Die Terranauten 077 - Angriffsziel Perculion
zur Bekämpfung der Sporen abkommandiert. Sie hat den Auftrag, einige Sporenexemplare zur wissenschaftlichen Untersuchung einzusammeln. Ich bin sicher, daß wir binnen kurzem geeignete Methoden zur Neutralisierung dieser unerfreulichen Einflüsse finden werden. Bis dahin ist die Situation jedoch äußerst ernst, da ein Ausfall der Energieversorgung unsere Tätigkeit zum völligen Erliegen bringen müßte.«
Melwine nickte. »Ich verstehe. Wann können wir uns über zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen zur Vereitlung etwaiger Treiberaktionen verständigen?«
Die dunkelhäutige Queen runzelte andeutungsweise die Stirn. Anscheinend hielt sie nichts von der Einmischung eines Schattens in ihre dienstlichen Kompetenzen; bei ihrem hohen Rang war das nachfühlbar. »Welche Legitimation besitzen Sie?« hieß prompt ihre Gegenfrage.
Melwine gedachte, keine Fehler zu begehen. Allein die Tatsache, daß sie – anders als Schatten aus Führungskadern – keine Multisensorische Maske trug, stellte unübersehbar klar, daß sie einer Queen im Kommandanten-Dienstgrad nicht in ihre Angelegenheiten zu pfuschen hatte. Wenn sie etwas erreichen wollte, mußte sie es wohl oder übel zu einer positiven Zusammenarbeit mit der Queen bringen. »Ich kann eine Theta-Legitimation vorweisen«, antwortete sie wahrheitsgemäß. »Selbstverständlich kann also meinerseits nicht von Priorität die Rede sein. Mein allgemeiner Status als Schatten befugt mich jedoch dazu, Ihnen unter besonderem Hinweis auf die Vorgänge im Finstermann-Bereich meine Einstufung als zeitweilige Adjutantin mit Beraterfunktion zu empfehlen.«
»Sie dürfen mir Bericht erstatten«, sagte Nugade, ohne sich auf irgend etwas festzulegen. »Die Raumüberwachung wird Ihrem Schiff Parkorbitkoordinaten übermitteln. Melden Sie sich bei mir.«
Unverständliches Genuschel kam über Melwines Lippen, als die Verbindung endete. Mit ihrer Vorgesetzten wäre die Kommandantin nicht so umgesprungen. Darin erblickte Melwine Knyvett einen Ansporn zum Ehrgeiz. Bestimmt bot sich hier – wo die Arroganz einer Queen das Erkennen der Bedrohung, die von den Treibern ausging, tendenziell behinderte – eine Chance zu herausragender, beförderungsträchtiger Betätigung. Sie verfolgte die feste Absicht, ihre Karriere zum Maßstab ihres Handelns zu machen. Mit einer Frau wie ihr im Führungsstab der Schatten wäre der Cosmoralität am allerbesten gedient.
An einen Schwarm kosmischer Sporen verschwendete sie unterdessen keinen Gedanken.
*
Aus den Aufzeichnungen Llewellyns 709
Nach der Operation im Finstermann-Bereich war ich ziemlich runter mit den Nerven. Die ganze Zeit hindurch hatte ich, während die Aktion lief, einen völlig anderen Plan gehabt, ohne mich irgendwem anvertrauen zu können. Dime Mows Verdacht, unter uns müsse ein Verräter sein, hatte mir sehr zu denken gegeben. Deshalb zog ich kurzerhand insgeheim einen Schlußstrich unter alles, was wir bis dahin gemeinsam zur Durchführung des Kommandounternehmens vereinbart und geplant hatten. Aber darüber nicht sprechen zu dürfen – daran bin ich fast verrückt geworden!
Und dank einiger glücklicher Umstände hatte mein ad hoc gefaßter Plan Erfolg. Zweiundzwanzig KK-Schlepper weniger – das betrachtete ich als schweren Schlag gegen die Kaiserkraft-Raumfahrt und ihre Folgen. Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich noch nichts vom wahren Umfang der Gefahr für die Menschheit.
Doch eins nach dem anderen. Kurz vor unserer Flucht aus der Finstermannstation hatte ich eine merkwürdige telepathische Mitteilung irgendeines psionisch hochbegnadeten Superwesens erhalten, das die Tätigkeit der Grauen anscheinend nicht nur im Finstermann-Bereich beobachtete – denn ich empfing das Gedankenbild eines exzentrischen Dreisonnensystems, in dem etwas vorgehen mußte, was dem Allen mißbehagte. Wenigstens schlußfolgerte ich das aus den Begleitschwingungen der gedanklichen Übertragung, die das Gefühl menschlicher Trauer nachzuahmen versuchten. Für meine Begriffe lag es auf der Hand, daß die Grauen dabei waren, sich mit ihren Kaiserkraft-Raumern auch dort einzunisten.
Ich fertigte aus der Erinnerung eine ungefähre grafische Darstellung des Dreiersystems an – das gedankliche Bild hatte sich meinem Gedächtnis bemerkenswert gut eingeprägt, ein erstaunlicher Sachverhalt, den ich sicherlich nicht meinem eigenen Ego zuzuschreiben habe – und legte sie zur Koordinatenermittlung dem Bordcomputer der IRMINSUL vor. Ich ging davon aus, daß ein
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