Die Seelenzauberin - 2
seinesgleichen gewesen, nun reihten sie sich hinter ihm ein und wurden zu seinem Gefolge.
Als sie den Eingang erreichten, hatte sich die Nachricht bereits herumgesprochen, und die sichtlich überraschten Diener hasteten umher und suchten verzweifelt den Anschein zu erwecken, als hätten sie ihn längst erwartet. Die Beflissenheit, mit der sie sich bemühten, ihm einen gebührenden Empfang zu bereiten, hätte ihm zuwider sein müssen … tatsächlich fühlte er sich jedoch geschmeichelt.
Er gelobte, für diese Anwandlung von sündigem Stolz später Buße zu tun.
Die großen Eichentüren öffneten sich wie von selbst. Die Diener, die ihn hineingeleiteten, glaubten wohl, alle anderen Nachlässigkeiten würden ihnen verziehen, wenn sie sich nur tief genug verneigten. Ein wenig beunruhigend fand er, dass er so selbstverständlich vorbeiging, ohne in irgendeiner Form von ihnen Notiz zu nehmen. Es war, als hätte sich mit dem Betreten des Palastes seine alte Persönlichkeit über ihn gebreitet und verdeckte nun den Mann, zu dem er sich mit so viel Mühe hatte entwickeln wollen. Ob das gut war? Sein Vater hätte die Frage bejaht, er selbst war nicht so sicher.
Er ging so weit in den Raum hinein, dass die Mönche hinter ihm ebenfalls eintreten konnten. Als sich die großen Türen hinter ihnen schlossen, näherten sich Schritte, die Salvator vertraut waren. Die wartenden Diener sahen betont zur Seite, als fürchteten sie, mit einem direkten Blick den königlichen Erben zu verärgern.
Vielleicht hatten sie auch Angst vor seinem Gott, überlegte er.
Im Gegensatz zum übrigen Palastgesinde wirkte der Schlossvogt, der nun eintrat, unerschütterlich ruhig. Jan Cresel erschien älter, als Salvator ihn in Erinnerung hatte, ansonsten hatte er sich kaum verändert. Als Kinder hatten Salvator und die anderen Prinzen immer wieder mit allen Mitteln versucht, den Mann aus der Fassung zu bringen. Es war ihnen niemals gelungen. Selbst wenn der ganze Palast zusammenbräche und das gewaltige Dach über seinem Kopf einstürzte, würde Cresel um kein Jota weniger beherrscht und gelassen auftreten als heute.
»Prinz Salvator.« Er verneigte sich genau so tief und in dem Winkel, wie es das Protokoll für die Begrüßung eines künftigen Königs vorschrieb. »Ihre Majestät ist erfreut über Eure Rückkehr.«
Salvator drehte sich ein Stück weit zur Seite, um Cresels Aufmerksamkeit auf seine Begleiter zu lenken. »Die Brüder haben mich begleitet, um mich unterwegs vor Ärger zu bewahren. Ich nehme doch an, dass sie im Palast willkommen sind.«
»Gewiss. Es ist uns eine Ehre, die frommen Brüder als Gäste zu bewirten.« Er nickte den Mönchen höflich, aber keineswegs unterwürfig zu. »Es war ein weiter Weg; Ihr seid sicherlich müde und durstig.« Er winkte, und sofort trat ein Diener vor. »Du sorgst dafür, dass sie angemessen untergebracht und mit Speise und Trank versorgt werden.« Er wandte sich wieder an Salvator. »Haben Eure Begleiter sonst noch Wünsche?«
»Das ist vorerst alles.« Wie leicht man doch in die alte Rolle zurückfiel. Sie glich einem einst viel getragenen, doch jahrelang vergessenen Gewand, das aber immer noch wie angegossen saß, als er es nun wieder überstreifte. Das hätte er nicht erwartet.
»Dann werden sich Eure Hoheit vor der offiziellen Audienz sicherlich erfrischen wollen. Wenn Ihr gestattet, zeige ich Euch Eure Gemächer.« Normalerweise übernahm der Vogt solche Aufgaben nicht selbst, doch in diesem Fall hielt er dies offenbar für angebracht. Vielleicht wollte er Salvator auch nur signalisieren, dass er seinen Platz in der neuen Weltordnung mit Mönchskutten und allem widerspruchslos annahm. Womöglich waren nicht alle Diener dazu bereit, und er legte Wert darauf, ihnen ein Beispiel zu geben.
»Nicht nötig, Meister Cresel. Ich fand die Reise sogar recht anregend. Wo ist meine Mutter?«
Die Miene des Vogts machte deutlich, dass er auf diese Wendung und andere Überraschungen, mit denen der junge Prinz aufwarten mochte, durchaus vorbereitet war. »Sie erwartet Euch, Hoheit.« Er forderte Salvator mit einer leichten Drehung auf, ihm zu folgen. »Ich bringe Euch zu ihr.«
Dantons Palast sah fast noch genauso aus, wie Salvator ihn in Erinnerung hatte … und doch hatte sich vieles verändert. Die Säle waren aus demselben grauen Stein und die Außenmauern so dick und fensterlos wie bei einer Burg – tatsächlich hatte der Wohnturm in der Mitte als Festung gedient, als diese Region noch die weiche
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