Die Winterprinzessin
Die Grausamkeit der Odiyan, jener maskierten Meuchelmörder, die sich selbst für Tiermenschen halten, schildert der britische Indienforscher P. Thomas in seinem Buch Incredible India.
Über den Fall Kaspar Hauser ist in den vergangenen Jahren viel geschrieben und geredet worden. Noch immer besteht keine Einigkeit über die Herkunft des geheimnisvollen Findelkinds. Ich habe mich in meiner Darstellung dort, wo ich es für angebracht hielt, an die Erkenntnisse des Historikers Johannes Mayer gehalten. Seine opulenten Werke zu diesem Thema, Kaspar Hauser – Das Kind von Europa und Lord Stanhope – der Gegenspieler Kaspar Hausers, überzeugen durch die Reichhaltigkeit und den Sachverstand ihrer Argumentation.
Lord Stanhope hat tatsächlich eine wichtige und ungemein düstere Rolle im Drama um Kaspars Leben und Tod gespielt. Mit dem badischen Außenminister Emmerich Joseph Herzog von Dalberg verband ihn eine enge Freundschaft. Wie auch die Gräfin Hochberg und ihr Berater Johann Ludwig von Klüber muss Dalberg, der tatsächlich in Kontakt zu Weißhaupts Illuminaten stand, zu den wichtigsten Figuren im Kaspar-Hauser-Drama gezählt werden. Der Gräfin lastet man bis heute das Vertauschen des Erbprinzen gegen das kränkliche Kind einer Dienerin an. Es heißt, sie habe damit ihren Söhnen den Weg auf den Thron ebnen wollen.
Wilhelm und Jakob Grimm, beide damals noch unverheiratet, lebten zu jener Zeit in Kassel unter einem Dach mit ihren Geschwistern. Jakob, der als Einziger eine feste und verhältnismäßig gut bezahlte Stelle in der königlichen Privatbibliothek innehatte, sorgte für die ganze Familie. Wilhelm, durch ein Herzleiden jahrelang geschwächt und erst nach einer mehrmonatigen Kur wieder auf dem Wege der Besserung, litt sehr unter der finanziellen Abhängigkeit von seinem Bruder.
Märchenfrauen wie Runhild waren meist alte, allein stehende Frauen, um die sich die Kinder der Nachbarschaft scharten. Stundenlang lauschten die Kleinen den fantastischen Erlebnissen von Prinzessinnen und Königssöhnen, von armen Waisenkindern, Zwergen und Feuer speienden Drachen. Die Brüder Grimm machten mehrere solcher Märchenfrauen ausfindig und hielten deren Erzählungen in ihrer weltberühmten Sammlung fest.
Der erste Band der Kinder- und Hausmärchen war zum Zeitpunkt dieser Geschichte erst wenige Tage erhältlich, er erschien kurz vor Weihnachten 1812. Der überwältigende Erfolg, den das Buch und sein Folgeband in den kommenden Jahrzehnten haben sollten, war keineswegs absehbar – die Grimms rechneten nicht einmal mit einer zweiten Auflage.
Kai Meyer, Juni 1996
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