Die Wanderapothekerin: Alle Teile des Serials in einem Band (German Edition)
verwandt waren.
Sie selbst wandte sich Klara zu. »Komm mit! Du hast gewiss Hunger und Durst.«
»Das stimmt zwar, aber ich würde mich gerne zunächst wieder umziehen. Diese Sachen passen nicht richtig, und es sind Verzierungen daran, die keinen Schaden nehmen sollten.«
»Bis deine Kleidung trocken ist, kriegst du von mir ein Kleid und deine Begleiterin ebenfalls!« Mit diesen Worten verließ Lene die Kate und winkte Klara und Martha, ihr zu folgen.
8.
L ene erwies sich als gute Gastgeberin. Die Männer sahen Klara und Martha nur beim Abendessen und am nächsten Morgen beim Frühstück. Den Erwerb der Arzneien überließen die Bauern ihren Frauen, und die kauften kräftig ein. Das Reff wurde erneut etwas leichter, und Marthas Prophezeiung, dass sie am Ende leer zur letzten Stadt gelangen würden, war wieder ein Stück wahrscheinlicher geworden.
Am liebsten wäre Klara bereits am nächsten Vormittag weitergezogen. Lene aber bat sie, bis zu Urtes Beerdigung zu warten. Da Klara sich als deren Enkelin ausgegeben hatte, erfüllte sie diese Bitte und weinte auch ein paar Tränen, weil sie gespürt hatte, wie sehnsüchtig die Frau bis zuletzt gehofft hatte, ihre Enkelin würde noch einmal zu ihr kommen.
»Menschen sind seltsam«, sagte sie nach der Beisetzung der Alten zu Martha. »Sie vergessen gerne, woher sie stammen, und sehen auf die herab, die in ihrem Herzen edler sind als sie selbst.«
»Ich brauche nur an Graf Benno zu denken, dann weiß ich, was du meinst«, antwortete ihre Freundin. »Doch wenn wir heute noch eine oder zwei Meilen schaffen wollen, sollten wir uns verabschieden und weiterziehen. Wenigstens regnet es nicht.«
Klara schmunzelte. In ihrer schlichten und ehrlichen Art hatte Martha ihr gerade erklärt, worauf es wirklich ankam. »Es ist gut, dass es nicht regnet. Dann trocknen die Wege ab, und wir kommen besser voran.«
Die Anspannung, die sie seit dem Vorabend in den Krallen gehalten hatte, fiel von ihr ab, und sie fühlte sich wieder frei. Lächelnd trat sie auf Lene zu und reichte ihr die Hand.
»Ich danke dir und den anderen Frauen für die Freude, die ich Urte noch bereiten konnte. Lebt wohl und auf Wiedersehen!«
»Mich würde es freuen!« Lene umarmte Klara und Martha und winkte hinter ihnen her. Im letzten Augenblick fiel ihr noch etwas ein, und sie legte die Hände wie einen Trichter um den Mund, damit ihre Worte noch gehört wurden.
»Seid vorsichtig! Hier treiben sich immer wieder Räuber herum, und zu den übelsten Schnapphähnen zählen der Galljockel und der Knüppelpeter. Die haben schon manchen Wanderer um sein Geld gebracht und den einen oder anderen auch in sein Grab.«
Räuber waren das Letzte, worauf Klara stoßen wollte, und sie spürte auf einmal einem dicken Klumpen im Magen. Doch sie winkte dankend zurück, stieß ihren Stecken fest gegen die Erde und setzte ihren Weg fort. Ihr Ziel war Gernsbach, und mit Gottes Hilfe würde sie es erreichen.
»Hab Dank für die Warnung!«, rief Martha Lene zu und tippte dann Klara an. »Was machen wir, wenn wir auf Räuber stoßen?«
»Erst einmal hoffen wir, dass wir auf keine treffen! Außerdem sind wir keine reichen Kaufleute, sondern schlichte Hökerinnen …«
»Wanderapothekerinnen!«, korrigierte Martha sie lächelnd.
»Auf jeden Fall tragen wir keine Reichtümer bei uns«, fuhr Klara fort.
»Räuber werden dies vielleicht anders sehen«, antwortete Martha besorgt.
»Aus diesem Grund werden wir unterwegs das Geld neu verteilen, so dass jede nur ein oder zwei Taler in kleinen Münzen im Beutel hat. Das andere verstecken wir unter der Kleidung oder in einer der leeren Schachteln im Reff.«
»Solange man uns nicht auszieht, mag dies reichen, Räuber zu täuschen.« Martha klang nicht überzeugt. Da sie jedoch keinen besseren Rat wusste, nützten sie die erste Pause, um den größten Teil ihrer Münzen zu verstecken.
Als sie weitergingen, rieb Martha sich nachdenklich über die Stirn. »Weißt du, was mir gerade durch den Kopf geht, Klara?«
»Nein!«
»Ich habe an deinen Bruder gedacht. Bislang haben wir doch überall, wo wir nach ihm gefragt haben, gehört, dass er dort vorbeigekommen ist. Er kann also erst auf der Strecke verschwunden sein, die noch vor uns liegt!«
»Das stimmt!«
»Nun aber hat Herr Tobias uns erzählt«, fuhr Martha fort, »dass dein Oheim in Michelstadt, das nun hinter uns liegt, eine ganze Woche geblieben ist, angeblich, um dort nach deinem Bruder zu fragen. Er hätte doch wissen müssen,
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