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Die Schwarzen Roben

Die Schwarzen Roben

Titel: Die Schwarzen Roben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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furchteinflößend waren, sie im Gespräch jedoch darauf bestanden, daß der Tod kein Schrecken war, da alle Menschen am Ende vor Turakamu treten mußten.
    Der Kreis der Akolythen formierte sich, umhüllt von den Schlieren des Weihrauchs. Mara sah die bemäntelte Gestalt an der Spitze der Prozession anhalten und mit einem Bittsteller sprechen, der um die Gnade des Gottes für einen kürzlich Verstorbenen bat. Eine mit Siegeln versehene Verfügung wechselte den Besitzer; vermutlich eine Spende der Familie für den Tempel. Auf dem am weitesten vom Opferaltar entfernten Gemälde verbeugten sich Menschen mit glückseligem Gesichtsausdruck vor dem Thron des Roten Gottes und warteten auf seine göttliche Entscheidung bezüglich ihrer Wiedergeburt, warteten darauf, ihre nächste Station auf dem Rad zu erfahren, festgelegt durch eine Aufrechnung ihrer Schulden gegenüber ihrer Ehre. Die kürzlich Verstorbenen, so glaubte man, konnten in den Augen des Roten Gottes durch Gebete aufsteigen, und während die Armen barfuß zur Huldigung herbeikamen und billige Lampen aus Ton anzündeten, trafen die Reichen in Sänften ein und führten üppige Summen für private Tempelriten mit sich.
    Mara fragte sich, ob solche Praktiken Turakamu beeinflußten oder ob sie Ermutigungen der irdischen Priester waren, die Rubine für ihre Gewänder wünschten und bequeme Refektorien und Schlafräume. Sicherlich entsprach der massive Dreifuß, der die Lampen am Altar trug, dem Reichtum eines Königreiches.
    Obwohl jeder Tempel der Zwanzig Gottheiten kostbar ausgestattet war, waren nur die wenigsten so aufwendig geschmückt wie die, die Turakamu geweiht waren.
    Eine Stimme riß Mara aus ihren Gedanken. »Gute Dienerin, Ihr ehrt uns.« Die Prozession der Akolythen hatte die hintere Tür erreicht und strömte langsam hinaus, doch der Hohe Priester war aus der Gruppe getreten und näherte sich dem Gefolge der Acoma. Unter seiner Farbe und dem gefiederten Mantel war er ein Mann mittlerer Größe, älter bereits, doch mit hellwachen Augen. Von nahem war es offensichtlich, daß er verwirrt war; nervös befingerte er den mit Schädelknochen versehenen Amtsstab, den er während der Riten herumgeschwenkt hatte. »Ich wußte, daß Ihr Euch auf eine Pilgerfahrt begeben wolltet, Lady Mara, doch ich hatte angenommen, Ihr würdet das große Heiligtum in der Heiligen Stadt besuchen, nicht unsere bescheidene Behausung in Sulan-Qu. Ich habe natürlich keine Vorbereitungen zur Ehre eines persönlichen Besuches getroffen.«
    Mara verneigte sich leicht vor dem Hohen Priester Turakamus. »Ich lege keinen Wert auf eine Zeremonie. Und um die Wahrheit zu sagen, führt mich etwas anderes hierher als schlichte Ergebenheit. Ich brauche vielmehr Euren Rat.«
    Der Hohe Priester zog überrascht die Brauen hoch, die unter dem Rand der Maske verschwanden, die er inzwischen, da die Zeremonie beendet war, auf dem Scheitel trug. Er war nicht ganz nackt und mit roter Farbe bemalt, wie es für Riten außerhalb des heiligen Bodens üblich war. Doch seine Haare waren mit Reliquien verflochten, die wie Teile von zergliederten Vögeln aussahen, und die unter seinem Mantel aus scharlachroten Federn sichtbare Ausstattung war sogar noch weniger einladend. Als wüßte er, daß seine offizielle Kleidung Gesprächen nicht sehr förderlich war, reichte er den Knochenstab einem jungen Akolythen, der im Schatten wartete, und legte die Robe ab. Die quer über die Brust verlaufenden Riemen, an denen die Reliquien hingen, waren uralt, und zwei andere Helfer eilten herbei und nahmen sie mit ehrfurchtsvoller Sorgfalt von seinen Schultern. Singend trugen sie die Reliquien davon, um sie an ihren Platz in verschlossenen Wandschränken zu bringen, die verborgen in einem Labyrinth aus Gängen lagen.
    Bekleidet nur mit einem einfachen Lendenschurz, die Augen noch immer mit den Streifen von der Zeremonie bemalt, wirkte der Priester plötzlich viel jünger. »Kommt«, lud er Mara ein. »Ziehen wir uns in eine angenehmere Umgebung zurück. Eure Ehrengarde mag mit uns kommen oder im Garten innerhalb der Tore auf Eure Rückkehr warten. Es ist schattig dort, und ein Wasserjunge wird ihr Bedürfnis nach Erfrischung erfüllen.«
    Mara winkte Lujan und Saric zu sich und bedeutete dem Rest ihrer Gefolgschaft, sich zurückzuziehen. Keiner ihrer Krieger blickte erleichtert drein; ihre Schritte wirkten steif, als sie ihre Formation bildeten und auf die Tür zum Garten zugingen. Krieger und Soldaten fühlten sich bei den

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