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Die Türen seines Gesichts

Die Türen seines Gesichts

Titel: Die Türen seines Gesichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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Verbindungen zwar abreißen, aber dann war es schon zu spät.
    Als mein mechanischer Aal angeschlossen war, legte ich die Schalter um und sah zu, wie er wuchs. Ich hatte etwa eineinhalb Minuten gebraucht, um ihn zu befestigen, und war in dieser Zeit noch tiefer hinuntergezogen worden. Ich war ganz nahe, zu nahe an dem Ort, wo ich nie sein wollte.
    So ungern ich zuerst mein Licht eingeschaltet hatte, so sehr hatte ich jetzt Angst davor, es wieder abzuschalten. Panik ergriff mich, und ich packte mit beiden Händen das Kabel. Der Zappler begann rosarot zu glühen und sich hin und her zu winden. Er war doppelt so groß wie ich und zweifellos auch doppelt so attraktiv für Lebewesen, die rosa Zappler fressen. Das redete ich mir ein, bis ich es fast glaubte, dann löschte ich die Lampe und begann den Aufstieg.
    Falls ich mit etwas enorm Großem, Stahlhäutigem zusammenstoßen sollte, hatte mein Herz Anweisung, sofort zu schlagen aufzuhören und mich freizugeben, damit ich mich angsterfüllt für ewig jenseits des Acherons verbergen konnte.
    Aber so weit kam es nicht. Ich erreichte grünes Wasser und floh zurück ins Nest.
    Meine erste Frage war: „Wo ist er?“
    „Nirgends“, sagte ein Matrose, „wir haben ihn gleich wieder verloren. Jetzt finden wir ihn nicht mehr. Er muß getaucht sein.“
    „Schade.“
    Der Zappler blieb unten und vergnügte sich an seinem Bad. Meine Arbeit war für den Augenblick getan. Ich ging zurück, um mich bei Kaffee mit Rum aufzuwärmen.
    Hinter mir ein Flüstern: „Könntest du nach so einem Tauchmanöver lachen?“
    Tiefgründige Antwort: „Kommt drauf an, worüber er lacht.“
    Immer noch grinsend, begab ich mich mit zwei Tassen voll Kaffee in die Mittelkuppe.
    „Immer noch so scharf?“
    Mike nickte. Seine großen Hände zitterten. Aber die meinen waren ruhig wie die eines Chirurgen, als ich die Tassen hinstellte.
    Er sprang auf, als ich mich aus meinen Tanks schälte und nach einer Bank Ausschau hielt.
    „Tropf nicht auf das Schaltbrett! Willst du dich umbringen und diese teuren Sicherungen hinausjagen?“
    Ich trocknete mich ab, setzte mich dann und starrte das leere Auge an der Wand an. Ich gähnte zufrieden; meine Schulter schien so gut wie neu.
    Der kleine Lautsprecher knackte, jemand wollte mit uns reden. Also legte Mike den Schalter um und wartete.
    „Ist Carl dort, Mr. Dabis?“
    „Ja, Ma’am.“
    „Ich will mit ihm sprechen.“
    Mike winkte mir zu.
    „Bitte“, sagte ich.
    „Alles in Ordnung?“
    „Ja, danke. Warum?“
    „Das war ziemlich weit. Ich – ich glaube, ich habe zu weit ausgeworfen.“
    „Schon gut“, sagte ich. „Das bringt dreifachen Lohn. Mir soll’s recht sein.“
    „Nächstes Mal werde ich besser aufpassen“, entschuldigte sie sich. „Ich war wohl zu aufgeregt. Tut mir leid …“ Irgend etwas passierte mit dem Satz, also hörte sie einfach auf, und mir blieb ein Sack voll Antworten übrig, die ich mir zurechtgelegt hatte.
    Ich nahm die Zigarette hinter Mikes Ohr weg und zündete sie an der an, die im Aschenbecher lag.
    „Carl, sie wollte nett sein“, sagte er, nachdem er einen Blick auf die Skalen geworfen hatte.
    „Ich weiß“, nickte ich. „Aber ich nicht.“
    „Ich meine, sie ist wirklich ein nettes Mädchen, angenehm, freundlich. Dickschädelig natürlich, aber was hat sie dir eigentlich angetan?“
    „In letzter Zeit?“ fragte ich.
    Er sah mich an und ließ dann den Blick wieder auf seine Tasse sinken.
    „Ich weiß, daß es mich nichts – “, begann er.
    „Milch? Zucker?“
     
    I kky ließ sich an diesem Tag nicht mehr blicken, und in der Nacht auch nicht. Wir empfingen von Lifeline etwas Dixieland, die Saintes marschierten munter vor sich hin. Jean nahm ihr Abendessen im Gleiter ein und verlangte später auch nach einer Pritsche. Ich schaltete den „Deepwaterblues“ auf ihren Lautsprecher, als er aus Lifeline hereinkam, und wartete, daß sie uns ausschimpfte. Aber sie rührte sich nicht, also vermutete ich, daß sie schlief.
    Dann überredete ich Mike zu einem Schachspiel, das bis zum Morgengrauen dauerte. Ich beschränkte die Unterhaltung auf einige „Schach“, ein „Schachmatt“ und ein „verdammt“! Da Mike ein schlechter Verlierer ist, reduzierte das unsere Konversation auf ein Mindestmaß, und das war mir nur recht so. Zum Frühstück verschlang ich ein Steak mit Bratkartoffeln und ging dann zu Bett.
    Zehn Stunden später rüttelte mich jemand wach. Langsam richtete ich mich auf, weigerte mich aber, die Augen

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