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Die Seelenzauberin

Die Seelenzauberin

Titel: Die Seelenzauberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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oder Abneigung ausdrücken sollte, war schwer zu erkennen. Wahrscheinlich beides , dachte Colivar. Der Magister hatte sich seit dem Tag seiner Verbannung durch König Danton kaum verändert – das lange weiße Haupt- und Barthaar war sorgfältig gepflegt, der Faltenwurf der tiefschwarzen Robe makellos, der Blick von bedrohlicher Ruhe. Wozu auch? Danton war tot, und ein großer Teil seiner Familie ebenfalls. In Ramirus’ Augen war das wahrscheinlich göttliche Gerechtigkeit. Selbst ein Großkönig sollte sich gründlich überlegen, ob er einen Magister beleidigte.
    »Colivar. Welche Überraschung.« Leiser Spott klang aus Ramirus’ Worten. »Ich würde dir gern eine Erfrischung anbieten, aber ich habe leider nichts … Geeignetes im Haus.«
    Der schwarzhaarige Magister lachte leise. »Hast du alles Gift in den Graben geschüttet?«
    Ein kaltes Lächeln umspielte die Greisenlippen. Das Alter war für Ramirus eine Kunstform, jede Runzel, jede Falte seines Gesichts war wie mit der pedantischen Sorgfalt eines großen Malers aufgetragen. Colivar wusste, dass es sich dabei nicht nur um eine ästhetische Marotte handelte. Ramirus galt als hochbetagt, selbst für einen Magister, und für einen solchen Mann waren die körperlichen Spuren des Alterns wie ein Orden. Die Lider mochten ihm wie zerknittertes Pergament über die Augen hängen, doch sein Blick war nach wie vor von durchdringender Klarheit. »Ich würde einen Besucher niemals derart beleidigen.« Hinter den samtenen Worten lauerte die Schärfe eines Rasiermessers. »Immer vorausgesetzt, er kommt in Frieden.«
    Colivar neigte ganz leicht den Kopf. »Du dienst dem Haus Aurelius nicht mehr, wir haben also keinen Grund, Feinde zu sein.«
    »Richtig. Jedenfalls nicht mehr als alle anderen Magister. Aber das heißt nicht viel, nicht wahr?« Er kniff die Augen zusammen und studierte Colivar so eingehend wie einen seltsamen Vogel, der sich ins Zimmer verirrt hatte und von dem er nicht wusste, ob er nicht eine Bescherung auf dem Teppich hinterlassen würde.
    »Bitte setz dich doch«, sagte er endlich.
    Colivar suchte zu erraten, welches der Lieblingsstuhl seines Gastgebers war, und wählte, ungewöhnlich rücksichtsvoll, einen anderen. »Wie man hört, dienst du zurzeit keinem Patron.«
    »Mag sein. Oder ich lege Wert auf Diskretion in meinen Privatangelegenheiten.« Wieder dieses knappe Lächeln. »Ich erwarte nicht, dass du diese Haltung verstehst.«
    Colivar stellte fest, dass vor den Fenstern schwere Gardinen hingen, sodass kein Sonnenstrahl eindringen konnte. Eine einzige Bernsteinlampe bemühte sich vergeblich, den düsteren Raum wirksam zu erhellen. Entweder hatte sich Ramirus in Dantons Diensten zu sehr an dessen Geschmacksvorstellungen angepasst, oder er wollte das, was sich im Zimmer befand, vor Schaden durch das Sonnenlicht bewahren. Was darauf schließen ließ, dass die Schriftrollen und Tontafeln tatsächlich alt und wahrscheinlich auch sehr wertvoll waren. In diesem Fall hätte er eine beeindruckende Sammlung zusammengetragen.
    »Also.« Ramirus setzte sich Colivar gegenüber in einen knarrenden Ledersessel. »Was führt dich zu mir? Abgesehen von dem Wunsch nach gepflegter Konversation natürlich.«
    Er war glatt, dachte Colivar. Aalglatt. Man kam nicht hinter die Fassade und konnte nicht in sein Herz schauen, wenn er es nicht zuließ. Das machte das Spiel mit ihm so spannend.
    »Ich wollte nur wissen, ob du an Salvators Krönung teilnehmen wirst.«
    Am Unterkiefer des Magisters zuckte ein Muskel. »Ich habe mich noch nicht entschieden.«
    »Wie man hört, soll es ein großes Spektakel werden.«
    Ramirus zuckte die Achseln. »Ich bin der Aurelius-Spektakel überdrüssig.«
    Das Achselzucken war zu beiläufig, der Tonfall zu gleichgültig. Du bist mit dieser Familie noch immer nicht fertig , dachte Colivar. Sehr interessant.
    »Wenn das alles ist, was du erfahren wolltest«, fuhr Ramirus fort, »dann hättest du mir auch einen Brief schreiben können. Die Antwort wäre die gleiche gewesen, und die Zustellung hätte dich einiges weniger gekostet.«
    »Vielleicht bin ich gern in deiner Gesellschaft.«
    »Natürlich«, sagte Ramirus freundlich. »Vielleicht geht die Sonne ja morgen im Westen auf.«
    Jetzt lächelte Colivar. »Wenn ich meinem Gastgeber damit eine Freude bereiten könnte, ließe sich das schon einrichten.«
    »Gewiss. Ich würde dir durchaus zutrauen, dass du es versuchst. Obwohl wahrscheinlich auch deine ungeheuren Kräfte ihre Grenzen haben.«

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