Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die verbotene Pforte

Die verbotene Pforte

Titel: Die verbotene Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
Vom Netzwerk:
Nacht. Natürlich sind sie für Menschen auch bei Tag gefährlich, aber bei Sonnenlicht lassen ihre Kräfte und ihre Magie deutlich nach. In der Stunde des Zwielichts können sie sich verwandeln und ihre Gestalt frei wählen: Mensch oder Tier. Bis zur nächsten Dämmerung müssen sie in der gewählten Gestalt verharren. Doch in der Dunkelheit sind sie, egal in welcher Gestalt, mächtiger als jeder Menschenkrieger.«
    »Und wie sehen sie als Tiere aus?«
    »Ihr werdet sie erkennen, wenn ihr sie in ihrer Tiergestalt seht«, antwortete die Dame geheimnisvoll.
    »Und in der Menschengestalt sind sie rote Krieger?«, meldete sich Tobbs zu Wort. »Mit Silberwaffen und Helmen mit schmalen Sehschlitzen?«
    Zum ersten Mal gönnte die Dame ihm einen gnädigeren Blick.
    »Ihr wisst also doch etwas über sie. Ja, es sind die gefährlichsten Krieger, die man sich vorstellen kann. Doch das ist kein Grund zur Sorge: Der Kaiser von Doman hat ein Abkommen mit ihnen geschlossen. Die Menschenstädte verschonen sie – auch bei Nacht.«
    Tobbs wollte noch weiterfragen, aber ein schrilles Wiehern fuhr ihm durch Mark und Bein. Der Wagen hopste mörderisch hart über einige krumme Wegplanken und beschleunigte schaukelnd die Fahrt. Langsam, aber sicher wurde Tobbs seekrank, und auch Anguanas Gesicht zeigte eine grünliche Blässe.
    »Und die Himmelhunde?«, fragte sie tapfer. »Was für Geschöpfe sind das? Ebenfalls Raubtiere?«
    »Oh nein«, sagte die Dame. »Die Himmelhunde sehen so aus.« Sie deutete auf das Fenster.
    Tobbs blickte nach links und prallte mit einem Schrei zurück. Auf diese Weise riss ihm die rote Klaue, die sich durch das Fenster in den Innenraum streckte, nur ein kleines Büschel Haare aus. Ein rotes Gesicht grinste ihn mit gefletschten Zähnen an. Es gehörte einem bemerkenswert hässlichen Geschöpf mit einer wulstigen Nase, die so lang war, dass sie weit über die Lippen herausragte. Augen wie glühende Feuerkreise starrten in die Kutsche, und die riesigen Rabenflügel am buckligen Rücken hielten das Wesen in der Luft.
    Im nächsten Moment gab die Kutsche Schub und das Wesen blieb zurück. Für ein oder zwei Sekunden. Dann schlugen Krallen in das Wagendach, Füße schleiften auf dem Holz, Nägel kreischten, während sie sich verbogen.
    Die Dame lachte, steckte zwei Finger in den Mund und stieß einen schrillen Pfiff aus.
    »Festhalten!«, rief sie.
    Und dann gab der Karren richtig Gas.
    Tobbs bekam kaum mit, wie das Dach wegflog, wie die Seitenwände brachen, wie ihm verblüffte Holzwürmer und Sägespäne um die Ohren flogen. Er wusste nur, dass er plötzlich auf dem Boden der Kutsche kniete – Anguana und er klammerten sich aneinander und duckten sich vor den geflügelten Ungeheuern, während die Kutsche um sie herum Stück für Stück zerfiel wie ein Kartenhaus, dessen einzelne Teile davonflatterten.
    Die Dame hatte sich erhoben. Die langen Ärmel ihres blauen Kleides knatterten im Wind wie Banner. Im Gegensatz zu Tobbs hatte sie keinerlei Probleme, auf dem Höllengefährt die Balance zu halten. Aufrecht und völlig ruhig stand sie da und trotzte dem Wind.
    Den Himmelhunden machte es offenbar einen Heidenspaß, das Gefährt auseinanderzunehmen. Sie tobten durch die Lüfte, spielten Fußball mit einzelnen Brettern, sprangen auf sie und surften darauf durch die Luft. Nun sah Tobbs auch, dass sie Gewänder trugen, die am ehesten zu Mönchen gepasst hätten.
    Ein Schlag warf Tobbs und Anguana hoch, seine Knie fühlten sich an, als hätte jemand dagegengetreten. Schmerzblitze tanzten vor seinen Augen.
    Dann brach der Boden weg.
    Sie schrien auf und retteten sich im letzten Augenblick auf den Sitz. Unter ihnen sauste der Kutschenboden ins Nirgendwo. Anguanas Haar hatte sich gelöst und flatterte im Wind. Bei diesem Anblick stießen die Himmelhunde ein begeistertes Geheul aus und wurden noch wilder.
    Tobbs tastete nach seiner Axt, doch bei dem Gerumpel wurde jeder Versuch, sich nur mit einer Hand festzuhalten, mit einem Schleudertrauma geahndet. Zwischen wehenden grünblonden Strähnen konnte Tobbs Anguanas kämpferisch funkelnde Augen erkennen.
    »Zu … den … Pferden!«, befahl sie.
    Dazu hätte Tobbs einiges zu sagen gehabt, aber in diesem Augenblick tauchte ein rotes Gesicht unter dem Wagen auf und grinste durch das Trümmerloch im Kutschenboden. Die Dame holte mit ihrem langen Ärmel aus und schwang ihn wie einen Schleuderriemen. Im nächsten Augenblick wurde das Wesen von einer schneidend scharfen Welle

Weitere Kostenlose Bücher