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Die Sonnenposition (German Edition)

Die Sonnenposition (German Edition)

Titel: Die Sonnenposition (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Poschmann
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Sport- und Freizeitkleidung, nicht die nachlässigen Frisuren, die überhängenden Hemden. Ich beherrschte mich, ließ die Pfleger in Ruhe, trug ein angebrochenes Apfelmusglas zum Kühlschrank, ich wischte Fettflecken von der Heizung und wechselte meine Bettwäsche.
    Sozialarbeiter, hatte Odilo meinen Beruf genannt, und das hieß für ihn, sich selbst so weit erniedrigen, daß das eigene Licht unter dem Scheffel keine Chance mehr hatte.
    Warum tust du dir das an, hatte er gefragt, warum nicht wenigstens Arbeitspsychologe, Forensiker, eine gutbezahlte Stelle, angemessen, anspruchsvoll.
    Deine romantische Poesie des Arzttums, hatte Odilo gesagt. Erfahrungsseelenkunde! Psychokatharsis! Nervenspezialist! Es ist doch so, daß du die Krisen der anderen zu deinen eigenen Krisen machst.
    An diesem Morgen kam mir die Erkenntnis, daß wir es am Ende gar nicht den Eltern, auch nicht dem Chef, sondern in erster Linie den Freunden rechtmachen möchten: in ihren Augen gut dastehen, mit unserer sogenannten Entwicklung ihrem kritischen Blick standhalten, uns mit der Ausübung unserer Fähigkeiten ihrer Gesellschaft würdig erweisen. Ich traute Odilo ohne weiteres die größte Übersicht über meine Möglichkeiten zu, die beste Kenntnis meiner Talente, eine grauenhaft gründliche Einsicht in meine Stärken und Schwächen. Auf die Eltern konnte ich hierbei seit der Grundschulzeit nicht mehr zählen. Sie meinten es gut, aber mit allem, was ich lernte, mit jedem Bildungsschritt entfernte ich mich aus ihrem Gesichtskreis. Von Odilo erhoffte ich mir, was sie mir nicht mehr zugeben vermochten: Unterstützung, Anerkennung und Absolution.
    Ich hatte übermäßig lange gelüftet, um die schlechten Gerüche aus dem Raum herauszubekommen. Aber das Muffige saß in den Wänden, der Raum war jetzt starkriechend und eiskalt.
    Bei seiner Ankunft standen knöcheltiefe Pfützen vor dem Schloß, die er vorsichtig umschritt. Odilo, dunkelbeschuht, mit leicht eingedrehten Füßen, schlackerndem Gang.
    Er hatte sich, das sah ich vom Fenster aus, in die alte Lodenjacke gekleidet, die er vorwiegend bei unseren Erlkönigfahrten getragen hatte, eine Jacke, die damals schon äußerst unmodern gewesen war und die er nun, womöglich in einem Anfall von Nostalgie oder als Zeichen der Verbundenheit, wieder herausgekramt hatte. Odilo, von allen unverstanden, genialisch, abschätzig: Ich sah ihn vom Schloßfenster aus, kam ihm nicht entgegen, wollte abwarten, wie er sich zurechtfand.
    Der Zufahrtsweg lag windig und leer.
    Einzig Herr P. hockte an den Pfützen, er hatte weißes Konfetti aus einem Locher mit roten Filzstiftkreuzen versehen und ließ jetzt die angekreuzten Boote schwimmen. Der Schwanenteich schien ihm für dieses Manöver zu riskant. Er hatte recht. Die Schwäne waren in der Lage, sein Konfetti irrtümlich zu fressen. Odilo umrundete höflich auch ihn, Herr P. erhob sich und deutete eine Verbeugung an. Odilo nickte gnädig und ging rascher, achtete kaum noch auf den nassen Grund.
    Odilos Ankunft: Plötzlich sah ich die Leiter in der Ecke der Eingangshalle, sah mit seinen Augen den aufgerollten Teppichrest lehnen, erinnerte mich an den Stapel hölzerner Besteckschubladen, der seit Ewigkeiten am Tor vor sich hinrottete.
    Immerhin, die Patienten, in der nicht ganz falschen Vermutung, es handele sich bei diesem Mann um einen Teil, vielleicht die Vorhut einer Prüfungskommission, die Patienten hielten sich tunlichst zurück.
    Im Flur lungerte nur Herr Q., der auf ein gepflegtes Erscheinungsbild Wert legte, den immer gleichen Anzug mit dem immer gleichen Einstecktüchlein trug. Er verlebte den Tag im Schlendern durch die Korridore, drückte sich in den Sälen herum, sah sich außerstande zu lesen, außerstande, länger bei einer Sache zu bleiben. Diese Zerstreutheit rührte von den Medikamenten, die wir ihm verabreichten. Deren Nebenwirkungen waren zwar allgemein in den letzten Jahren zurückgegangen. Dennoch verhielten sich viele Patienten unkonzentriert, gedämpft. Bei einigen veränderte sich die Gesichtsfarbe, manchen fiel es schwer, deutlich zu sprechen, weil sie ihre Zunge als unbeweglich und vergrößert empfanden, als schwer und gelähmt.
    Sanatoriumsbesucher, Kurgäste, Idioten? Nach langer Zeit fragte ich es mich erneut: Sah man den Patienten etwas an? Und wenn ja, was?
    Ich mied mein Schlafzimmer mit seinen Nacht- und Küchengerüchen und führte den Freund in mein Büro. Dort wußte ich nicht, welchen Platz ich ihm anbieten sollte: meinen

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