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Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Titel: Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Schopenhauer
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die ganze Technik der Vernunft erwächst. Das Wesen des eigentlichen Denkens, d.h. des Urtheilens und Schließens, ist aus der Verbindung der Begriffssphären, gemäß dem räumlichen Schema, auf die oben angedeutete Weise darzustellen und aus diesem alle Regeln des Urtheilens und Schließens durch Konstruktion abzuleiten. Der einzige praktische Gebrauch, den man von der Logik machen kann, ist, daß man, beim Disputiren, dem Gegner, nicht sowohl seine wirklichen Fehlschlüsse, als seine absichtlichen Trugschlüsse nachweist, indem man sie bei ihrem technischen Namen nennt. Durch solche Zurückdrängung der praktischen Richtung und Hervorhebung des Zusammenhanges der Logik mit der gesammten Philosophie, als ein Kapitel derselben, sollte ihre Kenntniß dennoch nicht seltener werden, als sie jetzt ist: denn heut zu Tage muß Jeder, welcher nicht in der Hauptsache roh bleiben und der unwissenden, in Dumpfheit befangenen Menge beigezählt werden will, spekulative Philosophie studirt haben: und dies deswegen, weil dieses neunzehnte Jahrhundert ein philosophisches ist; womit nicht sowohl gesagt seyn soll, daß es Philosophie besitze, oder Philosophie in ihm herrschend sei, als vielmehr, daß es zur Philosophie reif und eben deshalb ihrer durchaus bedürftig ist: dieses ist ein Zeichen hoch getriebener Bildung, sogar ein fester Punkt auf der Skala der Kultur der Zeiten 18 .
    So wenig praktischen Nutzen die Logik haben kann, so ist dennoch wohl nicht zu leugnen, daß sie zum praktischen Behuf erfunden worden. Ihre Entstehung erkläre ich mir auf folgende Weise. Als unter den Eleatikern, Megarikern und Sophisten die Lust am Disputiren sich immer mehr entwickelt hatte und allmälig fast zur Sucht gestiegen war, mußte die Verwirrung, in welche fast jede Disputation gerieth, ihnen bald die Nothwendigkeit eines methodischen Verfahrens fühlbar machen, als Anleitung zu welchem eine wissenschaftliche Dialektik zu suchen war. Das Erste, was bemerkt werden mußte, war, daß beide streitende Parteien allemal über irgend einen Satz einig seyn mußten, auf welchen die strittigen Punkte zurückzuführen waren, im Disputiren. Der Anfang des methodischen Verfahrens bestand darin, daß man diese gemeinschaftlich anerkannten Sätze förmlich als solche aussprach und an die Spitze der Untersuchung stellte. Diese Sätze aber betrafen Anfangs nur das Materiale der Untersuchung. Man wurde bald inne, daß auch in der Art und Weise, wie man auf die gemeinschaftlich anerkannte Wahrheit zurückgieng und seine Behauptungen aus ihr abzuleiten suchte, gewisse Formen und Gesetze befolgt wurden, über welche man, obgleich ohne vorhergegangene Uebereinkunft, sich dennoch nie veruneinigte, woraus man sah, daß sie der eigenthümliche, in ihrem Wesen liegende Gang der Vernunft selbst seyn mußten, das Formale der Untersuchung. Obgleich nun dieses nicht dem Zweifel und der Uneinigkeit ausgesetzt war, so gerieth doch irgend ein bis zur Pedanterie systematischer Kopf auf den Gedanken, daß es recht schön aussehn und die Vollendung der methodischen Dialektik seyn würde, wenn auch dieses Formelle alles Disputirens, dieses immer gesetzmäßige Verfahren der Vernunft selbst, ebenfalls in abstrakten Sätzen ausgesprochen würde, welche man eben wie jene das Materiale der Untersuchung betreffenden gemeinschaftlich anerkannten Sätze, an die Spitze der Untersuchung stellte, als den festen Kanon des Disputirens selbst, auf welchen man stets zurückzusehn und sich darauf zu berufen hätte. Indem man auf diese Weise Das, was man bisher wie durch stillschweigende Uebereinkunft befolgt, oder wie instinktmäßig ausgeübt hatte, nunmehr mit Bewußtsein als Gesetz anerkennen und förmlich aussprechen wollte, fand man allmälig mehr oder minder vollkommene Ausdrücke für logische Grundsätze, wie den Satz vom Widerspruch, vom zureichenden Grunde, vom ausgeschlossenen Dritten, das dictum de omni et nullo , sodann die speciellern Regeln der Syllogistik, wie z.B. ex meris particularibus aut negativis nihil sequitur, a rationato ad rationem non valet consequentia u.s.w. Daß man hiemit aber nur langsam und sehr mühsam zu Stande kam und vor dem Aristoteles Alles sehr unvollkommen blieb, sehn wir theils aus der unbeholfenen und weitschweifigen Art, mit der in manchen Platonischen Gesprächen logische Wahrheiten ans Licht gebracht werden, noch besser aber aus dem, was uns Sextus Empirikus von den Streitigkeiten der Megariker über die leichtesten und einfachsten logischen

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