Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison
achtlos hatte fallen lassen, glättete sie und legte sie gefaltet in den Schrank. Wie es aussah, musste ich mich auf einen weiteren schwülen Tag gefasst machen. Mit Rücksicht auf meine Position wählte ich ein würdig aussehendes Kleid aus weißem Leinen und dazu ein blaues Überkleid, dessen Saum ein Pasticcio aus kleinen Blüten zierte. Die Stickerei
war zwar etwas kümmerlich geraten, da ich nie sehr geschickt mit der Nadel umgehen konnte, aber da diese Fertigkeit von jeder Frau erwartet wurde, ganz gleich, wo ihre Begabung lag, hatten mir zumindest die trügerisch schönen Blüten der Giftpflanzen die mühevolle Stichelei erleichtert.
Rasch kleidete ich mich an, flocht mein Haar und steckte den Zopf rund um den Kopf fest. Dann stürzte ich mich ohne Rücksicht auf meinen knurrenden Magen mit Eifer in meine neuen Pflichten. Als Erstes machte ich mich auf die Suche nach dem Hauptmann der condottieri , um die Maßnahmen durchzugehen, die mein Vater zur Sicherheit des Haushalts und seiner Bewohner angeordnet hatte. Selbst kleinste Mengen an fester oder flüssiger Nahrung, die in den Palazzo geliefert wurden, und jeder Gegenstand, der voraussichtlich mit dem Kardinal oder einem der Familienmitglieder in Berührung kam, musste auf das Sorgfältigste nach Herkunft und Beschaffenheit geprüft werden. Diese Arbeit erforderte die volle Unterstützung des Hauptmanns und seiner Wachen.
Vittoro Romano stand im Hof vor der Waffenkammer, die in einem entfernten Flügel des Palazzo untergebracht war. Dort befand sich auch die Unterkunft der Söldner. Etwa ein Dutzend junger Männer hatten ein paar Bänke ins Freie gezogen, wo sie ihre Waffen und Ausrüstungen polieren und obendrein ein Auge auf die hübschen Dienerinnen haben konnten, die immer neue Gründe fanden, um Wäschekörbe oder Vorräte auf schwingenden Hüften über den Hof zu tragen. Ein paar Katzen dösten in der Sonne und hoben nur kurz den Kopf, um die Tauben anzustarren, die sich jedoch in sicherer Entfernung hielten. Seit Tagen hatte
es nicht mehr geregnet, und der Himmel hatte sich gelblich verfärbt, wie das im römischen Sommer häufig der Fall war. Trotz der Pflasterung war der Hof voller Staub. Ich sah, wie ein kleiner Wirbel aufstob, durch die Luft tanzte und nach ein paar Drehungen auf Vittoros Stiefel niedersank.
Der Hauptmann schien von alledem nichts zu bemerken. Er war ein mittelgroßer, mürrisch dreinschauender Mann Mitte fünfzig, der den Eindruck vermittelte, als ob er nicht sonderlich an dem interessiert sei, was um ihn herum vorging. Wer jedoch dumm genug war, sich von seiner vermeintlichen Gleichgültigkeit täuschen zu lassen, konnte sich glücklich schätzen, wenn er lange genug lebte, um seinen Fehler zu bereuen.
Vittoro Romano sprach gerade mit einigen seiner Männer, doch als er mich erblickte, schickte er sie fort. Ich zögerte kurz und fragte mich, wie er sich gegenüber einer jungen Frau verhalten würde, die für ihre Position im Hause Borgia getötet hatte. Zu meiner Erleichterung begrüßte er mich mit einem herzlichen Nicken.
» Buongiorno , Donna Francesca. Ich bin froh, Euch bei bester Gesundheit zu sehen.«
Ich schloss daraus, dass er die Entscheidung des Kardinals zumindest nicht missbilligte. Schließlich hätte Il Cardinale mir auch die Kehle durchschneiden und meinen Leichnam in den Tiber werfen lassen können, oder wie auch immer er sich sonst missliebige Personen vom Hals schaffte. Trotzdem machte ich mir keine Illusionen darüber, dass der übrige Haushalt genauso dachte. Sicher war die alte Frau, die mich als Hexe beschimpft hatte, mit ihrer Meinung nicht allein.
Mit ernster Miene sah ich den Hauptmann an und war mir der beobachtenden Blicke seiner Söldner wohl bewusst.
»Vielen Dank, capitano . Mir geht es ebenso. Falls es Euch genehm ist, würde ich gern die Sicherheitsmaßnahmen durchsprechen.«
Er deutete eine Verbeugung an und richtete sich dann mit einem leisen Schmunzeln auf.
»Das überrascht mich. Wollt Ihr etwa Änderungen vornehmen? «
»Im Gegenteil. Ich möchte nur sichergehen, dass niemand das Vertrauen, das der Kardinal in mich setzt, als Schwäche deutet. Sollte das der Fall sein, so bleibt mir keine Wahl, als es demjenigen übel zu nehmen.«
»Wie übel?«, fragte Vittoro, wobei mir sein Zwinkern nicht entging. Er kannte mich, seit ich unter dem Dach des Kardinals lebte, und hatte mich von einem ungelenken Kind zu einer etwas weniger ungelenken jungen Frau heranwachsen sehen. Zusammen mit
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