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Die verbotene Pforte

Die verbotene Pforte

Titel: Die verbotene Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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bohrten, doch alles, was er hörte, war ein tiefes Rauschen. Unter Wasser öffnete er die Augen, die Lider flatterten in Wellenbewegungen. Das Salzwasser brannte höllisch, aber immerhin erkannte er, wo oben und wo unten war. Unter ihm, umrahmt von nachtblauer Unendlichkeit, flitzte ein schattiger Körper dahin, kam höher und höher – der Umriss eines riesenhaften, regenbogenbunten Hais. Luftbläschen nahmen Tobbs die Sicht, als er doch schrie. Im Reflex atmete er Wasser ein, hustete – was mit Wasser natürlich nicht funktionierte –, dann kam die Panik. In diesem Augenblick stieß der Hai gegen ihn und schubste ihn an die Wasseroberfläche. Der Druck presste Tobbs das Wasser aus der Lunge. Direkt vor ihm erhob sich eine gläserne Rückenfinne und Tobbs griff danach wie ein Ertrinkender – nun, genau genommen war er sogar einer. Seltsamerweise schoss ihm der Gedanke durch den Kopf: Wie soll ich mich mit Pfoten festhalten?
    Doch seine Pfoten waren Hände. Hustend und prustend holte er Luft, würgte, während er über das Meer dahinschoss – surfend auf einem Hairücken aus schimmerndem Wasser, an Anguanas Faden hängend wie ein Fisch an der Angel.
    Kleine Inseln, die wie Pilze aus dem Wasser wuchsen, huschten an ihm vorbei, doch was ihn zog, konnte er nicht erkennen. Er sah nur eine gewaltige Bugwelle, die sich am Horizont hochschob.
    Blinzelnd in der Gischt blickte er nach rechts und erlebte ein seltsames Déjà-vu:
    Wie vor einigen Tagen (oder waren es Wochen?) auf dem Kurierpferd preschte er an Wanja vorbei. Sie stand auf einer der kleinen Inseln, einen Hammer mit halb abgebrochenem Griff in der Hand, und starrte ihn fassungslos an. Neben ihr stand Maui mit offenem Mund und vor Verblüffung aufgerissenen Augen. Vor der Insel schaukelte ein flaches Boot, an dem sie sich offenbar gerade zu schaffen gemacht hatten.
    »…obbs!«, hörte er noch Wanjas Stimme. Ein weiterer Schwall Gischt klatschte ihm mitten ins Gesicht, dann wurde er weiter über das Wasser gezogen.
    Das Ungetüm oder was immer das auch sein mochte, verlor offenbar den Kurs, begann im Zickzack zu schwimmen und reduzierte das Tempo, während der Hai, auf dessen Rücken Tobbs lag, sich allmählich verwandelte. Die Finne schrumpfte weg – stattdessen lag Tobbs nun auf dem Rücken einer gewaltigen Wasserschildkröte. Endlich ließ auch der Druck an seinem Handgelenk nach und Anguanas Faden sank lose in die Tiefe. Seine Finger waren blaurot angelaufen und geschwollen, so sehr hatte der Faden das Blut abgeschnürt.
    Die Schildkröte drehte den Kopf und warf ihm einen Blick aus transparenten Augen zu. Danach zerfloss sie einfach. Der Panzer löste sich unter seinen Händen und Knien auf. Tobbs schnappte geistesgegenwärtig nach Luft – und sank.
    Die Stille war tödlich, nichts hielt ihn mehr, nur eisiges Entsetzen umklammerte ihn. War dies das Ende? Würde er nun doch ertrinken? Tobbs wünschte sich mit aller Macht, dass etwas geschah.
    Diesmal ging es schon einfacher und das dunkle Wesen, das er war, erschien ihm nicht mehr fremd. Er vertraute sich ihm an und der andere Tobbs in ihm begann die Arme zu bewegen.
    Wenige Augenblicke später fand er sich an der Wasseroberfläche wieder. Paddelnd wie ein schwimmendes Tier. Es war einfach unglaublich: Er (oder das dunkle Wesen, das er zur Hälfte war) konnte schwimmen! Elegant sah es zwar nicht aus, aber immerhin blieb er an der Oberfläche! Instinktiv bewegte er Arme und Beine, paddelte weiter und japste und knurrte dabei. Mit letzter Kraft erreichte er eine Insel, kroch auf allen vieren auf den löchrigen, scharfkantigen Pilz und schüttelte sich. Fast erwartete er, Klauen vor sich zu sehen, aber es waren nur seine Hände – zerschrammt und eine davon bläulich verfärbt. Der Faden war immer noch fest an seinem Handgelenk verknotet und führte in einem schlaffen Bogen ins Wasser vor der Insel.
    »Anguana!«, flüsterte Tobbs. Dann kippte er um.

MAKAHUNA
    Erst hielt er es für einen bösen Traum, aber nach und nach nahm er wahr, dass ihm jemand immer und immer wieder mit der flachen Hand unsanft auf die Wange klatschte.
    »Tobbs! Aufwachen!«
    Wanja. Sie war es wirklich! Er lächelte und öffnete die Augen. Maui beugte sich über ihn.
    »Ist er wieder da?«
    »Das will ich meinen«, sagte Wanja streng. »Diesen Kerl kann man nicht einmal auf einer Insel aussetzen! Schlimmer als ein Sack voller Flohfrösche. Was hast du angestellt, Tobbs? Was war das für eine Welle, die dich durch die

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