Jared King - der Unternehmer
1. KAPITEL
Eine Hochzeit in der Familie King – aber nicht ihre und Tommys, von der sie so oft geträumt hatte.
Obwohl Samantha Connelly sich immer wieder sagte, dass es hässlich sei, Menschen zu beneiden, die sie wirklich mochte und denen sie alles Glück der Welt wünschte, wollte dieses Gefühl nicht verschwinden. In ungefähr einer Stunde würde Miranda Wade mit Nathan King die Ringe tauschen, und Sam wusste, dass sie vor Neid vergehen würde.
Das Schlimmste war, sie musste der Zeremonie auch noch aus nächster Nähe beiwohnen, denn als Mirandas einzige Brautjungfer konnte sie sich nicht einfach verdrücken und in der großen Schar der übrigen Gäste untertauchen. Nein, sie musste ihre Pflichten als Helferin der Braut erfüllen und es ertragen, die ganze Zeit über aufs Engste mit Tommy King, dem Trauzeugen des Bräutigams, verbunden zu sein, wobei sie sich jede Sekunde wünschen würde, sie wäre die Braut und Nathans jüngerer Bruder der Bräutigam.
Tommy – der sie immer noch wie eine kleine Schwester behandelte, die man aufzog und neckte und als selbstverständlichen Teil seines Lebens hinnahm. Tommy – der vermutlich jeder attraktiven Frau auf der Hochzeit schöne Augen machen würde. Aber nicht ihr, Sam. Niemals ihr. Und zu guter Letzt würde sie dann wieder ihre spitze Zunge an ihm ausprobieren, obwohl sie sich eigentlich nach etwas ganz anderem sehnte.
Ein Klopfen an der Tür riss Sam aus ihren düsteren Gedanken. “Bist du angezogen, Sam? Darf ich hereinkommen?”, hörte sie die ihr vertraute Stimme von Elizabeth King.
Sam nahm sich zusammen, denn sie wusste, dass den scharfen Augen von Tommys Mutter so schnell nichts entging. “Ja, ich bin bereit”, rief sie betont fröhlich.
Elizabeth betrat das Zimmer, das vor Jahren Sam zugeteilt worden war, als sie damals angefangen hatte, für die Kings zu arbeiten, zunächst auf der großen Rinderfarm “King’s Eden”. Das war schon lange her, dennoch hatte Sam immer noch das Gefühl, hier im großen Farmhaus zu Hause zu sein mit Elizabeth King in der Rolle ihrer Ersatzmutter. Entsprechend liebevoll lächelten sie einander an, als sie sich jetzt in ihrer festlichen Hochzeitskleidung begutachteten.
“Du siehst wundervoll aus, Elizabeth”, sagte Sam, wobei sie den Blick bewundernd über das silbergraue Ensemble aus feinstem Seidenjersey gleiten ließ. Satinbiesen zierten die Säume des Oberteils und des langen Rocks, und im Ausschnitt schimmerte wie üblich eine kostbare Perlenkette. Obwohl schon über sechzig, war Elizabeth King immer noch eine sehr attraktive Frau – groß, schlank, das glänzende weiße Haar elegant frisiert, und in ihrem noch erstaunlich glatten Gesicht funkelten ausdrucksvolle braune Augen, die Tommy von ihr geerbt hatte.
“Du aber auch, Sam”, erwiderte sie herzlich. “Ich habe dich noch nie so schön gesehen.”
Sam lachte verlegen. “Das Wunder der Kosmetik. Ich erkenne mich kaum wieder. Ohne Sommersprossen, das Haar hochfrisiert …” Sie drehte sich vor dem Spiegel. “Wie eine Fremde.”
“Nur, weil du dich nie bemüht hast, etwas aus dir zu machen”, sagte Elizabeth und kam an ihre Seite. Ihre Blicke begegneten sich im Spiegel. “Manchmal tut es einer Frau gut, zu sehen, wie schön sie sein kann.”
Würde Tommy sie schön und sexy finden? Das enge, trägerlose fliederfarbene Satinkleid betonte gewiss die sanften Rundungen ihrer zierlichen Figur. Zwar besaß sie nicht die üppigen Reize wie Miranda, dennoch konnte Sam mit ihren Proportionen zufrieden sein, die im Einklang mit ihrer nur durchschnittlichen Größe standen. Das schimmernde lange Kleid ließ sie zweifellos ungewohnt elegant wirken … aber sexy?
“Nun, wenigstens sehe ich in dem Kleid nicht wie ein Wildfang aus”, bemerkte sie mit einem Anflug von Selbstironie.
“Du solltest dich auch nicht wie einer fühlen. Warum genießt du es heute nicht einmal, eine Frau zu sein? Lass dich einfach von dem Bild, das du im Spiegel siehst, bezaubern, und nimm es an.”
“Aber das bin ich doch nicht wirklich. Dieses kunstvolle Make-up …”
“… lässt deine hübschen blauen Augen leuchten und bringt dein zartes Gesicht zur Geltung.”
“Ich habe mein Haar noch nie so getragen!” Vorsichtig berührte Sam die kupferrote Pracht, die hochfrisiert und zu einer Lockenkrone oben auf ihrem Kopf festgesteckt worden war. Normalerweise trug Sam ihr Haar offen in einer wilden Lockenmähne, unter der sie sich und ihre Gefühle, wenn nötig, verstecken
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