Die Stadt der Könige: Der geheime Schlüssel - Band 2 (kostenlos bis 14.07.2013) (German Edition)
Morgen. Es war der einzige Lichtblick in Philips eintönigem Alltag. Baron Agnus war in dieser Zeit selten zu Hause. Nur alle paar Tage gesellte er sich abends zu seiner Familie und seinen Gästen. Dann wirkte er aber meist fröhlich und zufrieden.
Mit Hilfe der Krieger aus den Nachbargrafschaften von Weiden und Hohenwart konnten die Gnome weitestgehend aus dem Tal vertreiben werden. Im Norden des Wildmoortals durfte das Vieh tagsüber wieder auf die Weiden, wenn auch immer noch zwei bis drei bewaffnete Männer Wache bei ihm hielten.
Obwohl Philip bei jeder Gelegenheit seine Hilfe anbot, weigerte sich der Baron strikt, ihn oder Walter in den Verteidigungsplan mit einzubeziehen.
Da Graf Hilmar von Weiden gleich nach ihrer Ankunft auf dem Erses Berg, in einem Brief an den König mittgeteilt hatte, dass die Gefangenen geflohen waren, wollte keiner der hohen Herren riskieren, dass sie enttarnt wurden. Agnus war zudem der Meinung und sie hätten schon genug durchgemacht. Manchmal ergänzte er augenzwinkernd, dass er sie zu Rate ziehen würde, wenn es um die Beseitigung des Zauberers ging, da sie darin ja bereits Erfahrung hätten.
Dadurch fühlte Philip sich jedoch noch eingeengter. Er wusste, in welche Gefahr er seinen Gastgeber brachte, weil dieser ihn vor dem König und dem Zauberer versteckte. Oft fragte er sich, ob es nicht besser gewesen wäre, den Elben Leron´das auf dessen Weg nach Süden zu begleiten. Dann starrte er in die Ferne und saugte den Duft der feuchten Wiesen in seine Lungen. Doch diese Wiesen lagen jenseits des Walls, der ihn einschloss und dieses gastliche Haus zu einem Kerker machte.
Wenn die Langeweile überhandnahm, ging Philip in die Küche. Dort duftete es den ganzen Tag nach Kuchen und Brot, nach gebratenem Fleisch und süßem Brei. Die Köchin, eine kugelrunde, herzensgute Frau mit hochrotem Gesicht verscheuchte ihn energisch, sobald er anfing, in die Töpfe zu gucken.
„Das ist kein Ort für einen jungen Burschen“, sagte sie und nahm ihm den Kochlöffel aus der Hand.
„Wenn Frauen mit dem Schwert kämpfen, dürfen Männer in Töpfen rühren“, wehrte Philip ab, aber sie stemmte die Arme in die Hüften und sah ihn grimmig an.
„In meiner Küche gibt’s keine Schwerter und keine Männer, denn die bringen alles bloß durcheinander.“ Damit steckte sie ihm ein Stück Gebäck zu und schob ihn durch die Tür. Einige der Küchenmädchen machten ein betrübtes Gesicht, aber das merkte Philip nicht. Er hörte nur, wie die Köchin sie alle wieder an die Arbeit trieb und schlenderte träge in Agnus´ übersichtliche Bibliothek, die nur wenig zu bieten hatte, was Philip interessierte.
Am frühen Nachmittag kehrte Agnus nach zweitägiger Abwesenheit nach Hause zurück, doch diesmal machte er ein nachdenkliches Gesicht und verschwand sofort in seinem Arbeitszimmer. Erst als seine Kinder im Bett lagen, setzte er sich zu Amilana und den Gästen an den Kamin.
„Morgen reiten wir“, sagte er und starrte ins Feuer.
„Wohin?“, fragte Amilana. Sie klang gereizt, denn ihre Söhne hatten ihr zugesetzt, weil sie wussten, dass ihr Vater sich ihm Haus aufhielt, sie aber nicht zu ihm durften.
„Zu dem Zauberer auf den Ebelsberg. Wir haben es lange hinausgeschoben, doch jetzt ist es so weit. Selbst in Helmstedt gab es seit Tagen keinen Gnomangriff mehr.“
„Wann bist du zurück?“, fragte Amilana. Es war ihr deutlich anzusehen, dass sie seine Ankündigung nicht unberührt ließ, sie aber entschlossen war, ihre Angst nicht zu zeigen.
„Acht bis zehn Tage“, antwortete Agnus und musterte sie prüfend.
„Acht!“, bestimmte sie. „Ich sagte dir doch, dass ich ein kleines Fest ausrichten will. Aber ich hätte mir denken können …“
„Das hab ich nicht vergessen“, erwiderte Agnus schnell. „Es ist schließlich dein Geburtstag.“ Der schuldbewusste Ausdruck in seinen Augen strafte seine Worte Lügen.
„Philip hat auch Geburtstag. Er feiert seinen Eintritt ins Mannesalter.“ Sie zwinkerte Philip zu und er lächelte zurück. Seit seiner Ankunft auf dem Erses Berg betrachtete er täglich stolz den dunklen Flaum an seinem Kinn, der während seiner langen Reise dort gewachsen war. Immer wieder schabte er ihn runter, in der Hoffnung, dass er bald kräftiger nachwuchs. In wenigen Tagen würde er ein Mann sein und die Haare am Kinn schienen das zu unterstreichen.
„Das ist ein Grund, ein großes Fest zu feiern.“
„Ich werde mich im Hintergrund halten und der Herrin Amilana die
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