Die Zeit der hundert Königreiche
erleichtern oder ihnen befehlen, sich gleich zu ergeben. Ist dieser blödsinnige Vertrag alles, was Ihr mir berichten solltet, Dom Varzil?«
»Nein«, sagte Varzil.
»Was gibt es denn sonst noch? Ich will keinen Krieg mit den Hasturs. Ich würde einen Friedensvertrag vorziehen.«
»Ich wurde mit der Vollmacht abgesandt, dir den Eid abzunehmen, daß du dich eines Krieges gegen uns enthalten wirst. Du bist ein vernünftiger Mann, sagst du. Warum soll dann dies Land vom Kampf zerrissen werden?«
»Es ist nicht mein Wunsch zu kämpfen«, sagte Dom Rafael, »aber ich werde das Land, das die di Asturiens seit Menschengedenken regiert haben, nicht den Hasturs übergeben.«
»Das stimmt nicht«, widersprach Varzil. »Aufzeichnungen in Nevarsin und Hali – die vielleicht zuverlässiger sind als die patriotischen Legenden und Volkssagen, mit denen du Männer um dich sammelst – könnten dir beweisen, daß dies ganze Land vor weniger als zweihundert Jahren von Hasturs regiert wurde. Erst nach einem Einfall der Katzenwesen übertrug Lord Hastur den di Asturiens die Aufgabe, es zu verteidigen, mehr nicht. Und jetzt ist das ganze Gebiet in kleine Königreiche aufgesplittert, und jeder Herrscher behauptet, von alters her das Recht auf Unabhängigkeit und Souveränität zu haben. Das ist Chaos. Warum sollen wir nicht wieder Frieden haben?«
»Frieden? Tyrannei meinst du!« brauste Dom Rafael auf. »Warum. sollte das freie Volk von Asturias den Kopf vor den Hasturs beugen?«
»Was das angeht – warum sollte es den Kopf vor den di Asturiens beugen? Der Friede wird um den Preis der Aufgabe einer gewissen lokalen Autonomie erkauft. Stell dir einmal vor, jeder Bauer auf seinem Hof bestehe darauf, er sei ein freier Mann und habe das Recht, den absoluten Selbstherrscher zu spielen. Er würde dann jedem anderen das Recht untersagen, seine Grenzen zu überschreiten, ohne Tribut zu zahlen, und Loyalität wäre er nur seinen eigenen Launen schuldig.«
»Verrückt«, bemerkte Dom Rafael.
»Warum ist es dann nicht verrückt, daß El Haleine und Asturias und Marenji sich alle Königreiche nennen, jedes mit seinem eigenen König und seiner eigenen Regierung und jedes von den anderen abgeschnitten? Warum sollen die Söhne Hasturs nicht Frieden untereinander halten und die Freiheit gewinnen, umherzureisen und Handel zu treiben, ohne überall auf Bewaffnete zu stoßen? Du wirst in deinem eigenen Reich frei sein, du brauchst nur zu geloben, daß du dich nicht in die Angelegenheiten eines anderen freien und unabhängigen Reiches einmischen, sondern mit den Lords als deinen Freunden und Gleichgestellten zusammenarbeiten willst …«
Rafael di Asturien schüttelte den Kopf. »Meine Ahnen haben dies Land erobert. Ardrins Sohn Valentine hat sein Recht darauf aufgegeben, als er mit seiner verräterischen Mutter zu König Carolin floh. Ich aber werde dies Land für meine Söhne verteidigen, und wenn die Hasturs es haben wollen, müssen sie kommen und es sich nehmen, sofern sie das können.« Er sprach mutig, aber Bard wußte, sein Vater dachte dabei an ihre Unterhaltung in der Nacht von Geremys Hochzeit.
Serrais im Osten. Aldaran und Scathfell im Norden. Hasturs und alle ihre Verbündeten im Westen und eines Tages sicher auch noch die Bewohner der Ebenen von Valeron im Süden.
»Dann willst du keinen Vertrag mit Hastur schließen«, fragte Varzil, »auch wenn er dich um nichts anderes bittet als den Schwur, daß du Hali, Carcosa, Burg Hastur und Neskaya, das unter seinem Schutz steht, nicht mit Waffengewalt angreifen wirst?«
»Der Thron von Asturias«, sagte Rafael, »untersteht Hastur nicht. Und das ist mein letztes Wort zu diesem Thema. Ich habe nicht die Absicht, die Hasturs anzugreifen, aber sie sollen nicht versuchen, hier zu herrschen.«
»Alaric«, wandte sich Varzil an den Jungen, »du bist Herr von Asturias. Du bist noch nicht alt genug, um Verträge zu schließen, aber ich bitte dich aus Freundschaft zu einem Verwandten trotzdem, deinem Vater zuzureden, in dieser Sache Vernunft anzunehmen.«
»Mein Sohn ist nicht mehr Euer Gefangener, Dom Varzil.« Rafael schob das Kinn vor. »Ich weiß nicht, was an verräterischen Gedanken gegen sein eigenes Volk Ihr ihm eingeflößt habt, aber jetzt …«
»Vater, das ist ungerecht«, protestierte Alaric. »Ich bitte dich, nicht mit meinem Verwandten Varzil zu streiten!«
»Deinetwegen, mein Sohn, halte ich Frieden. Doch ich bitte Euch sehr, Dom Varzil, mit dem törichten Gerede aufzuhören,
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