Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson
dauert. Eines Tages werden unsere Verwandten meine Botschaft erhalten und wissen, dass wir sie hier auf der Erde erwarten. Sie werden zurückkehren, und ich hoffe, dass wir ihrer dann wert sein werden, so mächtig sie vielleicht dann auch sein mögen.«
Alvin schwieg und starrte in eine Zukunft, die er vorbereitet hatte, aber vielleicht nie sehen würde. Während die Menschen ihre Welt wieder aufbauten, würde dieses Schiff das Dunkel zwischen den Galaxien durchbrechen, und nach Tausenden von Jahren wieder zurückkommen. Vielleicht war er dann noch hier, um es zu empfangen, aber auch wenn das nicht der Fall war, würde er damit zufrieden sein.
»Ich glaube, du handelst klug«, sagte Jeserac. Dann stieg zum letzten Mal das Echo einer alten Furcht in ihm auf. »Aber nimm einmal an«, fügte er hinzu, »dass das Schiff mit Wesen in Berührung kommt, denen wir nicht begegnen wollen …«
Er verstummte, als er den Ursprung seiner Furcht erkannte, und ein missbilligendes Lächeln bannte den letzten Schatten der Invasoren.
»Du vergisst«, sagte Alvin, den Einwand ernster nehmend, als Jeserac erwartet hatte, »dass uns bald Vanamonde helfen kann. Wir wissen nicht, welche Kräfte er besitzt, aber alle Leute in Lys scheinen zu glauben, dass sie praktisch unbegrenzt sind. Nicht wahr, Hilvar?«
Hilvar antwortete nicht sofort. Es stimmte, dass Vanamonde ebenfalls ein großes Rätsel, das Fragezeichen hinter der Zukunft der Menschheit war, solange er unter ihnen weilte. Schon jetzt wurde Vanamondes Entwicklung durch seine Berührung mit den Denkern von Lys wesentlich beschleunigt. Sie hegten große Erwartungen über eine zukünftige Zusammenarbeit mit dem kindlichen Superverstand, weil sie glaubten, die Äonen seiner natürlichen Entwicklung abkürzen zu können.
»Ich bin mir nicht ganz sicher«, gestand Hilvar. »Irgendwie, glaube ich, sollten wir nicht allzu viel von Vanamonde erwarten. Wir können ihm zwar jetzt helfen, aber bezogen auf seine gesamte Lebensspanne werden wir nur ein ganz kurzes Ereignis sein. Ich glaube nicht, dass seine Bestimmung letzten Endes mit unserem Schicksal verquickt ist.«
Alvin sah ihn überrascht an.
»Und wie kommst du darauf?«, fragte er.
»Ich kann es nicht erklären«, sagte Hilvar. »Es ist nur ein Gefühl.« Er hätte noch etwas hinzufügen können, aber er schwieg. Diese Dinge waren nicht mitteilbar, und obgleich Alvin über seinen Traum nicht gelacht hätte, wollte er doch nicht einmal mit seinem Freund darüber reden.
Es war mehr als ein Traum, das wusste er, und er würde ihn immer verfolgen. Irgendwie war er in seinen Verstand gedrungen, während der unbeschreiblichen Berührung mit Vanamondes Verstand. Ob Vanamonde wohl selbst wusste, was sein Schicksal für ihn bereithielt?
Eines Tages würden die Energien der Schwarzen Sonne vergehen und ihren Gefangenen freilassen. Und dann, am Ende des Universums, würden sich Vanamonde und das Irre Gehirn unter den erloschenen Sternen gegenüberstehen.
Der sich daraus ergebende Kampf würde vielleicht den Vorhang über der Schöpfung für immer zerreißen. Aber er hatte nichts mit den Menschen zu tun – sein Ausgang würde ihnen für immer verborgen bleiben …
»Schaut!«, sagte Alvin plötzlich. »Das wollte ich euch zeigen. Versteht ihr, was das bedeutet?«
Das Raumschiff schwebte über dem Pol, und die Erde unter ihnen bildete eine vollkommene Halbkugel. Als sie auf den Dämmerungsgürtel hinabblickten, konnten Hilvar und Jeserac im selben Augenblick Sonnenaufgang und Sonnenuntergang auf den sich gegenüberliegenden Seiten der Welt sehen. Das Schauspiel schien ihnen so symbolhaft und war so eindrucksvoll, dass sie es ihr Leben lang nicht vergaßen.
In dieses Universum brach die Nacht herein; die Schatten dehnten sich einem Osten entgegen, der keine neue Dämmerung kannte. Aber anderswo waren die Sterne noch jung, und das Morgenlicht erwachte; auf dem Weg, den er einst zurückgelegt hatte, würde der Mensch eines Tages wieder vorwärtsschreiten.
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