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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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du ihn zufälligerweise kennenlernen, so sage ihm meinerseits, daß ich mich nicht für beleidigt halte; daß ich recht gut weiß, was die Versuchungen des Teufels sind, und daß eine der größten die ist, es einem Menschen in den Kopf zu setzen, er könne ein Buch schreiben und drucken lassen, mit welchem er ebensoviel Ruhm als Geld und ebensoviel Geld als Ruhm gewönne, und zur Bestätigung dessen ersuche ich dich, ihm in deiner guten Laune und Fröhlichkeit folgende Geschichte zu erzählen.
    In Sevilla war ein Narr, der auf die lächerlichste Tollheit und Dummheit verfiel, auf die nur jemals ein Narr geraten ist; er höhlte nämlich ein Rohr aus und machte es an dem einen Ende spitz, und wenn er nun auf der Gasse oder anderswo einen Hund antraf, so hielt er das eine Bein desselben mit dem seinigen fest, das andere ergriff er mit der Hand, worauf er denn, so gut es gehen wollte, die Höhlung in einen gewissen Teil brachte und den Hund aufblies, bis er so rund wie ein Ball wurde; wenn er ihn dann so hielt, gab er ihm zwei Schläge mit der Hand auf den Bauch, ließ ihn los und sagte zu den Umstehenden, deren immer eine große Anzahl war: »Meine Herren denken nun wohl, daß es eine kleine Arbeit sei, einen Hund aufzublasen.« Mein Herr denkt nun auch vielleicht, daß es eine kleine Arbeit sei, ein Buch zu machen. Leuchtet ihm aber diese Geschichte nicht ein, so erzähle ihm, geliebter Leser, folgende, die ebenfalls von einem Narren und Hunde handelt.
    In Cordoba war ein anderer Narr, der die Gewohnheit hatte, auf dem Kopfe ein Stück Marmor oder einen andern nicht leichten Stein zu tragen; fand er nun irgendeinen unachtsamen Hund, so stellte er sich dicht neben diesen und ließ die Last senkrecht auf ihn herunterfallen. Der Hund erschrak und rannte alsdann mit Geheul und Geschrei durch drei Gassen, ohne stillzustehen. Es traf sich, daß unter den Hunden, auf die er seine Last fallen ließ, er auch an den Hund eines Hutmachers geriet, den sein Herr ungemein liebte. Er ließ den Stein fallen, jenem auf den Kopf, der verletzte Hund fing ein Geheul an, sein Herr sah es und nahm es übel; er ergriff eine Elle, machte sich an den Narren und ließ keine Stelle seines Körpers gesund; und bei jedem Schlage, den er ihm gab, sagte er: »Du Spitzbube! Meinem Hühnerhunde? Siehst du, Bestie, denn nicht, daß mein Hund ein Hühnerhund ist?« Und indem er unzählige Male das Wort Hühnerhund wiederholte, ließ er den mürbe geprügelten Narren gehen. Der Narr hielt sich eingezogen und zeigte sich wohl in vier Wochen nicht öffentlich, worauf er denn endlich mit seinem Kunststücke und mit einem noch größeren Steine erschien. Er ging nach der Stelle, wo ein Hund stand, beschaute ihn genau von vorn und hinten und sagte dann, ohne sich zu erdreisten, seine Last fallen zu lassen: »Das ist ein Hühnerhund, vorgesehen!« Kurz, alle Hunde, die er nur sah, es mochten nun Bullenbeißer oder Bologneser sein, nannte er Hühnerhunde, und so ließ er seinen Stein gar nicht mehr fallen. Vielleicht begegnet auch jenem Historienschreiber etwas Ähnliches, daß er sich nicht mehr unterfängt, die Wucht seines Geistes in Büchern niederzulegen, die schlecht und also viel härter als Steine sind. Sage ihm auch, daß mich seine Drohung, er wolle mir mit seinem Buche meinen Gewinn entziehen, nicht im mindesten kümmert; denn ich gebe ihm hierauf jene Antwort aus dem bekannten Zwischenspiel von der Leichtfertigen: »Für mich lebt noch Herr Richter, und Christus sei mit allen!« Es lebt noch der große Graf Lemos, dessen Milde und weltbekannte Freigebigkeit mich gegen jeden Druck meiner Armut verteidigt und mich aufrechterhält, so wie die Güte des Erlauchten von Toledo, Don Bernardo de Sandoval und Roxas, und so dürfte es um meinet wegen gar keine Druckereien in der Welt geben, oder es möchten auch mehr Bücher gegen mich gedruckt werden, als die Strophen des Mingo Revulgo Buchstaben enthalten. Diese beiden Fürsten, ohne durch meine Schmeichelei oder sonstige Beifallsbezeugung aufgefordert zu sein, haben es aus freiwilliger Güte über sich genommen, mich zu beschützen und in ihre Gunst zu nehmen, wodurch ich mich reicher und glücklicher achte, als wenn Fortuna mich auf dem gemeinen Wege auf den höchsten Gipfel gestellt hätte. Die Ehre kann beim Armen, niemals beim Lasterhaften wohnen; die Armut kann den adeligen Sinn beschatten, aber nicht gänzlich verdunkeln. Wie aber die Tugend einiges Licht von sich strahlt, wenn sie es auch durch die

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