Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
in dem Vortrabe jenes Heeres den stets siegenden und niemals besiegten Timonel von Carcajona, Herrn des neuen Biskayas, dessen Rüstung mit vier verschiedenen Farben prangt, mit Blau, Grün, Weiß und Gelb, in seinem Schilde führt er eine goldene Katze im hellen Felde, mit einem einzigen Worte zur Unterschrift, nämlich Miau, als den Anfang des Namens seiner Dame, die, wie man sagt, Miulina ist, die Tochter des Herzogs Alfenriquen von Algarbien. Jener dort, der so gewaltig den Rücken des ungeheuren Rosses belastet und dessen Rüstung so weiß wie der Schnee ist, ist ein neuer Ritter von französischer Nation, genannt Pierre Papin, Herr der Baronie Utrique. Jener, der die eisernen Fersen in die Seiten des bunten und gewandten Zebras stößt und ganz blaue Waffen führt, ist der ansehnliche Herzog von Nervia, Espartafilardo vom Walde, der als Sinnbild auf seinem Schilde ein Spargelfeld führt, mit der Unterschrift: Mein Glück wächst noch.«
So nannte er noch viele Ritter, von einer wie von der anderen Schwadron, die er sich einbildete, allen gab er aus dem Stegreife ihre Waffen, Farben, Sinnbilder und Inschriften, die er aus dem Schatze seiner unerhörten Torheit schöpfte, er fuhr daher auch, ohne einzuhalten, so fort: »Jenes mächtige Geschwader vor uns ist aus verschiedenen Nationen gebildet und zusammengesetzt. Dort sind die, welche die süßen Gewässer des berühmten Xantus kosten, die Montuasen, die die masilischen Gefilde bewohnen, diejenigen, die das feine und reichhaltige Gold des glücklichen Arabiens sichten, die, welche die berühmten und frischen Wasser des klaren Thermodon trinken, jene, die in Kanälen nach verschiedenen und fernen Gegenden den goldführenden Pactoius zu sich leiten, die Numidier dort, die in ihren Versprechungen unzuverlässig, die Perser, in Bogen und Pfeilen berühmt, die Parther und Meder, die im Fliehen streiten, die Araber, deren Wohnung veränderlich, die Skythen, die ebenso weiß als grausam, die Äthiopier, deren Lippen durchlöchert sind, nebst anderen unzähligen Nationen, deren Antlitz ich sehe und erkenne, deren Namen ich mich aber nicht erinnere. – In jener Schar dort ziehen diejenigen, die die kristallenen Gewässer des ölbekränzten Betis trinken, Männer, die ihr Angesicht in den Wellen des prächtigen, goldführenden Tajo waschen, andere, die die heilsamen Wasser des göttlichen Genil genießen, die die tartesischen Fluren, an Triften reich, bewohnen, diejenigen, die sich auf den himmlischen Xeronischen Wiesen ergötzen, die reichen Manchaner dort, mit roten Ähren gekrönt, mit Erz bekleidet, Nachkommen aus dem Blute der alten Goten, diejenigen, die sich im Pisuenga baden, berühmt wegen seines anmutigen Stromes, andere, die ihre Herden auf den ausgebreiteten Fluren des gekrümmten Guadiana weiden, dessen verborgener Lauf so oft gefeiert wird; jene, die im Frost der beschneiten Pyrenäen, andere, die auf den weißen Gipfeln der hocherhabenen Apenninen zittern: kurz, alle Völkerschichten, die nur das ganze Europa in sich faßt und begreift.«
Hilf Himmel, wie viele Provinzen nannte er noch, wie viele Nationen zählte er auf, indem er jeder mit erstaunlicher Behendigkeit die ihr zukommenden Attribute erteilte, trunken und entzückt von dem, was er in seinen lügenhaften Büchern gelesen hatte! Sancho Pansa stand über diese Reden verwundert, ohne ein Wort zu sagen, er drehte nur von Zeit zu Zeit den Kopf hin und her, ob er die Ritter oder Riesen, die sein Herr aufzählte, nicht erblicken möchte, da er aber durchaus keinen entdeckte, sagte er: »Gnädiger Herr, hol’ mich der Teufel, wenn ein Mensch oder Riese oder Ritter von allen, die Ihr da nennt, zu finden ist, wenigstens kann ich sie nicht sehen, und es muß wohl wieder alles Verzauberung sein, wie mit den Gespenstern voriger Nacht.«
»Wie sprichst du also?« antwortete Don Quixote, »hörst du nicht das Wiehern der Rosse, der Trompeten Schmettern, das Gelärm der Trommeln?«
»Ich höre nichts weiter«, antwortete Sancho, »als Blöken von Schafen und Hämmeln.« – Und dies war es auch, denn die beiden Herden waren nun ziemlich nahe gekommen.
»Deine Furchtsamkeit«, sagte Don Quixote, »macht, Sancho, daß du weder richtig siehst noch hörst, denn eine von den Wirkungen der Furcht besteht eben darin, die Sinne zu verwirren und dadurch die Dinge anders erscheinen zu lassen, als sie in der Tat sind: trägst du also so große Bangigkeit, so abseitige dich und laß mich allein, denn allein bin ich
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