Die Tuer zur Zeit
noch jemand war?
Jason hatte es sofort begriffen, schon in dem Moment,
als sie die Koffer aus dem Auto geladen und im Hof abgestellt hatten. Und da war noch etwas anderes. Manchmal
kam es ihm so vor, als führten die Möbel der Villa Argo
ein Eigenleben, als würden sie sich bewegen, wenn niemand im Zimmer war, um an ihre angestammten Plätze
zurückzukehren.
»Jason!« Ein Schrei riss ihn aus seinen Gedanken.
Plötzlich stand seine Schwester hinter ihm und zog ihn
am Ärmel. »Trödel nicht rum! Wir müssen raus!«
»Äh, was? Wohin?« Da Jason keinen blassen Schimmer
hatte, was seine Schwester von ihm wollte, und ihm klar
war, dass er Julia niemals von der Existenz eines Gespensts im ersten Stock überzeugen konnte, folgte er ihr.
Plötzlich fiel ihm wieder ein, was an diesem Nachmittag auf dem Programm stand: Ihre Eltern wollten nach
London fahren, um die letzten Vorbereitungen für den
Umzug zu treffen. Am Sonntagvormittag würden sie zur
Villa Argo zurückkehren und den Möbelwagen herlotsen. Bis dahin durften Jason und Julia alleine in der Villa
bleiben – unter der Voraussetzung, dass sie dem Gärtner
bedingungslos gehorchten.
Damit ihnen die Zeit nicht zu lang wurde, hatten sie
Rick Banner zu sich eingeladen, einen Jungen aus dem
Dorf, den sie vor Kurzem in der Schule kennengelernt
hatten.
Die Zwillinge liefen ins Freie.
Von einem blauen, hier und da mit Wolken garnierten
Himmel schien heiß die Sonne. In der Ferne konnte man
über dem Horizont eine zarte weiße Linie erkennen.
»Hast du jemals darüber nachgedacht, warum der
Himmel weiß wird, bevor er das Meer berührt?«, fragte
Jason plötzlich seine Schwester.
»Nein«, erwiderte Julia und rollte mit den Augen.
Sie sprang die vier Stufen, die zur Haustür führten, mit
einem Satz hinunter und landete auf dem Rasen.
Jason folgte ihr. Plötzlich blieb er jedoch ruckartig stehen und drehte sich zu den Fenstern im ersten Stock um.
Er hatte gehofft, das Gespenst überraschen zu können,
aber im Haus war niemand zu sehen.
Nestor hörte sich geduldig an, was ihm Mrs Covenant
mitzuteilen hatte. Als sie aber »Punkt acht« sagte, entschloss er sich sie zu unterbrechen.
»Hören Sie, ich bin kein Kindermädchen. Und ich
glaube auch nicht, dass Julia und Jason all das anstellen
können, was Sie gerade aufgezählt haben. Sie bleiben
schließlich nur einen Nachmittag weg!«
»Und einen Abend«, ergänzte sie. »Wie ich gerade
sagte, Mister Nestor ...«
Mr Covenant versuchte den Vortrag seiner Frau abzukürzen, indem er auf die Hupe drückte.
»Einen Augenblick bitte!«, rief sie verärgert.
Nestor nutzte seine Chance. »Machen Sie sich mal
keine Sorgen. Die Zwillinge werden den ganzen Nachmittag lang mit ihrem Freund das Haus erkunden und
heute Abend so müde sein, dass sie zwölf Stunden durchschlafen.«
»Aber hören Sie doch ...«
»Nein, entschuldigen Sie, hören Sie mir jetzt bitte zu.
Es ist bald Sommer und der Garten muss mal wieder
gründlich in Ordnung gebracht werden. Ich richte Ihren
Kindern aus, was sie tun und was sie lieber lassen sollen.
Und vielleicht kann ich sie dazu überreden, mir mit den
jungen Pflanzen aus dem Gewächshaus zu helfen. Mehr
kann ich leider nicht machen, schließlich sind sie ja schon
groß. Und hier gibt es absolut nichts, was ihnen gefährlich werden könnte.«
Mrs Covenant fuchtelte mit den Händen herum, weil
sie wieder etwas sagen wollte, aber Nestor fuhr unbeirrt
fort: »Machen Sie sich bitte keine Sorgen ...«
»Sie kennen Jason nicht ...«, flüsterte Mrs Covenant.
Sie unterbrachen das Gespräch, weil die Zwillinge, die
sich von ihrer Mutter verabschieden wollten, nun in Hörweite waren.
Jason lief rückwärts und behielt die ganze Zeit das
Haus im Auge. Deswegen sah er auch nicht den Gartenschlauch auf der Erde liegen. Er stolperte darüber und
musste in der Luft eine halbe Pirouette drehen, um nicht
rücklings auf den Kiesweg zu fallen.
»Sehen Sie, was ich meine?« Mrs Covenant seufzte.
Nestor kratzte sich den weißen Bart. »Dass er ein
sportlicher Junge mit schnellen Reflexen ist?«
Julia umarmte ihre Mutter stürmisch. Dann beugte sie
sich durchs Autofenster, um ihrem Vater einen Kuss zu
geben. Jason winkte zerstreut, er war in Gedanken ganz
woanders.
»Ich verlasse mich auf euch!«, ermahnte Mrs Covenant
die Zwillinge ein letztes Mal, während sie ins Auto einstieg. »Tut das, was Mister Nestor euch sagt und seid
schön
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