Die Sünden der Gerechten - Rankin, I: Sünden der Gerechten - The Impossible Dead
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» Der ist nicht da « , sagte der Beamte am Empfang.
» Und wo ist er? «
» Im Einsatz. «
Fox sah den Mann durchdringend an, wusste aber, dass es nichts bringen würde. Der Sergeant gehörte zu jenen älteren Semestern, die glaubten, bereits alles gesehen und niedergestarrt zu haben. Fox versuchte es mit dem nächsten Namen auf seiner Liste.
» Haldane? «
» Krank. «
» Michaelson? «
» Unterwegs mit DI Scholes. «
Tony Kaye stand direkt hinter Fox. In der Sekunde, in der die Worte seinen Mund verließen, wusste Fox bereits, was sein Kollege sagen würde.
» Die wollen uns doch verarschen. «
Fox drehte sich um und warf Kaye einen Blick zu. Die Neuigkeiten würden im Revier die Runde machen: Aufgabe erledigt. Die von der Inneren waren da gewesen, hatten niemanden angetroffen und sich sichtlich verärgert gezeigt. Der Beamte am Empfang verlagerte sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen und hatte alle Mühe, seine Zufriedenheit über den Verlauf des Gesprächs nicht zu stark raushängen zu lassen.
Fox nahm sich einen Moment Zeit, um die Umgebung eingehend zu mustern. An der Wand hingen die üblichen Bekanntmachungen. Es handelte sich um eine moderne Polizeiwache, der Empfangsbereich hätte ebenso gut zu einer Arztpraxis oder dem Sozialamt gepasst, abgesehen von dem Schild, das darüber informierte, dass die Alarmbereitschaft von der niedrigsten auf die mittlere Stufe heraufgesetzt war. Mit Fox und seinen Männern hatte das nichts zu tun: In einem Waldgebiet nahe Lockerbie war es zu einer Explosion gekommen. Wahrscheinlich Kinder. Kirkcaldy lag ein gutes Stück davon entfernt, trotzdem hatte man alle Polizeiwachen im Land von dem Vorfall in Kenntnis gesetzt.
Auf dem Tresen befand sich ein Knopf mit einem handgeschriebenen Schildchen » Bitte klingeln « – was Fox bereits vor drei oder vier Minuten getan hatte. Hinter dem Schalter war ein halbdurchlässiger Spiegel installiert, durch den der diensthabende Sergeant die Ankömmlinge mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit vorher beobachtet hatte – Inspector Malcolm Fox, Sergeant Tony Kaye und Constable Joe Naysmith. Man hatte der Wache im Vorfeld mitgeteilt, dass die drei kommen würden. Es waren Termine mit DI Scholes, sowie DS Haldane und DS Michaelson vereinbart worden.
» Glauben Sie wirklich, auf die Tour hätte es noch niemand versucht? « , fragte Kaye den Mann. » Vielleicht sollten wir Sie zuallererst vernehmen. «
Fox blätterte die zweite Seite seiner Mappe auf. » Was ist mit Ihrer Vorgesetzten, Superintendent Pitkethly? «
» Noch nicht da. «
Kaye sah demonstrativ auf die Uhr.
» Besprechung im Präsidium. « Joe Naysmith, rechts von Fox, schien sich dagegen mehr für die auf dem Tresen ausgelegten Broschüren und Faltblätter zu interessieren. Fox gefiel das: Es zeugte von Selbstvertrauen, von der Gewissheit, dass die genannten Personen so oder so vernommen werden würden. Die internen Ermittler waren mit dieser Art von Verzögerungstaktik bestens vertraut.
Die » Complaints « : Die Bezeichnung war längst überholt, obwohl Fox und sein Team sie immer noch verwendeten, zumindest untereinander. » Complaints and Conduct « war bis vor kurzem der offizielle Titel gewesen. Jetzt sollten sie » Professional Ethics and Standards « heißen. Im nächsten Jahr würde es wieder einen neuen Namen geben: Die Bezeichnung » Standards and Values « war umstritten und gefiel eigentlich niemandem. Sie waren die von der Inneren, die Polizisten, die gegen andere Polizisten ermittelten. Weshalb sich die anderen Polizisten niemals freuten, sie zu sehen.
Und sich selten kooperativ zeigten.
» ›Im Präsidium‹ heißt: in
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