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Die Seelenzauberin

Die Seelenzauberin

Titel: Die Seelenzauberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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verschlingen, um Kraft zu bekommen – doch das war ein grauenhaftes Verbrechen, das die Kolonie niemals dulden würde.
    Der Friedensstörer griff an.
    Seine Bewegungen verschwammen, die violetten Schwingen schlugen den eisigen Wind, er drehte sich jäh und stieß mit messerscharfen Klauen zu. Aber es war nur eine Finte, um Nyuku und sein Tier dahin zu bringen, wo er sie haben wollte, und während sie noch auswichen, schoss der lange Schwanz mit solcher Wucht auf sie zu, dass er wie eine Peitsche knallte, und schnitt ihnen den Rückweg ab. Nyukus Tier ließ sich senkrecht in die Tiefe fallen – gerade noch rechtzeitig. Die Schwanzspitze raste zwischen seinen Flügeln hindurch, die tödlichen Schuppen verfehlten nur knapp ihr Ziel.
    Nun schoss Nyukus Ikata wieder nach oben. Nyuku konnte sich gerade noch an den Rückenstacheln festklammern, da waren sie schon unter ihrem Gegner und griffen an. Nyuku blieb bei dem Manöver fast das Herz stehen, aber das Risiko zahlte sich aus. Die mächtigen Kiefer seines Tieres schlossen sich von unten um den Hals des Gegners und zerrten ihn mit sich, bis ihm die Flügel den Dienst versagten. Beide Ikati stürzten ungebremst in die Tiefe, die Reiter klammerten sich krampfhaft fest. Die Tiere bewegten sich in Spiralen umeinander, und jeder versuchte, sich auf Kosten des anderen wieder emporzuarbeiten.
    Nyuku hatte die Ikati oft genug bei ihren Kämpfen beobachtet und ihre Eleganz bewundert. Die Bewegungen der großen Schlangenkörper hatten ihn an einen Tanz mit ständig wechselnden Figuren erinnert, bei dem jeder Partner bemüht war, für einen Sekundenbruchteil die Position zu finden, die er für den perfekten Angriff brauchte. Die Körper mochten gut gepanzert sein, aber die Schwingen waren verwundbar, und die Natur hatte sie mit den entsprechenden Waffen versehen. Ein Schnitt mit einer Schwanzspitze, ein Riss mit einer Klaue konnten einen Ikata für die jeweilige Paarungszeit – oder für immer – flugunfähig machen.
    Diesmal war es kein Tanz. Diesmal waren Menschen mitten im Geschehen. Zähne und Klauen fuhren nur wenige Zoll an ihrem Rücken vorbei, und die scharfen Schuppen an der Spitze der langen Schwänze pfiffen dicht über ihre Köpfe hinweg. Die Natur hatte die Ikati so ausgestattet, dass sie im Flug einander in Stücke reißen konnten, und auf Menschenleben wurde dabei nicht unbedingt Rücksicht genommen.
    Plötzlich schlug der Friedensstörer seine Klaue in den Vorderflügel von Nyukus Tier und brachte ihm eine tiefe Schramme bei, bevor sich der Ikata befreien konnte. Der Schmerz schoss auch durch Nyukus rechten Arm. Sein geflügelter Bruder versuchte mit aller Kraft, seinen Flug zu stabilisieren, während ihm das Blut aus der Wunde quoll. Noch hielt die Flügelmembran zusammen, aber wie lange? Wenn sich erst die Haut von dem zarten Stützskelett löste, wären sie nicht mehr mobil und könnten jede Hoffnung auf einen Sieg in diesem tödlichen Wettbewerb begraben. Nyuku spürte, wie sich die mächtigen Muskeln erwartungsvoll anspannten, und plötzlich beschrieben sie eine Spirale, aber nicht nach unten, sondern nach oben. Der andere Ikata bäumte sich auf und schleuderte seinen Reiter gegen die Schwingen des Gegners. Die Wucht des Aufpralls machte Nyuku benommen, und ein paar grauenhafte Sekunden lang drehte sich die ganze Welt wie rasend um ihn. Verzweifelt umklammerte er die Rückenstacheln seines Ikata und presste sich an den Rücken des Wesens. Wenn er den Halt verlor, wäre er nicht mehr zu retten.
    Sein Herz klopfte wild, der kalte Schweiß stand ihm auf der Stirn, und so vergingen schier endlose Sekunden, bis ihm bewusst wurde, dass der Kampf zu Ende war.
    Der Angreifer war verschwunden.
    Nyukus Ikata flog trotz der verletzten Schwinge halbwegs ruhig. Im rötlichen Schein des Sonnenuntergangs blickte Nyuku über die Landschaft und suchte nach dem Gegner. Der war bereits ein ganzes Stück von ihnen entfernt und schwer verletzt. Offenbar war Nyukus Tier geradewegs in seine ausgebreiteten Schwingen hineingerast, hatte sie mit seinen scharfen Rückenstacheln aufgeschlitzt und die Membran von den Knochen gerissen. Der andere hielt sich nur mit Mühe in der Luft, sein einseitiger Flügelschlag trug ihn in einer engen Schraubenlinie nach unten – direkt auf die verfluchte Wand zu.
    Nyuku war wie gelähmt vor Entsetzen. Er fragte sich, wann wohl die schrecklichen Stimmen zu schreien begännen und den Wahnsinn brächten. Der gegnerische Ikata wurde von Krämpfen

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