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Die Toten von Crowcross

Die Toten von Crowcross

Titel: Die Toten von Crowcross Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Mc Dowall
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uniformierten Truppe, Alan Slingsby und seine Geschäfte aus tiefstem Herzen verabscheuten. Sie hassten es, wenn seine Anwälte sie vor Gericht schlecht dastehen ließen (was nicht selten vorkam), weil sie wieder einmal ihre Notizen nicht fanden oder eine Schlafmütze der anderen widersprach. Ihnen war zuwider, dass seine Mandanten stets auf »nicht schuldig« plädierten und, wenn eben möglich, ein Geschworenengericht wollten . Und Vorurteile hatten nun mal die unangenehme Angewohnheit, um sich zu greifen, sodass selbst kompetente Leute wie DS Kerr in Slingsby mittlerweile den Satan persönlich und den Hauptfeind des CID sahen. Jacobson dagegen, der die Dinge wie immer gern etwas anders betrachtete, mochte ihn.
    Wahrscheinlich würden sie sich oben im vierten Stock, in Slingsbys Büro, unterhalten. Von dem großen Erkerfenster aus konnte man das Gerichtsgebäude sehen, das gleich ums Eck am Clarence Square lag. Jacobson zog den Fahrstuhl dem großzügigen marmornen, viktorianisch anmutenden Treppenhaus, das die Entkernung überlebt zu haben schien, vor. Er hatte der ungezwungen zuvorkommenden Empfangsdame nicht gesagt, warum er Slingsby zu sprechen wünsche, wusste er doch, dass Slingsby nicht annehmen würde, er wolle ihm einen Höflichkeitsbesuch abstatten; es war klar, dass es einen triftigen Grund geben musste. So hatte die Empfangsdame auch nur gesagt, »Alan« freue sich, ihn zu begrüßen; allerdings müsse er noch zu einer Konferenz nach Wolverhampton und sei auf den Zug um zehn Uhr fünfunddreißig gebucht.
    Er ließ Slingsby die Sekretärin um Kaffee bitten und wartete, bis sie in den bequemen Sesseln Platz genommen hatten; erst dann rückte er mit der schlechten Nachricht heraus. Slingsby hatte ein Gesicht, das sich am besten als professionell ausdruckslos beschreiben ließ und von dem Gedanken oder Gefühle abzulesen äußerst schwierig war – normal erweise, aber heute war es anders. Jacobson sah, wie so gut wie alle Farbe aus ihm wich.
    »Sind Sie sicher, Frank?«, sagte Slingsby nach einer langen Pause leise.
    Keine ernsthafte Frage. Er hatte nur etwas sagen, seinen Verstand wieder in Gang setzen wollen. Jetzt stand er auf, holte einen zwölf Jahre alten Glenmorangie aus dem Mahagonischrank seitlich vom Schreibtisch, schüttete sich einen großzügigen Schluck ein und winkte mit der Flasche zu Jacobson hin.
    »Nein, danke«, sagte Jacobson. »Mir reicht eine Tasse Kaffee.«
    Slingsby trank, schenkte sich noch einmal kräftig nach und setzte sich wieder. Jacobson hatte ihm nur das Wichtigste gesagt: dass Grove mit einem Kopfschuss getötet und von seiner Freundin gefunden worden war. Es war noch zu früh, entschied er, um Slingsby mit den eher unappetitlichen Einzelheiten des Mordes zu belasten.
    »Sie haben nicht zufällig eine Zigarette? Ich rauche zwar nicht mehr, aber …«
    Jacobson sagte nein, er rauche auch nicht mehr, seit ein paar Monaten schon.
    »Schade. Diese verfluchten Gesundheitsapostel, am Ende kriegen sie uns alle, einen nach dem anderen.« Slingsby rang sichtlich um Fassung.
    »Sie sind also in Verbindung geblieben?«, fragte Jacobson.
    In der Ecke tickte eine alte Standuhr vor sich hin. Mit römischem Zifferblatt. Der Name des Herstellers war auf einem Schild unten am Sockel zu lesen: Knight and Gibbins, London. Es war eine Minute vor zehn.
    Slingsby nahm einen weiteren Schluck, bevor er antwortete.
    »Ja, das sind wir. Gewissermaßen. Aber Martin war kein normaler Mandant.«
    »Gewissermaßen?«
    »Er war ein ungewöhnlicher Mensch Ể Es war nicht leicht, mit ihm zu reden, und er war auch keine einfache Gesellschaft. Intensiv, Frank, immer sehr intensiv.«
    Slingsbys Sekretärin brachte eine Kanne frischen Kaffee herein und bot ihnen eine Tasse an. Slingsby schüttelte den Kopf, aber Jacobson sagte: »Ja, bitte«, und nahm auch einen Spritzer Sahne. Er wartete, bis die Sekretärin wieder gegangen war.
    »Wie oft haben Sie sich...?«
    »Das kann ich so nicht sagen, aber in meinem Terminkalender könnte ich es nachsehen. Vielleicht sechs, sieben Mal, seit er entlassen wurde. Wobei ich die Zeit unmittelbar nach der Entlassung nicht mitzähle.«
    »Als er bei Ihnen wohnte, meinen Sie?« Plötzlich erinnerte Jacobson sich wieder daran.
    Slingsby nickte. »Nachdem seine Mutter gestorben war, hatte er draußen niemanden. Nur diese Irre, die ihn heiraten wollte.«
    »Und? Haben sie?«
    Stück für Stück kam Jacobson die Martin-Grove-Geschichte wieder in Erinnerung, wenn auch nicht mit

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