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Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC

Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC

Titel: Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Evans
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rührte, sagte er oft: „Verdammt noch mal, bist du immer noch hier?“
    Der Rest der Familie versuchte mich vor der Krankheit abzuschirmen. Ich war erst zwölf Jahre alt, aber ich wollte unbedingt Zeit mit meinem Vater verbringen, ihm helfen, wenn ich konnte, und wenn auch nur dabei, ihn aufs Klo zu bringen und anschließend sauberzumachen. Als er schließlich nicht mehr laufen konnte und einen Rollstuhl brauchte, wusste ich, dass das Ende kam. In den letzten Wochen konnte ich ihn mit ein wenig Mühe aus dem Stuhl und auf die Toilette heben, und es war ein gutes Gefühl, dass ich zumindest etwas für ihn tun konnte, sein Kissen zurechtrücken oder ihm einen Eiswürfel zum Lutschen in den Mund stecken, Kleinigkeiten, damit er sich ein bisschen besser fühlte. Manchmal denke ich, dass man Kindern zuwenig zutraut, wenn es darum geht, Schicksalsschläge zu ertragen. Aus meiner Erfahrung würde ich sagen, dass sie erstaunlich gut in der Lage sind, mit schwierigen Umständen zurechtzukommen. Und davon mal abgesehen können junge Menschen allein durch ihre Ehrlichkeit ein wenig dringend benötigten frischen Wind in richtig beschissene Situationen bringen.
    Als ich an diesem Tag Ende März in Dads Zimmer kam, gab er fürchterliche Laute von sich. Meine Mutter hielt ihn im Arm und wiegte ihn hin und her wie ein krankes Kind. „Geh nicht weg, Pat!“, stieß sie immer wieder hervor. Als sie mich sah, brach sie völlig zusammen, und sie so außer sich zu sehen, war für mich sehr befremdlich. Ich wollte zu ihr gehen, aber sie scheuchte mich weg und bat John stattdessen, mit mir rauszugehen.
    John und ich gingen auf den Laubengang vor der Tür hinaus und sahen aufs Basketballfeld hinunter. Schließlich wandte mein Bruder mir den Kopf zu, aber er brachte nichts weiter heraus als „tut mir so leid, Alter“. Eine Weile standen wir nur da. John hatte den Arm um meine Schultern gelegt. „Ich schaue mal nach Dad, du bleibst hier.“ Vom Laubengang aus konnte ich alles hören, was vor sich ging. Die schrecklichen Laute wurden leiser, als Dad allmählich immer mehr das Bewusstsein verlor und wir auf den Krankenwagen warteten. In mir wurde alles taub, es war verwirrend. Ich hörte die Laute, aber meine Gedanken drifteten davon, und ich sah ein paar Freunden zu, die auf dem Basketballfeld im Hof unter uns spielten. Dann holte mich ein Geräusch wieder zurück. Wo blieb nur der Krankenwagen? Wieso brauchten die so lange?
    Als der Notarzt schließlich kam, stellte sich heraus, dass der Fahrstuhl zu klein war, um die fahrbare Krankenliege hineinzuschieben. Also schnallte man meinen Dad auf eine Trage, die dann im Lift fast aufrecht gestellt werden musste. Die Fahrt nach unten dauerte nur 20 Sekunden oder so, aber gefühlt war es eine Ewigkeit, und sie hat sich in mein Gedächtnis eingebrannt. Dad hing schlaff in den Riemen der Trage und holte keuchend Luft. Der Boden des Fahrstuhls war verdreckt und stank nach Pisse. Dads Füße waren nackt, und der Gedanke, dass sie schmutzig werden könnten, machte mich verrückt, weil ich wusste, wie sehr er das hassen würde. Er ging niemals barfuß irgendwo hin.
    Unten wurde er in den Krankenwagen verfrachtet, und Mum und John stiegen mit ein, während ich nur zusah. Er war nun ganz still geworden, und ich war mir sicher, dass er nicht mehr unter uns war. Es war überhaupt ganz, ganz still, abgesehen von dem Klatsch, Klatsch, Klatsch des Basketballs, der auf dem Feld hinter dem Parkplatz immer wieder auftrumpfte. Danach fuhr ich in dem stinkenden Fahrstuhl wieder nach oben und saß dann allein in meinem Zimmer. Dad starb am 22. März 1968.
    Ich vermisse meinen Vater heute noch – mit jedem Jahr, das vergeht, sogar mehr. Es gibt so vieles, was ich gern mit ihm geteilt hätte. Dad, John und ich waren begeisterte Fans des Carlton Football Clubs, auch Mighty Blues genannt, und ich erinnere mich noch gut daran, wie ich bei den Spielen der Blues im Princes Park auf Dads Schultern saß, frische Erdnüsse kaute und die Schalen aus seinem vollen, schwarzen, mit Brillantine zurückgekämmtem Haar pulte. Wenn die Blues wieder mal was auf die Mütze bekamen, heulte ich, aber Dad tröstete mich immer, indem er sagte: „Nächste Woche ist das nächste Spiel, Junge.“ Ich versuchte nicht zu weinen, als die Blues ein halbes Jahr nach Dads Tod endlich das Grand Final gewannen. Aber als ich mich zu John umwandte, sah ich, dass der in einem Tränenmeer ertrank. Ich brüllte zum Himmel empor: „Ich hab dir immer

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