ist das?«
»Für die Kinderhilfe«, sagte sie beiläufig, »kannst du das mitnehmen und überweisen?«
Ein plötzliches Gefühl von Wut durchfuhr mich. Wollte sie wirklich einen Teil des Geldes, das Margret uns geschickt hatte, der Kinderhilfe spenden? Geld, mit dem wir ein neues Leben beginnenwollten, zumal es völlig unklar war, ob wir in den nächsten Monaten etwas verdienen würden? Während ich meine Wut niederkämpfte, zwang ich mich, auf den Boden zu starren, und schaute Maria dann an. Sie schien nicht den geringsten Zweifel an ihrem Tun zu haben, und dass ich sie dabei unterstützen würde.
»Äh, ach ja, für die Kinderhilfe natürlich«, sagte ich und versuchte, ganz natürlich zu klingen. Doch als ich an der frischen Luft war, fluchte ich.
Ich hätte es wissen müssen. Sie hat mir erzählt, dass sie sich geschworen hat, mindestens ein Zehntel ihres Geldes der Kinderhilfe zu spenden, und ich habe ihr eindeutig gesagt, dass es ihr Geld ist. Das scheint ein unverrückbarer Teil ihrer Lebensphilosophie zu sein, und wenn ich mit ihr darüber streite, endet es wahrscheinlich damit, dass sie selbst das Geld einzahlt. Aber wenn ich es beiseiteschaffe, muss ich sie anlügen, wenn ich nach Hause komme, vor allem, wenn sie den Einzahlungsbeleg sehen will, was aber wahrscheinlich nicht geschehen wird. Sie scheint mir vollkommen zu vertrauen, was es wiederum schwieriger für mich macht, sie zu hintergehen.
Eine Zeitlang stand ich zögernd vor der Bank, doch dann ging ich hinein, zahlte das Geld ein und beschloss, nie wieder an der Sache zu zweifeln. Tief im Inneren schätzte ich Maria dafür, so fest zu ihrer Überzeugung zu stehen, und liebte sie dafür, nicht daran zu zweifeln, dass ich sie unterstützte.
Ich war guter Dinge, als ich den Laden betrat. Ich brauchte nicht lange, um meinen Einkaufskorb zu füllen und stellte mich in die Schlange vor der Kasse. In meiner Fantasie sah ich eine sonnenhelle Zukunft mit Maria vor mir und dachte voller Zuneigung an Margret.
Wie konnte ich nur so blauäugig sein zu glauben, der Brief sei echt. Ich muss verzweifelter gewesen sein, als ich mir selbst eingestanden habe. Und dann auch noch fast der Polizei in die Arme zu
laufen! Es hätte nicht viel gefehlt und ich wäre festgenommen worden, und Maria hätte mittellos in der Pension gesessen, ohne zu wissen, wo ich bin. Es war eine so offensichtliche Falle, fast so, als wollten sie gar nicht, dass ich hineintappe, fast so, als wollten sie, dass ich ihnen den Weg zu Maria zeige …
Ich ließ den Einkaufskorb fallen. Die Früchte rollten in alle Richtungen.
»Das ist undenkbar«, sagte ich laut zu mir selbst, hockte mich hin und begann, alles wieder in den Korb zu sammeln. Im Geiste sah ich, wie Maria mich anflehte, ihr zu Hilfe zu kommen.
»Das kann nicht sein!«, schrie ich und rannte hinaus.
Ich musste die Straße hinauf und bei der Ampel nach links laufen, um in die Pension zu gelangen. An der Ampel war viel Verkehr, Autos und Fußgänger. Ich stürmte durch die Menschenmenge an der Ecke und wollte die Straße hinaufrennen, als mir ein Wagen auffiel, der an der Ampel stand. Es war eine schwarze Limousine mit verspiegelten Rückfenstern. Hatte ich diesen Wagen nicht schon mal gesehen? War das nicht dasselbe Auto, aus dem ich Sebastian hatte steigen sehen, vor der Burg, in der Maria gefangen gewesen war? Wenn ich in die Pension laufen und mich um Maria kümmern würde, wäre der Wagen natürlich nicht mehr da, wenn ich wieder hinauskäme. Ich musste mich entscheiden: Reingehen und Maria womöglich verpassen oder das Auto überfallen. Ich trat auf die Straße und schlich mich an das Fahrzeug heran. Auf der Beifahrerseite saß ein großer Mann mit Adlernase und schwarzer Kopfbedeckung. Er blickte
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