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Die unsichtbare Pyramide

Titel: Die unsichtbare Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Womöglich würde er ins Wanken kommen, wenn er sein Wissen mit ihnen teilte? Nein, beschloss Pedro in Gedanken, es wird besser sein, ihnen nichts von dem blauen Licht und den seltsamen Trugbildern zu erzählen. Und das grüne Dreieck hatte er ja gründlich mit Schnee zugedeckt.

 
    2
    Das Geschenk der Feen
    Trimundus
     
     
     
    »Sie werden uns nichts tun, Tolo«, murmelte Beorn. Auf ihrem Weg durch den Wald wiederholte er ständig diese Worte, fast wie eine Beschwörungsformel. Der Böttcher von Annwn war ein abergläubischer Mann. Seine Hand umklammerte die Zügel eines Pferdes, das nicht im Geringsten beunruhigt wirkte. Nach Beorns Dafürhalten war der alte Tolo ein ausgesprochen dickfelliger Gaul. Das Tier schleifte ein fast leeres Gestell durch den Wald, das zum Transport von Holz vorgesehen war. Übers Jahr gerechnet wagte sich Beorn drei- oder viermal so nahe an die Blutquelle heran, auf keinen Fall öfter. Am liebsten hätte er diesen magischen Ort ganz gemieden, wie es die anderen Dorfbewohner taten, aber hier wuchsen nun mal die besten Eichen für seine Fässer. Oberhalb der Quelle besaß er einen versteckten Unterstand zum Trocknen des Holzes und dorthin führte er sein Pferd.
    Der Böttcher betrachtete sorgenvoll die roten und gelben Herbstblätter, die im Sonnenlicht prachtvoll glühten. Ihre Schönheit war für ihn ein Vorbote des nahen Winters. Er, Beorn, würde seinen gesamten Holzvorrat plündern, zu Gefäßen verarbeiten und auf den Markt tragen müssen, um sich selbst, Idana und das Vieh vor dem Hungertod zu bewahren. Hoffentlich fanden sich genügend Käufer für seine Bottiche, Kübel und Tröge. In diesen Zeiten ständiger Bedrohung durch die Kriegslords hielten die Menschen ihre Ersparnisse eisern zusammen. Wer kauft heute schon ein neues Gurkenfass, wenn er morgen vielleicht um sein Leben laufen muss?, fragte sich der Handwerker und seufzte laut: »Wie tief ist Trimundus gesunken!«
    Er drehte sich zu Tolo um, als erwarte er von dem Hengst eine Bestätigung, aber der behäbige Braune glotzte seinen Herrn nur aus großen dunklen Augen an. »Keine Sorge, mein Alter, sie tun uns nichts«, erneuerte Beorn sein Versprechen. Der Gaul schnaubte – fast hörte es sich wie ein abfälliges Lachen an. Der Böttcher sah sich aus den Augenwinkeln um. Ohne es zu merken, umklammerte er den Griff der Axt noch fester. Seine Sorge galt nicht so sehr den Wegelagerern – selbst die hielten sich von diesem Gehölz fern –, sondern den uralten Herrinnen des Waldes. Man erzählte sich, unter der Oberfläche des roten Wassers liege der Eingang zu jenem Feenreich, dem das nahe gelegene Dorf seinen Namen verdankte. Andere Zeitgenossen sagten dagegen, das Tor zu Annwn befinde sich in der benachbarten »Weißen Quelle« oder auf dem Hügel, der über beiden aufrage. Ebenso gingen die Meinungen in Bezug auf die Gutmütigkeit der geisterhaften Wesen auseinander. Zwar hielten die Dorfbewohner sie im Allgemeinen für gütig und hilfsbereit, aber einige auch für launisch und – hatte man so eine Fee erst auf dem linken Fuß erwischt – überaus gefährlich. Sie konnten Menschen in Bäume, Steine oder Krähen verwandeln, hieß es. Wie auch immer, Beorn würde es niemals wagen, eine Eiche im Wald der Feen zu fällen, ohne ihnen zuvor ein Opfer dargebracht zu haben.
    »Du willst ihnen ja nichts stehlen. Ganz bestimmt lassen sie dich in Frieden!«, beteuerte er seine Unschuld, versuchte ein Lied zu pfeifen, aber es kam kein rechter Ton heraus. Beorn hatte immer mit Respekt von den Feen gesprochen und in ihrem Wald nie eine Schlinge gelegt oder sonst wie ein Tier erjagt. Er vergewisserte sich, ob das Mehl noch auf Tolos Schlitten lag, und atmete erleichtert auf, als er das kleine Bündel sah. Das Opfer war nicht gerade üppig, aber für ihn und seine Frau alles, was sie erübrigen konnten. »Die Feen werden es verstehen«, flüsterte Beorn und blieb plötzlich wie versteinert stehen.
    Es war kein kraftvoller Fluch der ansässigen Waldgeister, der ihn hatte erstarren lassen, sondern ein eher schwaches Niesen. Beorn drehte sich zu Tolo um. »Warst du das?«
    Das Pferd glotzte nur stur seinen Herren an und sah dabei aus, als könne es kein Wässerchen trüben.
    Der Böttcher schüttelte den Kopf. »Nein, du Fleischberg wärst gar nicht imstande, derart zarte Laute von dir zu geben… Warte hier, ich bin gleich zurück.«
    Beorn ließ das Pferd samt Transportgestell stehen und schlug sich in die Büsche. Wenn ihn nicht alles

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