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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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Finger, wie viele Vorder- und Backzähne mir rechts in der oberen Kinnlade fehlen, denn dort fühle ich den Schmerz.«
    Sancho steckte die Finger hinein, fühlte aufmerksam und fragte: »Wieviel Backzähne hatten Euer Gnaden denn sonst auf dieser Seite?«
    »Vom Augenzahne vier«, antwortete Don Quixote, »alle vollständig und gesund.«
    »Bedenkt wohl, was Ihr sagt«, antwortete Sancho.
    »Viere sage ich, oder gar fünf«, erwiderte Don Quixote, »denn weder Vorder- noch Backzahn habe ich mir jemals in meinem Leben ausziehen lassen, auch ist mir keiner von Krankheit oder Flüssen ausgefallen.«
    »Hier auf der unteren Kinnlade«, sagte Sancho, »habt Ihr zwei Backzähne und einen halben, in der oberen aber keinen halben und keinen ganzen, denn alles ist so platt wie meine flache Hand.«
    »O ich Elender!« rief Don Quixote aus, als ihm sein Stallmeister diese traurige Neuigkeit hinterbrachte, »ich hätte lieber einen Arm hingegeben, nur nicht den, der das Schwert regiert, denn du mußt wissen, Sancho, ein Mund ohne Backenzähne ist wie eine Bäckerei ohne Backofen, und ein Zahn ist viel höher als ein Diamant zu achten. Aber allem diesen sind die unterworfen, die wir uns zum strengen Orden der Ritterschaft bekennen, also steige auf, mein Freund, und führe an, denn ich will dem Wege folgen, den du aussuchst.«
    Sancho tat es und richtete sich dahin, wo er eine Herberge erwartete, ohne den Weg zu verlassen, auf dem er sich eben befand. So zogen sie langsam fort, denn der Schmerz der Kinnbacken erlaubte Don Quixote nicht, still zu sein oder sehr zu eilen. Sancho bemühte sich also, ihm einige Unterhaltung und Ergötzung zu verursachen, und unter anderen Dingen, die er vortrug, war auch das, was man im folgenden Kapitel erzählen wird.

19. Kapitel

    Weises Gespräch, welches Sancho mit seinem Herrn führte; Abenteuer, welches diesem mit einem Leichnam begegnete, und andere preiswürdige Begebenheiten.
    »Ich glaube, gnädiger Herr, daß alle die Unglücksfälle, die uns in diesen Tagen begegnet sind, gewiß eine Strafe vorstellen, weil Ihr Euch gegen den Orden Eurer Ritterschaft versündigt habt, denn Ihr habt Euren Schwur nicht in Erfüllung gesetzt, auf keinem Tischtuche zu essen und nicht mit der Königin Euch zu ergötzen, nebst allem übrigen Zubehör, was Ihr, gnädiger Herr, alles zu tun geschworen habt, bis Ihr die Blechhaube von dem Schandriem, oder wie der Mohr sonst heißen mag, denn das weiß ich jetzt nicht, erobert habt.«
    »Sehr hast du recht, Sancho«, antwortete Don Quixote, »aber die Wahrheit zu sagen, es war meinem Gedächtnisse entfallen, und du kannst ebenfalls vergewissert sein, daß zur Strafe, weil du mich nicht zeitig genug erinnert, dich die Prelle betroffen hat. Aber ich will es wieder gut machen, denn im Orden der Ritterschaft gibt es für alle Dinge Mittel.«
    »Aber habe ich denn, um Gottes willen, geschworen?« fragte Sancho.
    »Es kommt nicht in Betracht, ob du geschworen hast«, antwortete Don Quixote, »denn soviel ich einsehen kann, bist du nicht völlig vor aller Teilnehmung gesichert, es mag nun aber sein oder nicht, so ist es nicht undienlich, auf ein Mittel zu denken.«
    »Wenn die Sachen so stehen«, sagte Sancho, »so trachtet ja, gnädiger Herr, daß Ihr es nicht ebenso wie den Schwur vergeßt, sonst kriegen die Gespenster wohl von neuem Lust, sich mit mir Spaß zu machen, und vielleicht verfallen sie auch auf Euch, wenn sie Eure Hartnäckigkeit gewahr werden.«
    Unter diesen und anderen Gesprächen überfiel sie auf dem Wege die Nacht, ohne daß sie einen Ort entdecken konnten, wo sie die Nacht zubringen möchten; das schlimmste aber war, daß sie fast vor Hunger starben, denn mit ihrem Schnappsacke war ihnen auch aller Vorrat an Lebensmitteln verschwunden, und um ihr Unglück vollständig zu machen, ereignete sich ein Abenteuer, das in der Tat und ohne künstliche Nachhilfe eins war, die Nacht brach nämlich mehr mit zunehmender Finsternis herein. Sie setzten aber dennoch ihren Weg fort, denn Sancho glaubte in zwei oder drei Stunden gewiß auf eine Schenke zu treffen, da sie sich auf dem großen Wege befanden.
    Indem sie so fortzogen, die Nacht finster, der Stallmeister hungrig und der Herr nach Speise lüstern war, sahen sie, daß ihnen auf ihrer Straße eine Menge von Lichtern entgegen kamen, die Sterne schienen, die sich bewegten. Sancho erschrak, indem er es bemerkte, und dem Don Quixote war es nicht ganz unheimlich; jener zog den Strick seines Esels, dieser den

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