Die Rückkehr nach Atlantis ("Alantis"-Trilogie) (German Edition)
angesteuert.
Da erblickte er auf einmal eine menschliche Gestalt, die sich der Lagune näherte. Mario erkannte Irden und wunderte sich. Erhatte automatisch angenommen, dass Irden seine Pflichten als Hüter der Steine in Delfingestalt erfüllte. Hatte er seine menschliche Gestalt beim Eintritt nach Talana nicht für immer abgelegt, genauso wie Mario und seine Mutter Alissa?
Irden beugte sich zu Mario hinunter.
»Du kommst spät«, sagte er mit einem milden Lächeln.
»Es tut mir leid«, antwortete Mario. »Ich habe meine Mutter gesucht, aber ich konnte sie nicht finden.«
»Mach dir keine Sorgen, sie ist bereits hier.«
Mario war erleichtert und spürte, wie er sich entspannte.
»Warum sind Sie ein Mensch und kein Delfin?«, fragte er Irden. »Ich dachte, in Talana kann man nicht mehr die Gestalt wechseln.«
»Solange die Tore Talanas verschlossen sind, können die Meereswandler keine andere Gestalt mehr annehmen«, antwortete Irden. »Aber die Umstände haben es erfordert, die gefährliche Verbindung zwischen den Welten zumindest für einige wenige wiederherzustellen. Es ist besser, wenn du auch Menschengestalt annimmst.«
»Aber ich kann mich nicht mehr verwandeln«, erwiderte Mario. Er wusste es, weil er es schon einige Male probiert hatte. Es hatte einfach nicht mehr geklappt, seit er in Talana war. Früher hatte er sich nur kurz konzentrieren müssen, um die Gestalt zu wechseln.
Irden neigte sich so tief zu ihm herab, dass einer seiner dunkelblauen Ärmel ins Wasser tauchte. Seine Hand berührte Marios rechte Flosse. Mario fühlte, wie Wärme und Energie durch ihn hindurchströmten. Der goldene Gürtel, den Irden trug, funkelte in der Sonne und Mario war einen Moment lang wie geblendet.
»Verwandle dich«, sagte Irden mit eindringlicher Stimme. »Werde ein Mensch!«
Marios Körper fing an, sich zu verändern. Seine beiden Vorderflossen, die Flipper, wurden zu Armen. Seine Schwanzflosse teilte sich in der Mitte und wurde zu zwei langen Beinen. Die Knochen seines Schädels veränderten sich und Mario spürte ein Reißen und Zerren in seinem Gesicht. Es rauschte in seinen Ohren und ihm wurde schwindelig.
Irden reichte Mario die Hand und zog. Unbeholfen kletterte Mario an Land. Seine Beine wollten ihm kaum gehorchen. Sie waren so schwer.
Mario blickte an sich herunter. Die alte Badehose war ihm inzwischen fast zu klein. Sein Körper war länger geworden, kräftiger. Er war gewachsen, seit er das letzte Mal ein Mensch gewesen war. Jetzt war er fast vierzehn.
Die Länge seiner Arme kam ihm ungewohnt vor. Er bewegte die Finger und musste sich erst langsam wieder an das Gefühl gewöhnen. Der Sand unter seinen Füßen war warm. Er grub seine Zehen hinein und erinnerte sich, wie es früher gewesen war.
Irden lächelte. »Komm mit, es ist nicht weit.«
Mario folgte Irden einen Hügel hinauf, bis sie zu einer kleinen Senke kamen, in der ein Teich lag. Mario sah, dass im flachen Wasser verschiedenfarbige Steine schimmerten. In der Mitte stieg zischend eine Wassersäule empor, und als der Wind sich drehte, bekam Mario ein paar Tropfen ab.
»Au!« Er zuckte zurück und rieb sich den Arm. Das Wasser war kochend heiß.
»Du merkst, was los ist«, murmelte Irden. »Die Hitze. Talana erwärmt sich. Das ist nicht gut.«
Mario sah ihn fragend an.
»Ich tue alles, was in meiner Macht steht«, fuhr Irden fort. »Aber langsam weiß ich nicht mehr weiter. Wir stehen hier vor dem Nabel von Talana, einem heiligen Ort. Die magischen Wassersteine haben große Kraft. Bisher konnten sie die gestiegene Temperatur ausgleichen und herunterkühlen, aber allmählich sind die Grenzen erreicht.«
Marios Mund wurde trocken. »Und … und was bedeutet das?«
Irdens Gesichtsausdruck war ernst. »Wenn wir die stetige Erwärmung nicht aufhalten können, wird Talana nach und nach kaputtgehen. Die Veränderung vollzieht sich schleichend, aber die Zerstörung hat bereits angefangen. Die Muschelpaläste und die Korallenwälder auf dem Meeresgrund beginnen zu zerfallen, denn die Zusammensetzung des Wassers ändert sich. Es wird allmählich salziger und auch saurer. Und da die Korallen und Muscheln der Lebensraum so vieler Tiere und Pflanzen sind, wird es nicht mehr lange dauern, bis auch sie verschwinden.«
Mario runzelte besorgt die Stirn. Bisher hatte er Talana immer für ein Paradies gehalten. Er war froh gewesen, nach den aufregenden Abenteuern im letzten Sommer an einem Ort zu sein, an dem man sich keine Sorgen machen musste.
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