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Die verbotene Pforte

Die verbotene Pforte

Titel: Die verbotene Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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Knochen irgendwelcher Reisenden.
    Mako tauchte in das Wasser der Lagune, ein schwarzer Schatten, der mit unglaublicher Geschwindigkeit in die Mitte des Beckens schoss und in der Tiefe verschwand. Tobbs nahm den Faden und wickelte ihn auf. Endlich war ein Widerstand zu spüren. Er zog, einmal, zweimal, warnend und nachdrücklich, doch eine Reaktion erfolgte nicht. Noch einmal zerrte er mit aller Kraft, rutschte aus und fiel hintenüber, als etwas Schweres haarscharf neben seinem Ohr vorbeizischte und ein paar Meter entfernt im Sand aufschlug. Tobbs krümmte sich instinktiv zusammen, während er gleichzeitig mit einer Mischung aus Angst und Erleichterung die Holztruhe neben sich sah und dabei wusste: Wärst du nicht gestolpert, hätte sie dich erschlagen!
    Viel Zeit, das Wurfgeschoss zu betrachten, blieb Tobbs allerdings nicht. Er registrierte nur, dass die Truhe rot lackiert war. Kaum zu glauben, dass sie so viele Jahre im Wasser gelegen haben sollte. Vielleicht wirkte sich das heilende Wasser des Atolls auch auf Gegenstände aus?
    Mako zog sich an Land. Vor Gier vergaß er, dass er auch Beine haben konnte, und wälzte sich – halb Hai, halb Mensch – zur Truhe. Ungeduldig schlug er seine Zähne hinein. Das Holz krachte und splitterte. Tobbs’ Herz setzte einen Schlag aus, als der Haigott wenige Augenblicke später in die Truhe griff und einen Lederlappen hervorholte.
    Anguana hat es nicht geschafft!, schoss es ihm durch den Kopf. Doch diese Tatsache war nicht halb so schlimm wie der nächste Gedanke: Ihr ist etwas passiert! Tränen stiegen Tobbs in die Augen, er konnte nichts dagegen tun, dass er heulte. Er war schuld!
    Mako grinste zu ihm herüber und klappte das Leder auf. »Ja, heul nur«, sagte er hämisch. »Deine Macht hast du verloren, denn jetzt gehört das Heer der Toten mir.«
    Tobbs schloss die Augen, öffnete sie wieder und hätte am liebsten laut herausgelacht, denn zum Vorschein kam … Anguanas Messer mit der abgebrochenen Spitze!
    Die Erleichterung ließ seine Knie so weich werden, dass Tobbs in den Sand sackte, als hätte er keine Knochen mehr. Mako lachte triumphierend, hob das Messer hoch – und verschlang es. Das war wohl die Art der Haie, von etwas Besitz zu ergreifen.
    »Du hast gewonnen«, sagte Tobbs heiser. Schwankend kam er auf die Beine und verbeugte sich tief. »Nun bist du der Herr über meine Geister.« Mit einem Seitenblick auf die Schädel fügte er hinzu: »Sie werden sich bei dir melden, sobald sie … bereit sind.« Rückwärtsgehend zog er sich zurück. »Und ich werde mich wieder Mauis Gefolgschaft anschließen.«
    Doch Makos Lächeln ließ keinen Zweifel daran, dass er von Tobbs’ Idee überhaupt nichts hielt.
    »Das wirst du nicht«, zischte er. Dann stürzte er sich auf Tobbs.
    In diesem Augenblick geschah zweierlei:
    1.) Tobbs verlor sich selbst. Es fühlte sich an, als wäre etwas Großes, Dunkles in seinem Inneren aufgesprungen und hätte den erschrockenen Tobbs einfach ungeduldig zur Seite geschubst. Er wusste, sein Rücken war nicht mit Haaren bewachsen, aber nun fühlte er sie, sie sträubten sich, er fletschte die Zähne, und in einem Winkel seines Bewusstseins konnte er sich für einen Moment selbst sehen: leuchtende Raubtieraugen, umgeben von Schwarz. Und Krallen, die den Sand aufwühlten, als er sprang und den Gott ins Leere laufen ließ. Die Schwanzflosse traf ihn mit voller Wucht und das Ding, in das Tobbs sich verwandelt hatte, schlug seine Zähne in das gummiartige Haifleisch. Mako heulte laut auf. Diesmal schwangen Überraschung und … Angst? … in seiner Stimme mit. Und er hätte sich bei seinem blitzartigen Herumwerfen seinerseits in Tobbs verbissen, wäre nicht
    2.) passiert.
    Zweitens hieß, dass Tobbs mit einem Ruck durch den Sand geschleudert wurde. Seine Schulter knackste bedenklich und ein schneidender Schmerz fuhr ihm durchs Handgelenk. Der Himmel zischte über ihm dahin, eine Sandwolke hüllte ihn ein. Und dann, nach einem schrecklichen, ekelhaft nassen Aufprall: Wasser.
    Anguanas Faden zog ihn hinaus aufs offene Meer. Ein Korallenblock streifte seine Schulter, dann wurde das Wasser schlagartig kühler. So ruckartig, als würde ein Pferd unter Wasser galoppieren und ihn hinter sich herschleifen, ging es weiter. Das konnte unmöglich Anguana sein! So schnell konnte sie nicht schwimmen. Und mit solcher Kraft? Tobbs’ Herzschlag hämmerte in seinen Ohren. Jeden Augenblick erwartete er Haifischzähne zu spüren, die sich in seine Waden

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