Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
geschieht«, sagte Don Quixote, »wenn sie nicht weiter können oder wenn sie verliebt sind; und wahr ist es, daß mancher Ritter sich auf einem Felsen der Sonne und dem Schatten, sowie allen Unfreundlichkeiten der Witterung zwei Jahre hindurch aussetzte, ohne daß es seine Dame wußte, und einer von diesen war Amadis, als er sich Schöndunkel nannte und auf dem Felsen Armut wohnte, ich weiß nicht, ob acht Jahr oder acht Monate hindurch, denn hierin ist die Erzählung nicht genau, weil er dort über ich weiß nicht welche Betrübnis Buße tat, die ihm die Dame Orania erzeigt hatte. Aber lassen wir dieses, Sancho, und vollbringe, ehe dem Esel ein ähnlicher Unfall wie dem Rosinante zustößt.«
»Das wäre gar der Teufel!« sagte Sancho, und mit dreißig Seufzern, sechzig Jammerausrufungen und hundertundzwanzig Flüchen und Verwünschungen über den, der ihn dort hingebracht habe, machte er Anstalt und stand auf dem halben Wege wie ein Bogen zusammengekrümmt, ohne daß es ihm möglich war, sich gerade aufzurichten; mit solcher Mühseligkeit zäumte er seinen Esel auf, der sich ebenfalls bei der unmäßigen Freiheit dieses Tages ziemlich weit entfernt hatte. Darauf gingen sie zum Rosinante, der, wenn er sich nur hätte beklagen können, gewiß nicht hinter Sancho oder seinem Herrn zurückgeblieben wäre. Kurz, Sancho packte Don Quixote über den Esel, an dessen Schweif er den Rosinante band, er selbst führte den Esel am Stricke, und so trat er nach und nach den Marsch nach der Gegend an, wo er die ordentliche Straße vermutete. Das Schicksal, welches ihn aus dem Guten ins Bessere führte, brachte sie nach einer kleinen Meile auf den wirklichen Weg, auf dem sich eine Schenke zeigte, die ohne Widerspruch nach Don Quixotes Gedanken ein Kastell war. Sancho bestand darauf, es sei eine Schenke, Don Quixote nein, sondern ein Kastell; ihr Streit bestand so lange, bis sie ganz nahe gekommen waren, worauf denn Sancho ohne weitere Untersuchung mit seiner Koppel hineinzog.
16. Kapitel
Was dem sinnreichen Edlen in der Schenke begegnete, die er für ein Kastell hielt.
Der Schenkwirt, der Don Quixote quer über den Esel hängen sah, fragte Sancho, was ihm fehle. Sancho antwortete, ihm fehle nichts, als daß er von einem Felsen herunter einen Fall getan habe, wodurch ihm die Rippen ein wenig zerschlagen wären. Der Schenkwirt hatte eine Frau, nicht so wie die meisten dieses Standes gesinnt, denn sie war von Natur mitleidig, und es dauerte sie das Unglück ihres Nächsten: sie nahm es sogleich über sich, Don Quixote wiederherzustellen, und ihre Tochter, ein junges Mädchen von hübschem Aussehen stand ihr darin bei, ihren Gast zu verpflegen. In derselben Schenke diente eine asturianische Magd, mit breitem Munde, großem Hinterkopf, platter Nase, einem schiefen und einem nicht ganz gesunden Auge; aber alle Fehler wurden durch die Anmut des Körpers ersetzt. Ihre Höhe von den Füßen bis zum Kopfe betrug nicht ganz drei Fuß, und ihre aufgetürmten Schultern zwangen sie, mehr als sie es gemocht hätte, den Boden zu beschauen. Diese zarte Jungfrau unterstützte wieder die Tochter, und beide besorgten dem Don Quixote ein elendes Bett in einer Scheune, die, wie man an deutlichen Spuren sah, seit vielen Jahren dazu gedient hatte, das Stroh aufzubewahren; hier wohnte zugleich ein Eseltreiber, dessen Bett von dem unseres Don Quixote etwas entfernt war, und ob es gleich nur aus den Sätteln und Decken seiner Maultiere bestand, doch das Lager des Don Quixote bei weitem übertraf, welches auf zwei ungleichen Bänken gebaut war, über welche man vier ungehobelte Bretter legte, auf diese wurde eine Matratze, nicht dicker wie eine Decke, ausgebreitet, voller Klöße, die, wenn man nicht an einigen zerrissenen Stellen gesehen hätte, daß sie Wolle waren, man sie dem Gefühle nach wohl für Kiesel hätte halten können, dazu zwei Bettücher aus steifem Leder und eine Bettdecke, deren Fäden man, ohne sich um einen zu verrechnen, hätte zählen können, wenn man sich die Mühe hätte geben wollen.
In dieses vermaledeite Bett mußte sich Don Quixote niederlegen, worauf ihn die Wirtin mit ihrer Tochter auf dem ganzen Körper bepflasterten, indem Maritorne dazu leuchtete, denn so hieß die Asturierin. Beim Pflasterauflegen bemerkte die Wirtin, wie Don Quixote allenthalben blutrünstig war und sagte, es schienen ihr mehr Spuren von Schlägen als einem Falle zu sein.«Schläge waren es nicht«, sagte Sancho, »sondern der Felsen hatte viele
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