Die Staatsanwältin - Thriller
mich mit Drogen versorgt.«
»Sitzt er hier ein?«
Tate senkte die Stimme, obwohl sie im Konferenzraum allein waren. »Nein. Sie haben ihn nach Gwinnett County verlegt â auf seine Bitte hin. Aus gutem Grund. Die Jungs hier mögen keine Spitzel.«
Mace machte sich keine allzu groÃen Sorgen über Riveras Zeugenaussage. Ein dreimal verurteilter Verbrecher â wie glaubwürdig konnte der schon sein?
»Was glauben Sie, wann Sie das Geld für die Kaution zusammenhaben?«, fragte Mace.
Caleb winkte ab. »Anfang nächster Woche. Aber ich nutze meine Zeit gut.« Er legte die Unterarme auf den Tisch und beugte sich dichter zu Mace. »Haben Sie je vom Gefangenendilemma gehört? Haben Sie das mal an der Uni gelehrt?«
»Das Gefangenendilemma?«
»Ja. Das ist, was das System am Leben erhält. Zwei Personen werden verdächtigt, eine Straftat gemeinsam begangen zu haben, und die Polizei befragt sie in getrennten Räumen. Die Cops sagen jedem Verdächtigen, dass er, wenn er gesteht und gegen den anderen aussagt, einen Deal bekommt. Ein Jahr im Gefängnis. Aber wenn er nicht schnell einen Deal macht und der andere ihm zuvorkommt, bekommt der andere Kerl denEinjahresdeal. Der unkooperative Verdächtige könnte vor Gericht gestellt werden und zehn Jahre bekommen, wenn er schuldig gesprochen wird.
Jetzt wissen beide Verdächtige, wenn keiner von ihnen singt, geht keiner von beiden ins Gefängnis. Aber wenn einer nicht singt und der andere Typ schon, muss der Geständige mit zehn Jahren rechnen. Was meinen Sie, was passiert?«
»Sie versuchen beide, den Deal zu schlieÃen. Es gibt keine Ehre unter Dieben.«
»Genau. Und so werden die meisten Verbrechen in unserem Land abgeschlossen. Wissen Sie, wie hoch der Prozentsatz der Fälle ist, die in Milton County in einem Vergleich enden?«
Mace hatte darüber nie nachgedacht, aber er wusste, Milton unterschied sich nicht groà von anderen Gerichtsbezirken. »Vermutlich ungefähr neunzig Prozent.«
»Vierundneunzig Prozent.« Calebs Stimme sank zu einem konspirativen Flüstern.
»Was glauben Sie, was passieren würde, wenn die Verdächtigen sich alle zusammentun und beschlieÃen würden, dass keiner von ihnen je wieder einen Deal macht? Was glauben Sie, was das mit dem System machen würde?«
Mace gefiel gar nicht, worauf das hinauslief. »Das System würde zusammenbrechen. Chaos.«
»Genau«, sagte Caleb und tippte mit dem Finger auf den Tisch. »Die Staatsanwaltschaft wäre überfordert. Pflichtverteidiger würden mit Fällen überschwemmt. Der Staat hat schon allen die Budgets gekürzt. Jeder Verdächtige könnte einen schnellen Prozess verlangen und dann in der Berufung einen Aufstand machen, weil er unangemessen vertreten wurde. Das System wäre auf Jahre hinaus blockiert. Wenn jeder einzelne Häftling in diesem Gefängnis jetzt sofort auf seinen vollen Verhandlungsrechten bestehen würde, müsste die Staatsanwaltschaft die Hälfte von ihnen freilassen, weil sie nicht jeden Fall verhandeln könnte. Die andere Hälfte hätte einige Munition für die Berufung. Zum Henker, die Regierungsangestellten und Lehrer haben sich gewerkschaftlich organisiert. Warum nicht auch die Verbrecher?«
Caleb lehnte sich auf seinem Stuhl zurück; Stolz leuchtete aus seinem schmalen Gesicht. Mace wusste, dass einem das Gefängnis aufs Gemüt schlug. Das Eingesperrtsein löste Paranoia aus und brachte Verschwörungstheoretiker hervor. Aber Mace konnte nicht sagen, ob Calebs Ideen nur typisches Gefängnisgefasel waren oder ob er so etwas wirklich inszenieren konnte.
»Das würde natürlich nur funktionieren, wenn alle Häftlinge mitspielen würden. Und die Staatsanwaltschaft würde wahrscheinlich anfangen, ein paar sehr attraktive Deals anzubieten, um die Blockade zu durchbrechen. Also müsste man alle Bandenchefs auf eine Seite bekommen und bereit sein, jeden zu bestrafen, der einen Deal macht. Und dafür bräuchte man â rein hypothetisch gesprochen natürlich â jemanden, der die ganze Sache anführt. Jemanden, dem die Bandenchefs vertrauen. Da diese rivalisierenden Gangsterbosse sich aber gegenseitig so hassen, würde das nie funktionieren. Aber wenn, dann überlegen Sie nur mal, wie uns das helfen würde. Denn ich gehe mit meinem Fall vor Gericht, komme, was wolle. Und es würde
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