Die Wanderapothekerin 5: Gefährliche Wege (German Edition)
unterstützen.
Sie keuchte jedoch, als sie schließlich das Reff übernahm. »Länger als eine Stunde am Stück werde ich das nicht durchhalten. Du solltest es auch nicht tun, sonst kommst du noch zu Schaden.«
»Zu dumm, dass Herr Just nicht wenigstens die Arzneien für den Markt vorausschicken konnte.« Klara bleckte für einen Augenblick die Zähne, begriff aber selbst, dass sich dies für den Laboranten nicht lohnte. Eine kleine Kiste über Land transportieren zu lassen, kostete kaum weniger als eine große, und der Erfolg auf dem Markt war nicht vorhersehbar. Wenn zu wenig verkauft wurde, würden sie und ihr Onkel den Rest nach Hause zurücktragen müssen.
»So ist es dann doch besser«, meinte sie zu Martha, nahm dieser, als der Stundenschlag einer nahen Kirchenuhr aufklang, das Reff wieder ab und hielt schnurstracks auf das erste Dorf zu.
Mittlerweile hatte sie gelernt, wie sie ihre Salben, Essenzen und Elixiere anpreisen musste. Martha half ihr nach besten Kräften, und so verkaufte sie auch an dieser Stelle mehr, als sie erhofft hatte. Leider änderte dies jedoch noch nichts am Gewicht des Reffs. Die Riemen schnitten ein, und zum ersten Mal auf ihrem Weg hatte Klara das Gefühl, die Last nicht weiter schultern zu können.
»Komm, gib es mir! Ich bin doch etwas kräftiger als du«, bot Martha an.
Klara schüttelte den Kopf. »Erst nach dem nächsten Dorf. Bis dorthin werde ich es schon schaffen.«
»Herr Tobias hat recht! Du bist wirklich stur«, beschwerte Martha sich.
»Herrn Tobias kann wegen mir der Teufel holen«, entfuhr es Klara.
Martha sah sie feixend an. »Wirklich?«
Als Klaras Gesicht sich rötete, dachte sie sich ihren Teil. Offenbar war Klara der junge Bursche doch nicht so gleichgültig, wie sie immer tat. Von zu Hause gewohnt, dass körperliche Liebe auch ohne den Spruch eines Pfaffen zum Leben gehörte, wunderte es Martha, dass ihre Freundin sich gegen ihre Gefühle sträubte. Nach einer angenehmen Nacht mit einem so feinfühligen Burschen wie Tobias würde sie gewiss anders denken. Doch so, wie Martha Klara inzwischen kannte, würde es dazu nicht kommen.
»Worüber denkst du jetzt nach, weil du das Gesicht so verziehst?«, fragte Klara in Marthas Überlegungen hinein.
»Wenn du es genau wissen willst: über dich! Du bist viel zu verbissen! Man muss auch Freude am Leben haben. Aber wie du mir das deine geschildert hast, scheint es eine einzige Plackerei gewesen sein.«
»Eine Plackerei ist derzeit das Reff«, gab Klara brüsk zurück.
»Du hättest dich gestern erholen und ein wenig Freude haben können. Stattdessen bist du miesepetrig dagesessen und hast dem armen Herrn Tobias nur schnappige Antworten gegeben. Dabei mag er dich wirklich!«
»Pah!«, stieß Klara aus. »Herr Tobias mag vor allem Mädchen, die nachts zu ihm ins Bett schlüpfen.«
Martha musste lachen. »So ist das also! Du bist eifersüchtig. Das musst du wirklich nicht sein. Herr Tobias ist ein freundlicher junger Mann und kein Stiesel, der über eine Frau drüberrutscht und eins, zwei, drei fertig ist. Ich gebe zu, ich habe mich ihm einmal hingegeben, und es hat mir gefallen. Aber ich bin gewiss kein Mädchen auf Dauer für ihn.«
»Ich auch nicht! Und nun reden wir nicht mehr davon.« Klara ging trotz der schweren Last schneller, und so musste Martha sich beeilen, um hinterherzukommen.
Da ihre Freundin nun beharrlich schwieg, wurde es der einstigen Leibeigenen langweilig. Als sie einen Bach entlanggingen, in dem etliche Fische zu sehen waren, stieg sie ins Wasser und fing mehrere Forellen.
»Die werden uns heute Abend schmecken!«, meinte sie zufrieden.
»Irgendwann wird uns der Grundherr erwischen, und dann ergeht es uns beiden schlecht«, stöhnte Klara, konnte ihre Freundin jedoch nicht schelten, weil das nächste Dorf bereits in Sicht kam.
Martha ließ die drei Fische in ihrem Bündel verschwinden und winkte dem ersten Mann zu, den sie auf einem der Felder sah. »Gott zum Gruß! Die Wanderapothekerinnen aus Königsee sind da! Wir haben alle Heilmittel der Welt bei uns, vom ägyptischen Lebensbalsam angefangen bis zum Wurzelmännlein, das auch gegen Hexenkünste schützt.«
»Ich habe dir doch gesagt, es gibt keine Hexen!«, wies Klara ihre Freundin zurecht, doch die war in ihrem Element und versammelte innerhalb kurzer Zeit das halbe Dorf um sich. Während sie die ersten Salben und Tropfen verkauften, erklang Hufschlag auf. Ein vornehmer Herr in dunkelblauem Rock und gelben Kniehosen trabte auf das
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