Sie kannten keine Gnade - Western (German Edition)
*
"Gleich haben wir ihn, Sammy."
Rasselnd fiel die schwere Eisenkette um den Baumstumpf in Big Sam Sampsons schwarzem Feld. Der Farmer ließ die Kette los und trat zurück. Sein siebenjähriger Sohn ahmte ihn nach und tat dasselbe.
Drüben im Blockhaus sang Sarah, Big Sams Frau.
Es war ein ruhiger Abend. Die Sonne berührte schon den Horizont. Doch die Luft über der Prärie flirrte noch immer.
Big Sam wischte sich den Schweiß und eine Strähne seines blonden Haares aus dem Gesicht. Er rief, "Hüüh!"
Das Doppelgespann Kühe muhte. Das Fell über ihren Schultern erschauerte. Dann setzten die Rinder sich in Bewegung.
Die Kette spannte sich.
Der Baumstumpf knirschte und krachte. Er begann sich zu heben. Big Sam lehnte sich mit der Vollkraft seiner zweiunddreißig Jahre von hinten gegen den störrischen Stamm und schob mit. Seine Augen blinzelten in die rote Sonne.
Da sah er sie.
Die Silhouetten von Reitern tanzten im Licht.
Big Sam richtete sich sofort auf und rief, "Ho!"
Die Rinder blieben stehen. Der Baumstumpf sank zurück.
Sarah sang noch immer. Geschirr klapperte.
Drüben im Korral begannen die Pferde unruhig zu werden. Gus, der schmächtige Farmhund, sprang herbei und kläffte. Dann verdrückte er sich in Richtung Haus. Auf der Veranda bellte er weiter.
Sarah hörte auf zu singen.
Die Reiter trotteten heran. Das Knäuel von Silhouetten löste sich auf und Big Sam erkannte, daß es sich nicht um befreundete Indianer handelte. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Sein Herz begann, schneller zu schlagen. Drei Reiter trugen Wagenrad-Hüte auf den Köpfen.
Die Homestead der Sampson-Familie lag in der Einsamkeit des Indian Territory, im fruchtbaren Nordosten des friedlichen Indianerlandes. Hier gab es nur eine Sorte solcher Hutträger.
Bandoleros.
Leute, die sich unten in Texas nicht mehr blicken lassen konnten. Halunken, die das Territorium als Rückzugsort brauchten, weil sie im Süden irgend etwas Unsägliches angestellt hatten. Vor ein paar Jahren noch, als Texas Ranger, war der Ritt gegen mexikanische Mordbanden sein tägliches Brot gewesen – selbst noch als die Kavallerie diese Aufgabe übernahm. Oft hatte er sie zur Strecke gebracht. Nun tauchten Bandidos hier auf, in der Einsamkeit seiner unschuldigen neuen Heimat.
Die Anwesenheit von Bandoleros bedeutete: Die anderen Reiter waren auch keine Edelmänner.
Und seine Winchester stand im Haus.
Nutzlos.
Sie hätte genauso gut auf dem Mond sein können.
Big Sams Hände fühlten von außen seine Hosentaschen. Kein Messer. Nichts. Er war vollkommen unbewaffnet.
Die Bande ritt nun aus der Sonne heraus und bildete einen Kreis um Big Sam und Sammy.
Der Farmer nahm seinen Sohn in den Arm. Er musterte die Ankömmlinge. Die drei Bandoleros trugen glitzernde Patronengurte über dem Leib, obwohl die hier in der Gegend vollkommen überflüssig waren.
Sie waren Beutegreifer.
In seinem Mund breitete sich ein bitterer Geschmack aus. Seine Hände gruben sich in Sammys Schultern.
Ein Fallensteller ritt neben den Bandoleros. Ein Nordmann. Er trug selbst in der Oktoberhitze Oklahomas noch seine Waschbärfellmütze. Die runden Eisen der Springfallen am Sattel seines Wallachs klapperten leise.
Big Sams Blick wanderte weiter.
Ein Cowboy mit rotem Halstuch und Stulpenhandschuhen saß auf einem Grauschimmel. Der Mann schien geradewegs von den Trails zu kommen. Doch die Halfter der beiden Colts lagen ihm viel zu tief auf den Schenkeln. Er war kein gewöhnlicher Viehtreiber.
Big Sam drehte sich auf dem Absatz weiter.
Ein stämmiger Alter mit staubbedeckter Melone und Dreitagebart grinste ihn an. Die Satteltaschen links und rechts an seinem Maultier glichen Ballons, so prall waren sie gefüllt, mit was auch immer.
Der nächste Reiter war ein Indianer. Big Sam schluckte, als er das narbige Gesicht eines Comanchen erkannte. Der Hengst des Indianers tänzelte im schwarzen Staub von Big Sams Feld. Der Comanche blickte sich genau um. Seine zusammengekniffenen Augen schätzten die ganze Farm ab.
Big Sams Nackenhaare sträubten sich. Ihm wurde kalt, trotz der Hitze.
Zwei Frauen hielten ihre Pferde ein wenig abseits. Die eine hatte ihre schwarzen Haare hinten straff zusammengebunden und trug ein Reitkleid, das eigentlich zu luxuriös für die Gegend war. Mit dunklen Mandelaugen und vollen Lippen war sie eine mexikanische Schönheit. Doch ein harter Zug umspielte ihren Mund.
Die andere, eine Rothaarige, fast noch ein Kind, trug Hosen wie ein Mann und
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