Die Stadt der Könige: Der geheime Schlüssel - Band 2 (kostenlos bis 14.07.2013) (German Edition)
Philip an Olaf vorbei.
„Ihr solltet auf Euren Freund hören“, mahnte der Episkopos. „Möglicherweise wird sich erst herausstellen, dass es ein Missverständnis war, wenn ihr im Kerker der Stadtwache sitzt. Unter Umständen könnte das für Euch zu spät sein.“
Verwirrt blieb Philip stehen. „Zu spät? Aber ich habe nichts getan!“
„Folgt mir!“, gebot der Episkopos. „Ich kenne einen Weg, der sicher ist.“
„Woher weiß ich, dass wir Euch vertrauen können“, fragte Olaf herausfordernd.
Der Episkopos sah Olaf streng und strafend an, aber Philip glaubte, ein leichtes amüsiertes Glitzern in seinen Augen zu sehen.
„Ihr wisst es nicht, aber Euch bleibt keine andere Wahl. Folgt mir.“
Philip nickte und ging auf den Episkopos zu. Olaf blieb dicht hinter ihm und rüttelte weiter an jedem Pfosten, den er erreichen konnte. Der Geistliche sah ihn tadelnd über die Schulter an, aber Olaf machte unbeirrt weiter.
„Ihr werdet in dieser Kirche keine losen Bretter finden“, donnerte der Episkopos zornig und Olaf verschränkte einen Augenblick lang die Arme hinter seinem Rücken wie ein zurechtgewiesenes Kind.
Hinter einer breiten Säule blieben sie stehen. Der Episkopos klappte einen der unzähligen Wandteppiche beiseite und verschob einen kaum sichtbaren Riegel. Eine Tür so niedrig als wäre sie für ein Kind gemacht, sprang auf. Die erste Stufe jedoch war so weit unten, dass Philip den Kopf nur ein wenig einziehen musste, um hindurch zu kommen. Er hatte sein zweites Bein noch nicht ganz nachgezogen, da hörte er den Tumult, der in der Kirche laut wurde. Hastig stieg er zwei weitere Stufen nach unten. Olaf war dicht hinter ihm. Die Tür fiel ins Schloss. Augenblicklich war es so dunkel, dass Philip nicht einmal die Hand vor Augen erkennen konnte. Er hörte nur Olaf atmen.
„Und jetzt?“, flüsterte er.
„Frag nicht. Ich hoffe, dies ist keine Falle“, flüsterte Olaf zurück.
„Das glaube ich nicht.“
„Glauben und beten, immerhin sind wir noch in der Kirche … wenn auch in eine Säule eingemauert.“
„Hast du gehört, warum wir gesucht werden?“, flüsterte Philip.
„Du wirst gesucht, nicht ich. Warum haben sie dich beim letzten Mal gesucht? Ich weiß es nicht und es geht mich auch nichts an.“
„Was soll das? Und auch dies Gerede, dass ich dein Herr bin. Wenn du einen Herrn brauchst, dann beschränk dich auf Hilmar. Ich dachte, wir wären Freunde.“
„Aber es stimmt“, beharrte Olaf im Flüsterton. „Du bist mein Herr, denn meine Heimat ist die Wasserfurt.“
„Oh“, hauchte Philip verwirrt.
Sie hörten lauter werdende Stimmen, konnten aber nicht verstehen, was gesagt wurde. Zum einen, weil die Mauern der Säule alle Töne dämpften, aber auch, weil einige in der heimischen Mundart redeten, die nur schwer zu verstehen war. Das Wortgewirr dauerte nicht lange, dann war es wieder still.
Die Stille jedoch war noch unerträglicher als der Lärm der Verfolger. Philip hoffte, dass sie bald aus der Dunkelheit befreit werden würden, aber nach einer Weile hörte er das Raunen einer langsam größer werdenden Menschenansammlung. Schließlich schlugen die Glocken zum Gottesdienst. Sonntag, dachte er und stöhnte leise. Den ganzen Sonntag war die Kirche die Anlaufstelle für unzählige Menschen. Morgendienst, Mittagsdienst, Abenddienst … vor Mitternacht gab es kein Entrinnen.
„Wir sollten sehen, wohin dieser Gang führt“, schlug Philip vor.
„Sehen ist gut. Hier ist es so dunkel wie im Arsch des Leibhaftigen.“ Olafs Stimme klang mürrisch.
Vorsichtig tasteten sie sich an der Wand entlang und die Treppe hinunter. Nach etwa zehn Stufen wurde der Boden des Tunnels eben, aber er schlängelte sich in einer Spirale immer weiter ins Gebein der Erde. In der Dunkelheit hatte Zeit keine Bedeutung. Ein Augenblick war lang wie ein Tag, ein Tag konnte ein Augenblick sein.
Ab und zu glaubte Philip ein Licht oder eine Farbe zu sehen, doch wenn er noch einmal hinsah, war alles so schwarz wie vorher. Es machte keinen Unterschied, ob seine Augen offen oder geschlossen waren.
Der Gang führte jetzt geradewegs in eine Richtung, aber welche Richtung das war, konnte er beim besten Willen nicht sagen, denn er hatte längst jedes Gefühl dafür verloren.
„Da ist was“, flüsterte Olaf.
„Was?“, fragte Philip.
„Ein anderer Gang, eine Öffnung, ich weiß es nicht genau.“
„Ob der hier raus führt?“, fragte Philip.
„Wir könnten es probieren“, schlug Olaf
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