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Doktor Proktor verhindert den Weltuntergang

Doktor Proktor verhindert den Weltuntergang

Titel: Doktor Proktor verhindert den Weltuntergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesboe
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an Gespenster, Monster oder solchen Quatsch glaubte (»Ha, welcher Teenager glaubt schon an so was«, dachte sie), aber alleine wollte sie auch nicht in der Halle zurückbleiben. Dort drinnen war nämlich irgendetwas, das ihre Nackenhaare dazu veranlasste, sich aufzustellen. Irgendetwas stimmte hier nicht und gab ihr das Gefühl, als befände sie sich in einem bösen Traum.
    Auf dem Schulhof vor der Schneewehe stand die Schulleiterin und fragte laut, ob ihr bitte schön irgendjemand erzählen könnte, wer Herrn Galvanius’ Hosenboden an dem Schreibtischstuhl festgenäht hatte? Bulle und Lise standen am oberen Ende der Treppe zur Turnhalle und konnten sehen, wie die Schüler kleinlaut um sich blickten; erst zur Direktorin, dann zu Truls und Trym, die Schulter an Schulter und mit verschränkten Armen dastanden und den Blicken trotzig standhielten.
    »Das traut sich doch im Leben keiner, Truls und Trym zu verpetzen«, sagte Lise.
    »Frau Strobe hat wahrscheinlich recht«, sagte Bulle. »Die meisten Leute wollen einfach ihre Ruhe haben, sich um ihren eigenen Kram kümmern und sich nicht unnötig mit den Belangen anderer auseinandersetzen.«
    Es klingelte zum Unterricht. Oder zur Pause. Das wusste keiner so genau. Das war aber auch ein erstaunlich außergewöhnlicher Tag, fand Lise.
    Und noch erstaunlicher wurde es in der letzten Unterrichtsstunde. Da ging Lise nämlich auf, was nicht stimmte. Die Erkenntnis traf sie wie ein von Truls und Trym abgefeuerter Schneeball. Die Fahne der Blaskapelle! Die Fahne mit dem Namen aus gelben Stickbuchstaben, den sie schon Hunderte von Malen gelesen hatte. DØLGEN BLASKAPELLE. Aber auf der Fahne in der Turnhalle hatte DØLGEN BLASKAPELE gestanden. Mit einem L. Lise wurde eiskalt. Wie war das möglich?
    Nach dem Klingeln hatte Lise Bulle hinter sich her in die leere Turnhalle gezogen. Jetzt standen sie vor der Fahne des Schulorchesters. Bulle buchstabierte sich mühsam durch die lange Buchstabenreihe:
    »D-Ø-L-G-E-N-B-L-A-S-K-A-P-E-L-L-E.«
    »Da war aber vorhin nur ein L!«, sagte Lise verzweifelt. »Echt wahr!«
    Bulle presste die Fingerkuppen aneinander und drehte sich zu ihr um. »Vielleicht kann Doktor Proktor ja etwas Einbildungsdämpfendes für dich erfinden, meine Liebe.«
    »Ich bilde mir überhaupt nichts ein!«, rief Lise noch verzweifelter.
    Bulle klopfte ihr freundschaftlich auf den Rücken. »ICH mach nur Spaß. Weißt du, was der Unterschied zwischen dir und mir ist, Lise?«
    »Nein. Oder doch. Das meiste.«
    »Der Unterschied, liebe Lise, ist, dass ich als dein Freund blind allem vertraue, was du sagst.«
    »Das«, sagte Lise, »liegt daran, dass der Unterschied zwischen dir und mir der ist, dass ich immer die Wahrheit sage.«
    Bulle betrachtete nachdenklich die Fahne. »Ich denke, es ist an der Zeit, dass wir unsere Freunde um Rat fragen.«
    »Wir haben keine Freunde, Bulle. Außer uns haben wir nur einen Freund!«
    »Das hört sich doch nach einer ganzen Freundesschar an, wenn du mich fragst«, sagte Bulle und pfiff vorsichtig ein paar Töne der ersten Stimme des Alten Jägermarsches. Da konnte Lise nicht anders, sie fiel mit der Klarinettenstimme ein.
    Und zu den Klängen vom Alten Jägermarsch marschierten sie aus der Schule in die Kanonenstraße, am roten Haus vorbei, in dem Lise wohnte, am gelben Haus vorbei, in dem Bulle wohnte, zu dem blauen, merkwürdig windschiefen Haus am Ende der Straße, das fast unter Schneewehen verschwunden war und in dem ihr einziger Freund wohnte. Sie stapften durch den Schnee an dem kahlen Birnbaum vorbei und klopften an die Tür, weil die Klingel schon seit Ewigkeiten außer Betrieb war.
    »Doktor Proktor!«, rief Bulle. »Machen Sie auf!«

2. Kapitel
    Balanceschuhe und Mondchamäleons
    Aber es kam niemand, um die Tür von Doktor Proktors Haus zu öffnen.
    »Wo er wohl steckt?«, murmelte Bulle und spähte durch den Briefschlitz.
    »Da!«, sagte Lise.
    »Wo?«, fragte Bulle.
    »Da oben.«
    Bulle drehte sich um und folgte Lises Zeigefinger.
    Und dort oben auf dem Dach sahen sie einen langen, klapperdürren Mann im Professorenkittel und mit rosa Ohrschützern über den First balancieren. Er machte winzige Schritte und hatte die Arme nach vorne gestreckt.
    »Doktor Proktor!«, rief Bulle, so laut er konnte.
    »Er hört dich nicht«, sagte Lise. »Er hat die Doppeldämpfer auf.«
    Die Doppeldämpfer – oder Doktor Proktors Doppeldämpfende Ohrenschützer – hatte der Professor erfunden, um sein Gehör vor dem Knall einer seiner

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