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Die Tage des Gärtners - vom Glück, im Freien zu sein

Titel: Die Tage des Gärtners - vom Glück, im Freien zu sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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seine Familie davon abgehalten haben, sich um seinen Teil des Gartens zu kümmern. Denn der Zustand dieses Teils war noch erbärmlicher als der des anderen: Hier wuchs nichts mehr. Hier war nur noch Steppe. Abgestorbenes Moos, trockenes Gras. Ein anschauliches Beispiel dafür, was in diesen Breiten mit einer vernachlässigten Fläche geschieht, die man sich selbst überlässt, oder der Natur, wenn man so will: sie stirbt.
    Von Natur aus, wie gesagt, wächst im Garten nichts. Nicht einmal Unkraut.
    Es sind aber nicht nur die Pflanzen, die unter der Vernachlässigung leiden und vergehen. Es ist auch der Boden selbst, der darbt.
    Ich habe im Lauf der Zeit gelernt, dass der Boden in meinem Garten nicht von gleichmäßiger Qualität ist. Bindige und nichtbindige Abschnitte wechseln sich ab. Feinschluff mit Grobsand, Mittelschluff mit Feinsand, Grobschluff mit Mittelsand, wie auch immer, es ist von außen nicht immer gut zu erkennen, aber in der Zeit des zurückweichenden Eises sieht man zum Beispiel, wo das Wasser steht, wo der Boden träger taut und wo die Zwiebeln schon durchs lockere Erdreich stoßen. Bodenkunde, Sie sehen das schon, ist ein Fach für sich. Greifen wir auf DIETRICHS ENZYKLOPÄDIE DER GARTENKUNST von 1860 zurück. (Der vollständige Titel lautet übrigens: »ENZYKLOPÄDIE DER GESAMMTEN NIEDEREN UND HÖHEREN GARTENKUNST . Eine ausführliche und auf die neuesten Erfahrungen begründete Vorstellung der Obst Gemüse Blumen und Landschafts Gärtnerei, des Weinbaues und der Treiberei in allen ihren Formen nebst Belehrung über die zu den verschiedenen Zweigen der Gärtnerei dienenden Bauwerke und Geräthe; Lebensbeschreibung der um die Gartenkunst und Pflanzenkunde verdienten Männer; Erläuterung der botanischen Systematik; Erklärung der in der Horticultur vorkommenden fremden und deutschen technischen Ausdrücke, so wie der üblichen Abkürzungen; Anweisung zur Abhaltung ober Vertilgung der schädlichen Ti ere etc. Unter Mitwirkung von Gelehrten und Fachmännern, bearbeitet und herausgegeben von L. F. Dietrich« )
    Darin steht also: »Boden nennt man die obere lockere Erdschicht der Aecker u. Gärten, so weit dieselbe gepflügt oder gegraben werden kann, oder auch wohl, so weit sie von den Wurzeln unsrer Kulturgewächse durchdrungen wird. Sie besteht der Regel nach in einer Mischung sehr verschiedenartiger Stoffe. Die Hauptbestandtheile dieser Mischung sind Kiesel-, Thon- u. Kalk-, zuweilen auch Bittererde, mit Eisentheilen und andern Stoffen in größerer oder geringerer Menge verbunden. Außer diesen einfachen Stoffen enthält aber der Boden, wenn er anders zur Hervorbringung nützlicher Gewächse tauglich sein soll, noch eine sehr zusammengesetzte Materie, welche man Dammerde oder Humus nennt u. die vorzüglich aus verwesten thierischen oder pflanzlichen Bestandtheilen besteht.«
     
    Boden, das ist eine Mischung aus Kiesel-, Ton-, Kalk- und Humus-Erde. Und wenn Sie im Garten was wachsen lassen wollen, muss die Mischung einigermaßen stimmen.
     
    Keine Sorge, Sie müssen davon nicht viel verstehen. Wenn es Ihnen Spaß macht, können Sie sich ein Set zur chemischen Analyse ihres Bodens kaufen. Ist ein bisschen wie Chemiebaukasten für Erwachsene und wenn es naturwissenschaftlich interessierte Kinder im Haus gibt, kann das vielleicht ganz lustig sein. Aber im Ernst brauchen Sie das nicht, es sei denn, sie wollen eine so anspruchsvolle Pflanze wie die Kamelie kultivieren, die keinen kalkhaltigen Boden verträgt – abgesehen davon, dass die Pflanze den Winter in nördlichen Breiten ohnehin nicht überlebt.
     
    Es genügt, wenn Sie den Boden durch die Hände gleiten lassen, daran riechen, ihn zwischen den Fingern zerreiben.
     
    Sie merken dann schon, womit Sie es zu tun haben: Sand, Mergel, Lehm, Ton, Humus – kühle, feuchte Erde liegt schwer in Ihren Händen, feiner Staub färbt die Rillen ihrer Fingerkuppen, säuerlicher Geruch des Tons mischt sich mit dem modrig-pilzigen des Humus, und der tote Sand rieselt Ihnen teilnahmslos durch Ihre Finger.
     
    Am südlichen Ende des Gartens fand ich den Boden zum Beispiel als grauen, toten Staub vor. Da war kein Leben drin und es wuchs auch nichts darauf. Verwitterter Boden ist das, alt und tot. Ich wusste vorher gar nicht, dass es das gibt. Man denkt immer, die Erde lebt. Von wegen. Ich habe das Zeug aufgegraben und in die Furche alles hineingeworfen, was ich finden konnte: Blätter und Gras und alte Äpfel und gemahlene Rinden. Ich habe es mit Wasser

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