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Die Seelenzauberin

Die Seelenzauberin

Titel: Die Seelenzauberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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Flanke eines neu errichteten Reiches schützen musste –, doch die Ecken wirkten nicht mehr so düster, und die verblichenen, uralten Teppiche, die an den Wänden gehangen hatten, so lange Salvator denken konnte, waren entweder ersetzt oder gereinigt worden. So gefiel es ihm besser, dachte er und spürte einen Anfall von schlechtem Gewissen, auf den er nicht gefasst war. Als wäre es beinahe so etwas wie Verrat, Veränderungen gutzuheißen.
    Jeder König kann seine Habseligkeiten makellos aufpolieren lassen, wenn er einen Magister hat , hatte Danton seinem Sohn einst erklärt. Wenn ihm der Sinn danach steht, kann er sie sogar in reines Gold verwandeln lassen. Doch Geschichte, Überlieferung … das kann kein Zauberer nachahmen. An solchen Dingen bemisst sich wahrer Reichtum. Die Großkönigin hatte sich zu Dantons Lebzeiten gefügt – verständlicherweise. Aber Salvator zweifelte nicht daran, dass sie bei Anbruch der Trauerzeit ein wahres Heer von Putzkräften mobilisiert hatte, die den Palast säubern mussten. Was von den Dekorationen zu sehr verblichen war, hatte sie wohl einlagern oder von Hexen in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzen lassen. Die Verwandlung des Heims seiner Kindheit von einem düsteren Wohnturm in ein glanzvolles Stadtschloss war erfrischend und – unerklärlich – verwirrend zugleich.
    Großkönigin Gwynofar erwartete ihn im Audienzsaal. Wie der Palast, so erschien auch sie ihm seit seiner Kindheit kaum verändert und doch ganz anders geworden. Der Kummer der letzten Monate hatte ihr die Röte aus den Wangen geraubt, und obwohl sie gerade jetzt vor Herzlichkeit und Wiedersehensfreude strahlte, spürte er die Schwermut hinter ihrem Lächeln. Sie trug natürlich Schwarz – in mehreren Schichten übereinander, als müsse jeder Verlust eigens betrauert werden. Die Säume hatte sie absichtlich eingerissen. Vor der dunklen Kleidung wirkte ihre helle Haut so durchsichtig wie bei einer Porzellanpuppe. Schon in glücklicheren Zeiten hatte ihn ihre Zartheit immer wieder in Erstaunen versetzt, denn er hatte erlebt, wie sie an der Seite seines Vaters regierte – wie sie Dantons mörderische Wutanfälle über sich ergehen ließ und seine schlimmsten Exzesse verhinderte –, und wusste, aus welch hartem Holz sie geschnitzt war. Kaum jemand, der nicht zur Familie gehörte, kannte ihre Stärke. Und diese Unwissenheit hatte Danton zu seinem Vorteil genützt. Viele vornehme Staatsgäste waren von Gwynofars ätherischer Schönheit wie verzaubert gewesen und hatten ihr Geheimnisse zugeflüstert, die sie Danton selbst niemals offenbart hätten. Und sie hatten sich auch noch der Illusion hingegeben, die Königin würde sie nicht sofort nach ihrer Abreise ihrem Gemahl weitererzählen. Salvator hatte das immer für töricht gehalten, doch Danton hatte ihm versichert, es sei eine verbreitete Schwäche unter Männern, in Gegenwart einer schönen Frau alle Vorsicht zu vergessen.
    Und schön war sie, das war nicht zu bestreiten. Selbst in mittleren Jahren und in ihren schwarzen Trauergewändern wirkte sie hoheitsvoll und elegant. Wer sie zum ersten Mal sah, achtete vor allem auf das goldene Haar, das ihr wie ein Wasserfall bis über die Hüften fiel, und auf die klaren blauen Keirdwyn-Augen. Die ersten Altersfältchen um die Augenwinkel betonten deren Tiefe und verschönten das Gesicht eher, als dass sie es entstellten. Manche Männer würden für solche Augen in den Tod gehen , dachte er. Einige hatten es wahrscheinlich auch getan.
    Sobald sie ihn erblickte, streckte sie ihm unwillkürlich die Arme entgegen: die Geste einer Mutter. »Salvator!« Dann hielt sie plötzlich inne, weil ihr einfiel, was er war; und sie ließ die Hände hilflos sinken, obwohl sie sich erkennbar danach sehnte, ihn an sich zu drücken. »Vergib mir. Deine Gelübde …«
    »Ich habe mich zu entschuldigen, Mutter.« Wie fremd die Anrede aus seinem Munde klang. Er hatte mit einem Mal das schwindelerregende Gefühl, zwischen verschiedenen Welten zu hängen und in keiner richtig Fuß fassen zu können. »Aber ich muss mich so lange an meine Gelübde halten, bis ich davon befreit werden kann, ja, und das bedeutet auch, keinerlei Körperkontakt zu Frauen.« Er lächelte schwach. »Nicht einmal zu meiner Mutter.«
    Was hielt sie wirklich von seinem Glauben? Die Meinung der Büßermönche über die Protektoren und ihren Auftrag war alles andere als schmeichelhaft. Hatte sie das in Betracht gezogen, als sie ihn zur Rückkehr aufforderte,

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