Die Türen seines Gesichts

wurde, schließlich Luft atmete. Irgendwo hoch in den Baumwipfeln hörte ich eine Stimme.
    „Er kommt zu sich.“
    Meine Entwicklung setzte sich fort, Homo sapiens zuerst, und dann ein erbärmliches Überbleibsel.
    „Noch nicht aufstehen.“
    „Haben wir ihn?“
    „Er wehrt sich noch, aber er hängt am Haken. Wir dachten, er hätte dich als Horsd’oeuvre verspeist.“
    Das dachte ich auch.
    „Atme das ein und halt den Mund.“
    Ein Trichter wurde über mein Gesicht gestülpt. Gut. Hebt die Tassen, trinkt …
    „Er war verdammt tief. Außer Sichtweite. Wir haben ihn erst ausgemacht, als er hochkam. Und da war es zu spät.“
    Ich begann zu gähnen.
    „Wir bringen dich jetzt ’rein.“
    Jetzt hatte ich das Messer freigemacht, das an meinem rechten Knöchel befestigt war.
    „Das kannst du ja versuchen. Aber dabei wirst du einen Daumen los.“
    „Du mußt ausruhen.“
    „Dann bringt mir ein paar Decken. Ich bleibe hier.“
    Ich fiel zurück und schloß die Augen.
     
    Jemand rüttelte mich wach. Kälte, Düsternis, Scheinwerfer flackerten gelb über das Deck. Ich lag auf einer improvisierten Pritsche, gegen die Mittelkuppel gelehnt. Mich schauderte, obwohl ich dick in Wolle gehüllt war.
    „Es geht schon seit elf Stunden. Du wirst jetzt nichts sehen.“
    Ich schmeckte Blut.
    „Trink das.“
    Wasser. Ich wollte schon etwas sagen, brachte es aber nicht über die Lippen.
    „Frag mich nicht, wie ich mich fühle“, krächzte ich. „Ich weiß, was jetzt kommen muß, aber frag mich nicht. Einverstanden?“
    „Einverstanden. Willst du jetzt hinunter?“
    „Nein. Holt mir meine Jacke.“
    „Hier.“
    „Was macht er?“
    „Nichts. Er ist tief unten, er ist betäubt, aber er bleibt unten.“
    „Wann hat er sich das letzte Mal gezeigt?“
    „Vor zwei Stunden etwa.“
    „Jean?“
    „Sie läßt keinen in den Gleiter. Hör zu, Mike sagt, du sollst hereinkommen. Er ist hinter dir in der Kuppel.“
    Ich setzte mich mühsam auf und sah mich um. Mike sah zu. Er winkte; ich winkte zurück.
    Dann schwang ich die Beine von der Pritsche und atmete ein paarmal tief durch. Mein Magen schmerzte. Schließlich stand ich auf und schaffte es bis zur Kuppel.
    „Wie geht’s denn?“ wollte Mike wissen.
    Ich gab keine Antwort, sondern sah auf den Monitor. Kein Ikky. Zu tief.
    „Gibst du einen aus?“
    „Ja, Kaffee.“
    „Was anderes!“
    „Du bist krank. Außerdem ist hier nur Kaffee zugelassen.“
    „Kaffee ist eine braune Flüssigkeit, die einem den Magen verbrennt. Hast du nichts in deiner Schublade?“
    „Keine Tassen. Du mußt ein Glas nehmen.“
    „Schlimm.“
    Er schenkte ein. „Du machst das gut. Du hast wohl für den Job geübt?“
    „Was für einen Job?“
    „Der, den ich dir angeboten …“
    Ein Flecken auf dem Monitor!
    „Steigt auf, Ma’am! Kommt!“ schrie er in die Box.
    „Danke, Mike, ich hab’ ihn hier auch“, kam es von ihr aus dem Gleiter zurück.
    „Jean!“
    „Halt den Mund! Sie hat jetzt keine Zeit!“
    „War das Carl?“
    „Ja“, rief ich. „Später“, und schaltete ab.
    „Warum hab’ ich das getan?“
    „Warum hast du das getan?“
    Ich wußte es nicht.
    „Ich weiß nicht.“
    „Verdammtes Echo!“ Ich stand auf und ging hinaus.
    Nichts. Nichts.
    Oder?
    „Zehn-Quadrat“ schwankte tatsächlich! Er mußte kehrtgemacht haben, als er den Rumpf sah, umgekehrt sein. Weißes, brodelndes Wasser zu meiner Linken. Ein endloses spaghettiähnliches Durcheinander von Kabeln verlor sich in der alles verschlingenden Tiefe.
    Ich blieb eine Weile stehen, drehte mich dann um und ging wieder hinein.
    Zwei Stunden krank. Vier, dann ging’s besser.
    „Das Mittel fängt zu wirken an.“
    „Fein.“
    „Was ist mit Miß Luharich?“
    „Was soll denn sein?“
    „Sie muß halbtot sein.“
    „Wahrscheinlich.“
    „Und was wirst du unternehmen?“
    „Sie hat doch den Vertrag unterschrieben. Sie hat doch gewußt, was passieren konnte. Jetzt ist es passiert.“
    „Ich glaube, du könntest ihn herausziehen.“
    „Das glaube ich auch.“
    „Sie glaubt das auch.“
    „Dann laß sie uns doch fragen.“
    Ikky trieb betäubt in dreißig Faden Tiefe.
    Ich machte wieder einen kleinen Spaziergang und kam wie zufällig hinter dem Gleiter vorbei. Sie sah nicht hin.
    „Carl, komm ’rein.“
    Augen wie Picasso, eine Verschwörung, mich in den Gleiter zu holen …
    „Ist das ein Befehl?“
    „Ja – nein! Bitte.“
    Ich rannte hinein, sah auf den Monitor. Er fing an, aufzusteigen.
    „Schieben oder