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Die Vergessenen Welten 16 - Die Drachen der Blutsteinlande

Titel: Die Vergessenen Welten 16 - Die Drachen der Blutsteinlande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.A. Salvatore
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hatte keinen vollständigen Satz von sich geben können, ohne innezuhalten und Luft zu holen.
    Im Geist wich er vor der Erinnerung an diesen Tag zurück, wandte sich Belrigger und Tosso-posh zu, dem zahnlosen, stoppelgesichtigen Idioten, der mehr Zeit unter Belriggers Vordach verbrachte als Belrigger selbst.
    Tosso-posh erschien ihm in vielen schnell hintereinander aufzuckenden Bildern, stets mit diesem lüsternen Grinsen und stets über ihn gebeugt, stets nach ihm greifend. Selbst die Worte des Mannes kehrten nun wieder, in Sätzen, die Artemis viel zu oft gehört hatte.
    »Ich bin der Bruder deines Papa-hal.
    Du kannst mich Onkel Tosso nennen.
    Was ich mache, wird dir gefallen, Junge.«
    Entreris Gedanken wichen angewidert vor diesen Bildern, diesen Worten zurück, noch mehr als vor dem letzten Bild seiner Mutter.
    Zumindest das hatte Belrigger nie getan, hatte ihn nie durch die Gassen gejagt, bis die Beine des Jungen von der Anstrengung schmerzten, hatte sich nie neben ihn gelegt, wenn er zu schlafen versuchte, hatte nie versucht, ihn zu küssen oder zu berühren. Belrigger hatte ihn kaum zur Kenntnis genommen, es sei denn, um ihm wieder einmal Prügel zu verabreichen oder ihn mit Schimpfwörtern und Flüchen zu belegen.
    Er konnte nur annehmen, dass er für seinen Vater eine gewaltige Enttäuschung gewesen war. Was sonst hätte den Mann so gegen ihn aufbringen können? Belrigger fand den zierlichen Artemis peinlich – und er war wütend, weil er den Jungen durchfüttern musste, obwohl er Artemis nie mehr gegeben hatte als eine alte Brotkruste oder andere Reste, wenn er selbst mit dem Essen fertig war.
    Und selbst seine Mutter hatte sich von ihm abgewandt, hatte das Gold genommen ...
    Die Arme des dicken Kaufmanns boten keine Wärme und keinen Trost.
     
    Entreri erwachte im Dunkeln. Er spürte kalten Schweiß überall, und die Decken klebten feucht an ihm.
    Seine Panik ließ nach, als er Calihyes stetigen Atem neben sich hörte. Er wollte sich aufsetzen und stellte überrascht fest, dass die magische Flöte auf ihm lag.
    Entreri griff nach dem Instrument und hob es vor die Augen, obwohl er in dem trüben Sternenlicht, das durch das einzige Fenster des Raums fiel, kaum etwas sehen konnte. So, wie die Flöte sich anfühlte – sowohl in seinen Händen als auch in der emotionalen Verbindung, die er in seinem Geist mit ihr eingegangen war –, war er sicher, dass es sich um das gleiche magische Instrument handelte.
    Er hielt einen Moment inne, um zu überlegen, wo er sie hingelegt hatte, als er zu Bett gegangen war ... auf den Rand des hölzernen Bettrahmens, erinnerte er sich, wo er sie leicht erreichen konnte.
    Also hatte er offenbar im Schlaf nach ihr gegriffen, und sie hatte ihm wieder diese Erinnerungen gebracht.
    Aber waren es überhaupt Erinnerungen?, fragte sich Entreri. Waren diese Bilder, die ihm so klar vor Augen standen, akkurate Erinnerungen an seine Kindheit in Memnon? Oder stellten sie eine teuflische Manipulation dieser unberechenbaren Flöte dar?
    Nein, er erinnerte sich deutlich an diesen Tag mit der Karawane, und er wusste, dass die von der Flöte verstärkten Bilder der Wahrheit entsprachen. Diese Erinnerung an Memnon, an diesen letzten, absoluten Verrat durch seine Mutter, hatte Artemis Entreri seit dreißig Jahren verfolgt.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Calihye leise, als er sich auf die Bettkante setzte. Er hörte, wie sie sich hinter ihm bewegte, dann spürte er sie an seinem Rücken, wie sie sich gegen ihn lehnte, und ihre Hand kam nach vorn, rieb seine Brust und zog ihn an sich.
    »Alles in Ordnung?«, fragte sie noch einmal.
    Seine Finger bewegten sich über das glatte Holz von Idarias Flöte. Er war nicht sicher.
    »Du bist angespannt«, stellte Calihye fest und küsste ihn auf den Nacken.
    Seine Reaktion zeigte ihr allerdings, dass er nicht in der Stimmung für solche Dinge war.
    »Ist es dein Zorn?«, fragte sie. »Denkst du immer noch daran? An den Zorn, der Artemis Entreri geschaffen hat?«
    »Du hast keine Ahnung«, erwiderte Entreri und warf ihr einen Blick zu, bei dem sie selbst im Dunkeln spüren konnte, dass sie auf diesem Terrain nicht willkommen war.
    »Zorn auf wen?«, fragte sie dennoch. »Auf was?«
    »Nein, kein Zorn«, verbesserte Entreri, und es war, als spräche er mehr mit sich selbst als mit ihr. »Abscheu.«
    »Abscheu?«
    »Ja«, antwortete Entreri, löste sich von ihr und stand auf.
    Er drehte sich zu ihr um. Sie schüttelte langsam den Kopf, dann stand sie

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