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Die verbotene Pforte

Die verbotene Pforte

Titel: Die verbotene Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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Staub- und Steinpartikelchen an ihren Platz zurückbefehlen. Aber sobald ihr das Land der Domaner betreten habt und ich die Tür und die Wand hinter euch wieder magisch verschließe …«
    »Wir gehen!«, bestimmte Tobbs, obwohl ihm ganz flau im Magen war. Er blickte sich nach Anguana um. Ihre blauen Augen leuchteten in dem staubigen Gesicht, sie nickte ihm ermutigend zu. Doch daran, wie ihre Hände zitterten, während sie eine kleine Öllampe und ein Päckchen Zündhölzer aus ihrem Reisebeutel holte, sah Tobbs, dass auch ihr die ganze Sache nicht geheuer war.
    Wenn schon magische Geschöpfe wie Anguana sich fürchteten, hatte er doppelten Grund dazu.
    Doch jetzt gab es kein Zurück mehr. Vor über dreizehn Jahren waren seine Eltern wahrscheinlich durch genau diese Tür in die Taverne spaziert und ohne ihn wieder fortgegangen. Er konnte jetzt unmöglich aufgeben und wieder in seine Schlafkammer über den Ställen zurückkehren, als wäre nichts gewesen!
    »Also los!«, sagte Anguana und rückte näher an Tobbs heran.
    »Uhrenvergleich«, forderte er den Hausgeist auf und schob seinen rechten Ärmel zurück. An seinem Handgelenk prangte eine echte Kostbarkeit, die er erst vor einer Woche beim Pokern gewonnen hatte: die Armbanduhr von Baba Jaga. Sie bestand aus winzigen Knochen und Mäusezähnchen, die sich bei jedem Sekundenticken klackernd ineinander verzahnten und drehten. Ein Meisterstück rusanischer Uhrmacherkunst mit Datumsanzeige – und außerdem absolut stoßfest und wasserdicht.
    »Heute ist der 30. September, 4.20 Uhr und … 37 Sekunden«, sagte er zu Domovoj.
    Der Hauskobold konsultierte mit einem raschen Blick die abenteuerlich aussehende Wanduhr, die direkt über der Tür zur Kellertreppe hing. Sie war ein Souvenir aus dem Land Lumenai und bestand aus warziger Krötenhaut und sechzig im Kreis angeordneten Krötenaugen, die sich im Sekundentakt nacheinander öffneten und schlossen. Als Zeiger dienten die mumifizierten Finger einer Moorleiche. Zu allem Überfluss pulsierte das ganze Ding ab und zu, als würde es Luft holen.
    Merkwürdigerweise liebte Dopoulos, Tobbs’ Ziehvater und Wirt der Taverne am Rand der Welten, diese Scheußlichkeit jedoch sehr. Und selbst Tobbs konnte ihm nicht widersprechen, wenn er argumentierte, dass in der Taverne gute Uhren gebraucht wurden.
    »Hast du alles verstanden oder sollen wir es noch einmal durchgehen?«, fragte Tobbs.
    Domovoj richtete sich kerzengerade auf und sah ihn beleidigt an. »Sehe ich aus, als hätte ich Motten im Hirn?«, zischte er.
    »Du meine Güte, krieg dich wieder ein!«, sagte Anguana. »Er wollte dich nicht beleidigen. Wir müssen nur sichergehen, dass alles nach Plan verläuft und bei unserer Rückkehr das Timing stimmt.«
    »In genau zwanzig Tagen zur selben Zeit öffne ich das Tor wieder«, giftete Domovoj. »Was soll daran schwer sein? Das könnte sich ja sogar dieser dämliche, vergessliche Geist des Bades merken. Aber ich kann nicht garantieren, dass ich die Tür lang genug offen lassen kann. Besonders, wenn die Herrschaften sich verspäten. Also seht gefälligst zu, dass ihr pünktlich seid!«
    Anguana drückte Tobbs’ Hand.
    »Bereit?«, fragte sie leise.
    Tobbs schluckte den Kloß in seinem Hals hinunter und nickte entschlossen. »Bereit!«
    »Na dann: Gute Reise!«, meinte Domovoj mit einem Kopfschütteln. Er hob beide Hände in die Luft wie ein Jahrmarktmagier und fuchtelte theatralisch in der Luft herum.
    Tobbs und Anguana traten mit einem großen Schritt über die Schwelle.
    In der Höhle umfing sie ein kühler Hauch. Es roch nach lehmiger Erde und ein wenig nach Hundehütte. Im flackernden Licht der kleinen Öllampe, die Anguana hochhielt, schienen die Kratzspuren an den Wänden bedrohlich zu tanzen.
    »Von da vorn kommt ein Luftzug«, wisperte Anguana.
    Von da vorn hieß: aus dem schwarzen, tiefen Tunnelloch, das das Ende des Ganges einfach verschluckte und wer weiß welchen Kreaturen Unterschlupf gewährte.
    »Nazad!«, hörten sie hinter sich den leise gemurmelten Zauberspruch des Hauskobolds.
    Gleich darauf flog ihnen Staub um die Nase, Holzsplitter erhoben sich wie eine wirbelnde Wolke und setzten sich in Windeseile wieder zu einer Tür zusammen.
    Der Rückweg war versperrt und es war finsterer denn je. Nur Anguanas winziges Öllämpchen flackerte verloren und schüchtern vor sich hin, als wollte es sagen: Ich bin gar kein richtiges Licht, also verlasst euch nicht auf mich.
    Und dann pustete ein überraschend starker

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