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Auf der Suche nach Tony McKay

Auf der Suche nach Tony McKay

Titel: Auf der Suche nach Tony McKay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yt Genthe
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    Auf der Suche nach Tony McKay
     
     
    1.Teil – Auf dem platten Land
     
    Harry’s Bar
     
    Schon 20:00 Uhr. Auf der Straße ist der Nebel noch dichter geworden, so dies überhaupt möglich ist. Nebelsuppe, wie die eklige Selleriesuppe von Oma früher, mit Stücken darin. Dieser Nebel ist neu, er ist nicht wie der Nebel früher, der morgens dicht wie Erbsensuppe war und dann langsam aufklarte, so dass mittags die Sonne durchkam. Dieser neue Nebel beginnt am frühen Nachmittag, schleicht sich ein, ja man nimmt ihn eigentlich erst so gegen 16:00 Uhr wahr, und dann wird er langsam dichter und dichter, produziert nahezu solide Nebelklumpen, wie Selleriestücke eben, und breitet sich aus wie eine Depression. Gäbe es nur ein meteorologisches Äquivalent zu Prozac, dann könnte man damit vielleicht dem Nebel Paroli bieten, sich zur Wehr setzen, aber soviel ich weiß, gibt es derartiges nicht. Vielleicht in einem Labor in Langley, Virginia, aber sicher nicht in H. Und wenn es das gäbe, wäre ich sicher auch eine der letzten, die darüber informiert wären.
    Nicht nur hat der Nebel die Konsistenz von Selleriesuppe, er verschluckt auch alle Farben, erlaubt nur mehr in seinem alles einhüllenden grau-weiß ein hässliches gelb-orange der Neon-Leuchten. Deshalb ist es umso erstaunlicher als die Sache mit dem Gras-Auto passiert. Es taucht plötzlich auf, nicht nur das falsche Gras ist falsch in dieser Situation, auch die Farbe, es ist zu grün, viel zu grün, einmal natürlich weil das Gras nicht echt ist, zum anderen sollte der Nebel diese Farbe nicht zulassen. Ich brauche eine Weile, um mich von dem Schreck zu erholen: ein Mini, komplett verkleidet mit falschem Gras, der mich beinahe an einer grünen (Fußgänger!)ampel umgenagelt hätte.
     
    Als ich Harry’s Bar betrete, sehe ich Heiko an dem Tisch links im Fenster sitzen. Allein, wie üblich. Er hat eine Kaffeetasse vor sich stehen und ist über sein Handy gebeugt. Er blickt kurz auf, als er mich sieht, nickt mir zu und widmet sich wieder seinem Telefon. Ich gehe weiter und sehe dann auch schon Britta, ihre langen blonden Haare in einem Pferdeschwanz zusammengebunden, vor zwei Gläsern Wein sitzen – eines leer, das andere halbvoll (oder –leer, je nachdem).
    ‘Endlich,’ sagt sie, räumt ihre Tasche vom Stuhl und beginnt der Bedienung zu winken.
    ‘Du glaubst es nicht,’ sie leert den Rest des Glases in einem Zug, ‘der Arsch ist abgehauen, als ich gestern in Hamburg war und hat so ziemlich alles mitgenommen, was nicht niet- und nagelfest war und sich irgendwie zu Geld machen lässt!’
    Sie dreht sich um und winkt noch einmal in Richtung Tresen, etwas fordernder. Der Arsch ist Brittas Freund, jetzt vermutlich Ex-Freund. Diese Wendung der Dinge war abzusehen, wenn nicht unbedingt für Britta, so doch für alle, die von außen einen gewissen Einblick in die Beziehung hatten, sozusagen auf einer Plattform in sicherer Entfernung standen und sich das ganze wie einen billigen, zu Realität gewordenen Groschenroman anschauten.
    Die Bedienung kommt an unseren Tisch.   ‘Lass mich raten, noch zwei Gläser Wein, oder soll ich gleich die ganze Flasche bringen?’ fragt Rosa sarkastisch. Rosa ist mit uns zur Schule gegangen, allerdings hieß sie damals noch Sabine.
    ‘Seit wann fällt es in den Aufgabenbereich einer Bedienung, den Alkoholkonsum der Gäste moralisch zu kommentieren?’ erwidert Britta schnippisch. ‘Wenn du dir das zur Gewohnheit machst, dann seid ihr bald pleite.’
    ‘Nicht mein Problem,’ gibt Rosa zurück, dreht den Kopf zur Seite und schaut in Richtung Tür. Wie üblich sind ihre dunkelbraunen Haare unordentlich hochgesteckt und irgendwo in dem Gewirr steckt quer ein Bleistift. In einem anderen Leben, mit einer anderen Biographie wäre aus Rosa eines dieser streng aussehenden Fotomodelle geworden - doch so was passiert dir eben nicht, wenn du in H. bei Pflegeeltern aufwächst. Und diese Rosa hier schert sich einen Dreck um alles, was mit Mode zu tun hat. Heiko hat seinen Blick von dem Handy gelöst und verfolgt den Austausch.
    ‘Und eigentlich ist es auch nicht wirklich Harrys Problem, denn wenn der Laden hier pleite macht, dann schreibt er das ganze als Verlustgeschäft von der Steuer ab, macht den Laden unter ‘nem neuen Namen wieder auf, alle gehen zurück auf ‘Los’ und wir beginnen von vorne.’
    ‘Hi Rosa,’ sage ich, um die Situation ein wenig zu entspannen und uns eine Abhandlung über die Ungerechtigkeit der

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